Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness (Darkness Chosen 01)
ernsthaft umbringen wollte, wäre ich längst tot.« Jashas Stimme wurde schwächer.
»Du meinst, diese Typen stecken unter einer Decke mit den Ukrainern?«
»Ich meine, sie sind die Ukrainer.«
Ihre Empörung kochte erneut hoch. »Und du meinst, ich bin ihre Komplizin.«
»Nein, aber ich bin davon überzeugt, dass sie dich für ihre Zwecke instrumentalisierten. Die Dringlichkeit des Deals war bloß vorgeschoben. Sie benutzten ihn als Vorwand, damit du dich schleunigst ins Auto schwingen und mit den Dokumenten herkommen solltest.Vermutlich hätten die sonst ganz andere Saiten aufgezogen, bloß um zu erfahren, wo ich mich momentan aufhalte.«
»Das ist absurd!« In der realen Welt mochte das gelten. In
dieser Grenzwelt, in der Jasha sich in einen Wolf verwandeln konnte und sein Cousin ihn mit einem Pfeil anschoss, war es durchaus vorstellbar.
»Mir ist immer noch kalt«, murmelte Jasha. »Ich weiß, es ist unbequem, aber könntest du dich nicht trotzdem zu mir legen und mich ein bisschen wärmen?«
Eigentlich war ihr mehr nach einer heißen Dusche. Sie müsste dringend die Schnittwunde in ihrer Handfläche desinfizieren. Womöglich musste die Hand mit ein paar Stichen genäht werden. Sie sehnte sich zurück in ihr Apartment. Wollte nur noch nach Hause, sich mit ihrer Katze auf das Sofa kuscheln und diesen Albtraum schleunigst vergessen.
Stattdessen biss sie die Zähne zusammen, wischte das Blut an ihrem orangefarbenen Pullover und der weißen Hose ab. Mit einem Hauch von Wehmut hakte sie sein schönes Badezimmer, duftende Seife und saubere Sachen ab. »Klar, mach ich«, sagte sie. Sie lief zu Jasha, kuschelte sich an seine unverletzte Seite, ängstlich bemüht, ihm nicht wehzutun. Sie rutschte unter einen Zipfel Decke und bettete den Kopf auf seine gesunde Schulter.
Er schlang den Arm um sie, hauchte ihr einen Kuss aufs Haar. »Die Madonna hat eine gute Wahl getroffen.«
Die Madonna? Schwester Mary Magdalene hatte immer beteuert, die Heilige Jungfrau wache über Ann. Insgeheim hegte Ann jedoch den Verdacht, dass die strenge Nonne keine Ahnung hatte. Zumal Schwester Mary Magdalene sie gelehrt hatte, dass die Wege des Herrn unergründlich seien. Kein Sterblicher konnte folglich wissen, ob die Mutter Gottes über Ann wachte - oder ob nicht der Teufel seine Finger im Spiel hatte.
Weil den Menschen in Anns Umfeld schlimme Dinge passierten.
Ihre Wünsche waren düstere Prophezeiungen, und ihre Liebe war tödlich.
Ann, die seinem gleichmäßigen Herzrhythmus lauschte, döste darüber ein. Sie wünschte, sie hätte Jasha Wilder nie kennen gelernt und der Faszination der Liebe nicht nachgegeben.
15
A nn, wach auf. Wir müssen los.«
Sie riss die Augen auf. Setzte sich ruckartig auf, dass ihr schwindlig wurde.
»Hey, hey, ist schon okay. Bloß keine Hektik - die Jäger sind weg.« Jasha war wieder topfit. Zwar ein bisschen blass um die Nase, leicht angespannt, aber trotzdem sehr gefasst.
Sie schaute sich benommen um. Draußen strahlte die Sonne, nach der Helligkeit zu urteilen, war es bestimmt schon Nachmittag. Sie ruhte auf dem Boden, in einem kuscheligen Nest aus Sofakissen und bunten Decken. »Was …? Wie …?«
»Du hattest einen Schock. Schlimme Albträume. Deshalb hab ich dir auf dem Boden ein Bett gemacht und dich ausschlafen lassen.«
Ann schob sich gedankenvoll die Haare aus dem Gesicht, derweil versuchte sie angestrengt, ihre Träume zu rekapitulieren. Sie war durch den Wald gelaufen, schneller und immer schneller. Sie hatte einen Blick über ihre Schulter geworfen und Wölfe bemerkt, die sie verfolgten. Mit einem Mal waren überall Wölfe. Sie war in Panik geraten … Dann war Jasha an ihr vorbeigehetzt. Er hatte gegrinst und sich ebenfalls in einen Wolf verwandelt. Schlagartig war ihre Angst verschwunden.
Gleichwohl begriff sie instinktiv, dass es kein Zurück gab. Flucht und Furcht würden ihr künftiges Leben bestimmen.
Sie rieb sich die Augen. »Es war schlimm.«
»Es wäre noch viel schlimmer gewesen, wenn du nicht bei mir geblieben wärst.« Er hielt ihr seine Hand hin.
»Was? Oh.« Er spielte offenbar auf seine Rettung an. Ann hingegen war mit der Deutung ihres Traums beschäftigt. Sie brauchte keinen Freud, um ihn zu interpretieren. Ihr war sonnenklar, was der Traum bedeutete, denn ihr Unterbewusstsein war alles andere als subtil. »Ja, ja, ich hab ein Herz für verletzte Tiere.«
Das hatte sie wahrhaftig. Kresley hatte halb verhungert, verfloht und mit eitrigen Bisswunden
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