Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
sie sagen: ›Wir haben sie erschossen. Okay, na und? Was kommt als Nächstes?‹« Ihre Stimme bebte. »Einer der beiden hat im Kühlschrank herumgewühlt.«
    Brynn behielt ihre Umgebung im Auge. Die junge Frau kämpfte gegen die Tränen an und erzählte weiter.
    »Ich bin auf die beiden zugegangen. Ich hab gar nicht nachgedacht. Ich war wie betäubt. Und einer von ihnen - einer hatte langes Haar, der andere kurzes -, der mit dem langen Haar drehte sich um, und ich habe wohl einfach den Abzug gedrückt. Es ist irgendwie passiert. Es gab einen lauten Knall … Ich glaube nicht, dass ich was getroffen habe.«
    »Doch«, sagte Brynn. »Ich glaube, einer der beiden ist verletzt. Der mit dem langen Haar, den sie gerade erwähnt haben.«
    »Ist er schlimm verletzt?«, fragte sie.
    »Am Arm.«
    »Ich hätte … ich hätte ihnen befehlen sollen, sich zu ergeben oder die Hände zu heben. Keine Ahnung. Sie fingen an zurückzuschießen. Und ich geriet in Panik und verlor vollends die Kontrolle. Ich rannte nach draußen, aber ich hatte ja keinen Autoschlüssel.« Sie verzog missbilligend das Gesicht. »Und dann habe ich etwas so Dummes getan … Ich hatte Angst, die Männer würden mich verfolgen, also habe ich die Reifen zerschossen. Dabei wären sie einfach abgehauen, falls ich das nicht getan hätte. Wären in den Wagen gestiegen und weggefahren … Ich war ja so dämlich!«
    »Schon in Ordnung. Sie waren sehr tapfer. Niemand könnte in so einem Moment klar denken. Haben Sie die Waffe noch?«
    Bitte, flehte Brynn stumm. Ich brauche unbedingt eine Kanone.

    Doch die Frau schüttelte den Kopf. »Ich hatte alle Patronen verbraucht. Also habe ich die Pistole in einen Bach in der Nähe des Hauses geworfen, damit die Männer sie nicht finden würden. Und ich bin weggelaufen.« Sie neigte den Kopf. »Sie sind ein Deputy. Haben Sie denn keine eigene Waffe?«
    »Doch, aber die ist im See versunken.«
    Michelle wirkte plötzlich aufgeregt, geriet ganz aus dem Häuschen. »Wissen Sie, ich hab mal eine Dokumentation gesehen, auf A&E oder dem Discovery Channel, da hatten zwei Leute einen schweren Autounfall mit viel Blutverlust und lagen tagelang mitten in der Wildnis. Sie hätten eigentlich tot sein müssen, aber ihre Körper haben sich irgendwie selbst geschützt und aufgehört zu bluten. Die Ärzte konnten sie retten und …«
    Brynn hatte derartige Ausbrüche schon früher erlebt, bei Verkehrsunfällen oder Herzattacken, und sie wusste, dass man die unausgesprochene Frage am besten ehrlich und unverblümt beantwortete. »Es tut mir leid. Ich bin in der Küche gewesen und habe die Feldmans gesehen. Die beiden sind tot, fürchte ich.«
    Michelle klammerte sich noch kurz an ihr letztes Fünkchen Hoffnung. Dann gab sie es auf. Sie nickte und senkte den Kopf.
    »Können Sie sich vorstellen, was die Täter wollen?«, fragte Brynn und zuckte zusammen. »Aua!« Sie hatte sich auf die Zunge gebissen. »War es ein Raubüberfall?« Tränen ließen ihre Sicht verschwimmen.
    »Ich weiß es nicht.«
    Brynn zitterte nun am ganzen Leib. Michelles perfekte Fingernägel waren mit einem dunklen, bläulich roten Lack verschönert. Brynns Fingernägel waren nicht lackiert, hatten inzwischen aber den gleichen Farbton angenommen.
    »Ich habe gehört, Sie und Emma seien früher mal Arbeitskolleginnen gewesen. Sind Sie ebenfalls Anwältin?«

    Sie schüttelte den hübschen Kopf. »Nein, ich habe in Milwaukee eine Weile als Anwaltsgehilfin gearbeitet, bevor ich nach Chicago gezogen bin. So haben wir uns kennengelernt. Es war für mich bloß ein Übergangsjob, um etwas Geld zu verdienen. Eigentlich bin ich Schauspielerin.«
    »Hat Emma Ihnen je von ihren Fällen erzählt?«
    »Nein, kaum.«
    »Das könnte nämlich der Hintergrund sein - ein Fall aus ihrer Kanzlei. Vielleicht ist sie einem Betrug oder irgendeinem Verbrechen auf die Schliche gekommen.«
    Michelle stockte der Atem. »Sie meinen, die beiden Kerle sind gezielt hergekommen, um sie zu ermorden?«
    Brynn zuckte die Achseln.
    Ganz in der Nähe knackte ein Zweig. Brynn erschrak und fuhr herum. Sechs Meter weiter stapfte vorsichtig ein Dachs vorbei - rundlich und unbeholfen, aber doch irgendwie anmutig.
    »Wird jemand sich Sorgen um Sie machen, falls Sie sich nicht melden?«, wandte Brynn sich an Michelle.
    »Mein Mann. Aber er ist gerade auf Reisen. Wir haben vereinbart, morgen früh zu telefonieren. Deshalb bin ich mit Steve und Emma überhaupt erst hergekommen. Ich hatte ein freies

Weitere Kostenlose Bücher