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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie George Stanner seinen Arm im Mangler verlor.
    Am Montagmorgen um sieben Uhr war die Wäscherei bis auf Stanner und Herb Diment, dem Wartungsmann, wie ausgestorben. Sie bereiteten gerade das ölen der Lager des Bügelautomaten vor, das zweimal im Jahr fällig ist. Diment stand am hinteren Teil der Maschine, schmierte vier Nebenlager und dachte daran, wie unangenehm jede Arbeit an diesem Ding ihm neuerdings war, als der Mangler plötzlich losröhrte.
    Er hielt vier der Treibriemen hoch, um an den darunterliegenden Motor zu kommen. Auf einmal liefen ihm die Bänder in die Hand, schnitten ihm in das Fleisch seines Handtellers und zogen ihn mit sich.
    Sekunden bevor sie seine Hände in die Faltmaschine zogen, konnte er sich mit einem heftigen Ruck befreien.
    »Um Himmels willen, George!« brüllte er. »Stell das verdammte Ding ab!«
    George Stanner begann zu schreien.
    Es war ein schriller, aufheulender, unerträglicher Schrei, der die Wäscherei durchdrang und von den stählernen Waschmaschinen, den grinsenden Öffnungen der Dampfpressen und den leeren Augen der Trockner widerhallte. Stanner holte stöhnend Luft und schrie aus vollem Hals: »Oh, mein Gott, mich hats erwischt! MICH HAT’S ERWISCHT -«
    Die Walzen produzierten mehr Dampf. Das Faltgerät knirschte und stampfte. Lager und Motor schienen aus einem verborgenen Leben heraus zu heulen und zu schreien.
    Diment raste zum anderen Ende der Maschine.
    Die erste Walze war bereits dunkelrot gefärbt. Diment stöhnte und schluckte. Der Mangler schnaufte, stampfte und zischte.
    Ein tauber Beobachter hätte zunächst meinen können, Stanner hätte sich nur in seltsamer Lage über die Maschine gebückt. Aber dann hätte selbst er die hervorquellenden, weit aufgerissenen Augen seines Gesichtes gesehen, den durch anhaltendes Schreien schmerzverzerrten Mund. Der Arm war bereits unter dem Sicherheitsbügel und zwischen der ersten Walze verschwunden; das Hemd war an der Schulternaht gerissen, und sein Oberarm schwoll grotesk an, als das Blut langsam weiter nach oben gepreßt wurde.
    »Stell ihn ab!« kreischte Stanner. Es knackte laut, als sein Ellbogen brach.
    Diment drückte den Ausknopf.
    Doch der Mangler surrte, brummte und drehte sich weiter.
    Ungläubig hieb Diment immer und immer wieder auf die Taste - keine Reaktion.
    Die Haut an Stanners Arm glänzte und war stark gespannt. Jeden Augenblick würde sie unter dem Druck der Walze reißen; und noch immer war er bei vollem Bewußtsein und schrie. Diment hatte das alptraumhafte Bild eines Mannes vor Augen, der von einer Dampfwalze zerquetscht wird und von dem nichts ab ein Schatten übrigbleibt.
    »Die Sicherungen -« kreischte Stanner. Sein Kopf wurde langsam niedergedrückt, während er immer weiter hineingezogen wurde.
    Diment wirbelte herum und rannte in den Kesselraum, Stanners Schreie verfolgten ihn wie wahnsinnige Geister. Der Gestank von Blut und heißem Dampf stieg in die Luft.
    An der linken Wand hingen drei schwere, graue Kästen, die sämtliche Sicherungen der Wäscherei enthielten. Diment riß sie auf, brach die langen, zylinderförmigen Sicherungen wie ein Verrückter heraus und schleuderte sie über seine Schultern hinweg auf den Boden. Die Oberlichter gingen aus; dann der Luftkompressor; als nächstes - mit einem gewaltigen, langsam ausklingenden Aufheulen der Kessel selbst. Doch der Manglet lief immer weiter. Stanners Schreie hatten sich in blubberndes Stöhnen verwandelt.
    Diments Blick fiel auf eine Axt in einem Glaskasten. Er schnappte sie mit einem leisen Seufzer und rannte zurück.
    Stanners Arm war schon fast bis zur Schulter drin. Innerhalb weniger Sekunden würde sein gekrümmter, überdehnter Hals gegen den Sicherheitsbügel gedrückt werden.
    »Ich kann es nicht …«, stammelte Diment, die Axt in der Hand. »Mein Gott, George, ich kann nicht, ich -«
    Die Maschine wurde zum Schlächter. Der Faltautomat spuckte Ärmelstücke aus, Fleischfetzen, einen Finger. Stanner stieß einen gewaltigen, aufheulenden Schrei aus, und da ließ Diment die Axt mit einem kräftigen Schlag in die verschwommene Dunkelheit der Wäscherei niedergehen. Zweimal. Und noch einmal.
    Stanner fiel bewußtlos zu Boden. Blut spritzte aus dem Stumpf unterhalb der Schulter. Der Mangler zog das, was noch übrig war, in sich hinein … und stand plötzlich still.
    Weinend zog Diment seinen Gürtel aus den Schlaufen und machte eine Aderpresse.
    Hunton telefonierte mit Roger Martin, dem Kontrolleur. Jackson beobachtete ihn,

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