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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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besetzte Rolex. Sie wirkte in diesem schlammigen Wald so deplatziert wie nur möglich.
    Brynn ließ den Blick in die Runde schweifen. Die Zweige und Blätter wiegten sich in der schwachen Brise. Ansonsten rührte sich nichts. Der Wind war die reine Folter für ihre nasse Haut. »Gehen wir da rüber«, sagte sie schließlich und deutete auf eine geschütztere Stelle. Die Frauen schlichen ein kleines Stück weiter ins Dickicht - zu einer Mulde neben einer umgestürzten Chinquapin-Eiche, fünfzig Meter vom Lake View Drive entfernt und ungefähr hundertfünfzig Meter vor dem Haus bei Nummer 2. Nachdem sie inmitten von Forsythien, Ambrosien und Riedgras in Deckung gegangen waren, spähte
Brynn zurück in Richtung der Straße und des Hauses der Feldmans. Von den Killern keine Spur.
    Als würde sie erst jetzt richtig zu sich kommen, musterte die junge Frau plötzlich Brynns Uniformbluse. »Sie sind Polizistin.« Dann schaute auch sie zur Straße. »Sind da noch andere?«
    »Nein. Ich bin allein hier.«
    Sie nahm diese Information reglos zur Kenntnis und wies auf Brynns Wange. »Ihr Gesicht … ich habe Schüsse gehört. Die Kerle wollten auch Sie umbringen. Wie Steve und Emma.« Sie schluckte schwer. »Konnten Sie Verstärkung anfordern?«
    Brynn schüttelte den Kopf. »Haben Sie ein Telefon?«
    »Das liegt dahinten im Haus.«
    Brynn rieb sich die Oberarme, aber davon wurde ihr auch nicht wärmer. Sehnsüchtig betrachtete sie die geschmeidige Designerjacke der jungen Frau. Die Fremde hatte ein hübsches, herzförmiges Gesicht. Ihre Fingernägel waren lang und perfekt manikürt. Sie hätte auf dem Umschlag einer dieser Zeitschriften abgebildet sein können, die man an den Kassen der Supermärkte bekam, als Bebilderung eines Artikels über zehn Möglichkeiten, fit und sexy zu bleiben. Die Frau griff in die Tasche und zog sich enge, modische Handschuhe über, deren Preis Brynn nicht einmal zu schätzen wagte.
    Brynn erzitterte erneut und befürchtete, sie würde das Bewusstsein verlieren, falls sie nicht bald einen trockenen und warmen Platz fand. Ihr war noch nie im Leben dermaßen kalt gewesen.
    Die junge Frau deutete auf Lake View Drive Nummer 2. »Ich wollte zu dem Haus da und Hilfe rufen. Lassen Sie uns dort hingehen und die Polizei verständigen. Und uns aufwärmen. Mir ist so verdammt kalt.«
    »Noch nicht«, sagte Brynn. Je knapper sie sich fasste, desto weniger schien es wehzutun. »Wir wissen nicht, wo sie sind. Müssen erst abwarten. Sie könnten auch dorthin unterwegs sein.«

    Die junge Frau zuckte zusammen und verzog das Gesicht.
    »Sind Sie verletzt?«, fragte Brynn.
    »Mein Knöchel. Ich bin gestürzt.«
    Brynn hatte bei ihren Einsätzen schon oft mit derartigen Läsionen zu tun gehabt. Sie öffnete den Reißverschluss des Stiefels der jungen Frau und tastete das Gelenk durch die schwarzen Kniestrümpfe ab. Es schien nicht schwer verletzt zu sein. Vermutlich bloß eine Verstauchung; Gott sei Dank war es nicht gebrochen. Sie sah ein goldenes Fußkettchen. Sie hätte nicht gedacht, dass jemand, der älter als zwölf Jahre war, solchen Schmuck tragen würde.
    Die junge Frau starrte zum Haus der Feldmans. Biss sich auf die Unterlippe.
    »Wie heißen Sie?«
    »Michelle.«
    »Ich bin Brynn McKenzie.«
    »Brynn?«
    Ein Nicken. Für gewöhnlich äußerte sie sich nicht näher zur Herkunft des Namens. »Ich bin Deputy des County Sheriffs.« Sie erzählte von dem Notruf. »Wissen Sie, wer diese beiden Männer sind?«
    »Nein.«
    »Wir müssen uns einen Plan zurechtlegen«, flüsterte Brynn mit undeutlicher Stimme. »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    »Ich habe mich mit Emma nach der Arbeit getroffen. Dann haben wir Steve abgeholt und sind gemeinsam hergefahren. So gegen fünf oder halb sechs waren wir hier. Ich bin nach oben gegangen, weil ich duschen wollte, und habe es plötzlich mehrmals laut knallen gehört. Ich dachte, der Herd wäre explodiert oder so. Oder jemand hätte etwas fallen gelassen. Ich hatte ja keine Ahnung. Als ich nach unten kam, sah ich zwei Männer. Die beiden haben mich nicht bemerkt. Einer von denen hatte seine Pistole aus der Hand gelegt. Sie lag auf dem Tisch in der Nähe der Treppe. Ich hab sie einfach genommen. Die beiden
waren in der Küche, standen neben den … neben den Leichen und haben geredet. Sie schauten nach unten und hatten dabei diesen Ausdruck auf ihren Gesichtern.« Sie schloss die Augen. »Mir fehlen die Worte, um es zu beschreiben«, flüsterte sie. »Es war, als würden

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