Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness (Darkness Chosen 01)
getan hast.« Zoranas Lippen bebten, während sie zu Konstantine blickte, der am Ende der Tafel saß. Er sah heute Nachmittag besser aus. Nicht unbedingt wie das blühende Leben, aber schon besser. »Du hast uns nach langer, dunkler Nacht den ersten Hoffnungsschimmer geschenkt.«
Alle - auch Rurik - trommelten anerkennend auf den Tisch.
Ann wusste nicht, wie sie reagieren sollte. War es nicht Sünde, wenn sie sich über ihre Anerkennung freute? Was sie getan hatte, hatte sie gerne getan. Es war ihre Berufung gewesen. Zudem war sie gern mit den Wilders zusammen. War das nicht Belohnung genug?
»Wenn sie mir nicht den Pfeil rausgeschnitten hätte, hättet ihr mich nie wiedergesehen«, brummelte Jasha.
»Halt die Klappe, Jasha. Musstest du das sagen? Vorher mochte ich sie wirklich.« Rurik grinste breit.
Die beiden Brüder probierten sich kurz im Armdrücken, schüttelten einander dann die Hand in einem längeren männlichen Ritual, frei nach dem Motto: Wahre Zuneigung gibt es nur unter Männern.
Als Firebird verständnislos den Kopf schüttelte, schlang Rurik einen Arm um ihre Taille und streichelte ihren Bauch. »Es wird ein Junge, stimmt’s oder hab ich Recht? Mehr als ein Mädchen in tausend Jahren kann die Familie sowieso nicht verkraften.«
Seine Schwester kiekste verschmitzt. »Und wenn es doch ein Mädchen wird?«
»Verwöhnen wir es so horrormäßig, wie wir dich verwöhnt haben«, konterte er.
»Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.« Firebird drückte gefühlvoll seine Hand.
Diese Wilders waren so ganz anders als andere Familien, stellte Ann zunehmend fest. Sie waren einander in tiefer Liebe verbunden und machten keinen Hehl daraus. Irgendwie wohnte ihrer Zuneigung ein bisschen der Charme der Alten Welt inne. Wenngleich für Ann ungewohnt, mochte sie diese Art. Das erklärte sicherlich auch, wieso Jasha im Büro den Ruf eines Gefühlsmenschen hatte.
Während des Festmahls wich Zorana nicht von Konstantines Seite. Sie bediente ihn und redete leise flüsternd auf ihn ein.
Er nickte gelegentlich, und nachdem sämtliche Platten geleert und abgeräumt waren, tippte er mit dem Messer leicht an sein Weinglas. »Heute habe ich erfahren, dass mir meine süße kleine Firebird einen Enkel schenken wird. Das macht mich sehr glücklich« - er legte eine Hand auf sein Herz - »allerdings finde ich mich nur schwer mit dem Gedanken ab, dass sie von irgendeinem egoistischen Typen verführt wurde, der sich keine Gedanken um ihre Zukunft macht. Da sie mir partout nicht sagen will, wer er ist, sind mir die Hände gebunden. Folglich bleibt mir keine andere Option, als ihn ungestraft davonkommen zu lassen.«
Firebird senkte den Blick auf ihren Teller und spielte mit ihrer Gabel herum.
»Heute kam meine Frau, meine Zorana, zu mir und öffnete mir die Augen. Sie ist davon überzeugt, dass es noch so einen Typen gibt.« Sein Blick sprang zu Jasha. »Und er lebt unter meinem Dach.«
Ann verschluckte sich an einem Salatblatt.
»Diesen Typen hab ich großgezogen. Dieser Typ müsste eigentlich bessere Manieren haben. Für so etwas gibt es keine Entschuldigung«, knurrte Konstantine. »Komm her, Jasha.«
Ann öffnete den Mund, um Jasha beizuspringen.
Jasha fasste ihre Hand und schüttelte kaum merklich den
Kopf. In der Küche hätte man eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es, als er zu Konstantine ging und sich neben dessen Sessel hockte.
Schläuche waren an dem Arm des alten Mannes befestigt und führten in seine Nasenlöcher. Er war kränklich blass, seine Stimme jedoch hart und streng. »Hast du dieses Mädchen gegen seinen Willen genommen?«
»Ja.«
Konstantine hob den Arm und schlug Jasha ins Gesicht. Trotz seiner gebrechlichen körperlichen Verfassung war es ein fester, gezielter Hieb.
Ann sprang auf. »He, was machen Sie da mit Jasha?«
Rurik und Firebird fassten sie an den Armen und drückten sie sanft auf ihren Stuhl zurück.
Jasha schüttelte bloß benmmen den Kopf und schwieg.
»Er ist aus der Alten Welt«, erklärte Firebird Ann weich. »Er nahm sich Frauen, ob sie wollten oder nicht, und er stahl meine Mutter.«
»Das ist noch lange kein Grund, seinen eigenen Sohn zu schlagen!«
»Seinen Söhnen versuchte er beizubringen, dass sie sich immer kontrollieren sollten.« Rurik sprach ebenso weich.
Konstantine atmete tief durch. Seine blasse Gesichtsfarbe färbte sich aschgrau. »War sie noch Jungfrau?«
»Ja.«
Ann sprang erneut auf und schoss vor.
Firebird flüsterte ihr ins Ohr:
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