Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising
hier Lebenden erdacht.
Nachdem wir bereits eine gefühlte Ewigkeit durch das Gebäude gelaufen waren, kamen wir plötzlich zu einem hübschen Innenhof mit Kopfsteinpflaster. Hohe Nadelbäume säumten die umgebenden Mauern, die Pflastersteine hatten verschiedene Farben und bildeten ein Mosaik, das einen Baum darstellte, dessen Äste sich wieder mit den eigenen Wurzeln verbanden. Ich erkannte das Symbol: der keltische Baum des Lebens. »Wer hat wohl wen beeinflusst?«, fragte ich mich. »Haben die Menschen sich einfach nur
der Ideen und Symbole der Übernatürlichen bedient, oder wurden diese auch von den Menschen beeinflusst?« Wenn ich da an das Königspaar und die paradoxe Mischung aus Kraft und Lethargie, die sie ausstrahlten, dachte, kam es mir so vor, als wäre Letzteres eindeutig nicht unmöglich.
Wir verließen den Innenhof durch ein reich verziertes schmiedeeisernes Tor, und plötzlich erstreckte sich vor uns eine weitläufige künstliche Lagune mit Wasserfall und allem Drum und Dran. Sie war umgeben von saftigem Grün, und es gab allerlei lauschige Ecken und Winkel, wo das Wasser niedrig genug war, um sich hinzusetzen oder sogar hinzulegen. Plötzlich wurde mir klar, was ich da vor mir hatte.
»Uh, ist das etwa eine Sexgrotte?«, fragte ich Ryu mit großen Augen. »Das ist ja wie bei Hugh Hefner.« Ich rümpfte die Nase. »Eklig.«
Ryu sah mich mit vorgetäuschter Entrüstung an. »Wir haben hier doch keine Sexgrotten «, schnaubte er gespielt verächtlich. »Das ist eine Liebeslagune. Oder ein Petting-Pool oder ein Schmuseschwimmbad. Aber doch keine Sexgrotte .«
Ich kicherte, und Ryu öffnete mit einem geschickten Griff mein Wickelkleid.
»Hoppla«, murmelte ich überrascht. Er zog mich an sich, um mich zu küssen und streifte mir gleichzeitig das Kleid von den Schultern. Ein paar Sekunden später hing mir mein Höschen zwischen den Kniekehlen, und mein BH war offen. »Nicht schlecht«, musste ich zugeben. »Der Typ ist gut... aber ich auch«, dachte ich und schüttelte sowohl meine restlichen Klamotten als auch seine Hände ab und sprang mit einem Satz in den Pool. »Fang mich, wenn du
kannst!«, dachte ich noch, doch sobald ich das Wasser berührte, japste ich nach Luft. Wenn sich das Schwimmen in meinem Atlantik in etwa so anfühlte wie ein paar doppelte Espressi, dann war das hier wie ein Schuss pures Heroin. Die elementare Kraft durchzuckte mich wie ein Blitz, und auf einen Schlag war all meine Müdigkeit verflogen. Wellen berauschender Energie wogten durch meinen Körper, und vor Schreck über die unerwartete Heftigkeit hatte ich mich an dem Wasser sogar ein wenig verschluckt.
Ich tauchte prustend auf und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ryu war wie der Blitz bei mir und hielt mich über Wasser, bis ich wieder atmen konnte.
»Tut mir leid«, murmelte er kleinlaut. »Ich hätte dich warnen müssen.«
Ich hustete und keuchte noch eine Weile, bis mir plötzlich schwindlig wurde. Das musste am Sauerstoffmangel liegen und an der erstaunlichen Kraft des Wassers, die mein Hirn geradezu flutete. Kein Wunder, dass es mich zu diesem Pool nicht so wie zum Ozean gezogen hatte - die Energie, die von ihm ausging, war völlig anders und unglaublich stark. Ryu brachte mich an den Rand des Beckens und setzte mich dort ab. Er stand vor mir im Wasser und stützte mich, bis das Schwindelgefühl langsam nachließ.
Als ich schließlich wieder die Augen öffnen konnte, ohne ihn gleich viermal vor mir zu sehen, lehnte ich mich an ihn und seufzte: »Wow!« An meinen Waden, die noch immer im Wasser hingen, konnte ich weiterhin die unglaubliche Energie spüren. »Das ist vielleicht heftiges Zeug.«
Ryu lachte und umarmte mich. »Wenn es dir gefällt, bin ich ja froh«, murmelte er mir ins Ohr.
»Jetzt weiß ich auch, warum Leute Crack nehmen«, sagte ich, löste mich etwas aus seiner Umarmung und sah ihn mit großen Augen an. Der Pool machte mich richtig betrunken. »Ich habe mich immer gefragt, wer Crack nimmt. Ich meine, ernsthaft, wer wacht bitte morgens auf und sagt sich: ›Hm, ich glaube, heute probiere ich mal Crack.‹? Ich verstehe ja, wenn Leute andere Drogen nehmen. Aber Crack? Wer nimmt das Zeug schon?« Ich starrte ihn an, ohne zu blinzeln. »Dieser Pool hier erklärt nicht nur, warum Leute den Mist nehmen. Dieser Pool ist Crack!« Schließlich musste ich doch heftig blinzeln. Ich fühlte mich, als wäre meine Schädeldecke aufgeklappt und mein Gehirn durch einen Wackelpudding ersetzt worden.
Ryu
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