Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness (Darkness Chosen 01)
heraus?«
»Du musst kräftig ziehen.«
»O nein! Du machst wohl Witze?« Automatisch sah sie ihn an.
Seine Unterlippe blutete - er hatte sie zerbissen. »Na los, mach schon und zieh sie raus«, wies er sie an. »Mit einem festen Ruck ziehst du sie senkrecht raus. Ann, das ist wichtig. Wenn du den Pfeil schräg rausziehst, verletzt du die gesunde Muskulatur.«
Für wie blöd hielt Jasha sie eigentlich? »Das weiß ich auch!«
»Steh auf, stemm deinen Fuß neben den Pfeil, und dann ziehst du.«
Es war ein Albtraum. Ihr ganz persönlicher Albtraum.
Bevor sie aufstand, fasste er abermals ihre Hand. »Und noch was. Sollte ich nachher ohnmächtig werden oder irgendwie ausflippen, dann verständigst du über Handy den Notarzt. Die sollen herkommen. Aber geh auf gar keinen Fall raus. Versprich mir das, okay?«
»Ich geh nicht raus.«
»Sorg dafür, dass alle Türen verschlossen sind. Nimm die Ikone und geh damit zu dem Schränkchen im Gästebad - da drin sind Parfümflaschen. Wirf eine auf den Boden. Das verwirrt seine Geruchsnerven.«
Sie starrte ihn entgeistert an. Wirkten die Drogen bereits?
»Verstehst du jetzt, warum ich Parfüm nicht mag?« Für einen Mann mit einem Pfeil in der Schulter und Drogen in der Blutbahn klang er eigentlich recht gefasst.
»Dann gehst du nach unten und schließt dich im Tresorraum ein. Er ist mit einem Belüftungssystem ausgestattet - für den Fall, dass sie das Haus in Brand setzen. Du hast die Zahlenkombination bestimmt im Kopf, oder?«
»Ja«, seufzte sie matt. »Aber ich glaube nicht, dass ich dich so weit schleppen kann.«
»Schätzchen, ich lenk den Typen ab und halt ihn dir vom Leib. In der Zwischenzeit kannst du dich verstecken, klar?«
Das haute sie fast um. »Aber nur über meine Leiche.« Sie straffte sich, stemmte den Fuß auf sein Schulterblatt. Beugte sich vornüber, packte den Pfeil kurz über der Haut und zog energisch daran.
Einen grässlichen Augenblick lang rührte der Pfeil sich nicht. Dann gab er nach und ließ sich herausziehen.
Jasha schrie vor Schmerz.
Sie stolperte rückwärts. Hielt den Pfeil hoch und starrte darauf. Starrte auf den Stahlstab.
Die Pfeilspitze steckte weiterhin in seiner Schulter.
»Nein. Nein. Ich fass es nicht.« Sie kniete sich neben Jasha, der sich vor Schmerz am Boden krümmte. »Bleib still liegen!« Sie tastete mit einem Finger in die Wunde.
»Großer Gott!« Sie schauderte unwillkürlich, sobald sie die Verletzung berührte.
Sie fühlte die Konturen der Pfeilspitze, ein Dreieck, dessen spitz zulaufendes Ende tief in das Fleisch eingedrungen war. »Mir bleibt nichts anderes übrig, als die Spitze ganz vorsichtig herauszuziehen.«
»Tu, was du tun musst.« Er spannte sich an, verzweifelt bemüht, nicht wegzuzucken.
Sie schob mit ihrer Handfläche behutsam den klaffenden Riss auseinander, tastete mit den Fingern in das weiche, blutige Fleisch. Umklammerte die Pfeilspitze, versuchte, sie vorsichtig zu lösen. Zunächst erfolglos. Dann gab das Gewebe etwas nach.
Trotzdem bekam sie die Spitze nicht heraus.
Sie versuchte es erneut.
Endlich ließ sie sich eine Idee bewegen.
Er fühlte es auch. »Beeil dich. Jetzt!«
Sie zog. Ihre Hand rutschte ab. Ihre Finger schrammten über die scharf geschliffenen Pfeilkanten. Eine Ecke bohrte sich in ihre Handfläche.
Der Schmerz war höllisch, als hätte ein scharfkantiger Stein ihre weiche Haut geritzt. Sie zog ihre Hand weg. Tränen schossen ihr in die Augen. Eine normale Schnittwunde hätte niemals so wahnsinnig wehgetan.
Und Jasha krümmte sich qualvoll stöhnend am Boden.
»Es tut mir unwahrscheinlich leid«, hauchte sie atemlos. Der Ärmste war wirklich zu bedauern.
»Was zum Teufel ist das?«, keuchte er. »Es brennt wie Feuer.«
»Keine Ahnung. Ist das jetzt wichtig?«
»Nein, vermutlich nicht.«
Sie versuchte, ihren misslungenen Versuch mental zu verdrängen, und probierte es abermals. Der Pfeil ließ sich bewegen, und sie zog das grässliche Ding langsam und vorsichtig aus seinem Muskelgewebe.
Kaum war es draußen, meinte er: »Lass mich das mal sehen.«
Sie gab es ihm.
»Das ist Obsidian«, erklärte er. »Ein schwarzer, durchschimmernder Stein. Wusstest du, dass eine geschliffene Obsidiankante schärfer sein kann als ein Skalpell?«
»Seh ich so aus, als würde mich das brennend interessieren?« Sie umklammerte ihre blutende Hand.
»Nein? Dann vergiss es. Jedenfalls wollen sie mich lebend, so viel steht fest.« Er inspizierte sorgfältig die Spitze. Und
Weitere Kostenlose Bücher