Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising
Wir wissen, dass du
mit Peter Jakes’ Mord nichts zu tun hast. Aber ich muss dich über die Umstände befragen, unter denen du seine Leiche gefunden hast. Außerdem dachte ich mir, da du ja eine Einheimische bist, könntest du mir berichten, wie die Menschen hier auf den Mord reagieren. Was, glauben sie, ist passiert, und welche Erkenntnisse haben sie bereits? Und dann würde ich noch gerne etwas über Peters Zeit hier erfahren - was er hier gemacht hat und so weiter. Oder ob in dieser Zeit irgendetwas Seltsames passiert ist, und ob außer Peter noch andere fremde Menschen oder Wesen hier waren?«
»Okay«, sagte ich. Ich nahm an, dass er so schnell wie möglich wieder aus Rockabill wegkommen wollte. Also ignorierte ich wieder einmal meine arme, unterdrückte Libido - die mittlerweile danach gierte, dass ich Ryu hinter den Ladentisch zerrte und ihm ein ungekürztes Wörterbuch über den Schädel zog, damit ich ihn vernaschen konnte - und fing an, ihm zu erzählen, was er wissen wollte. »Also, zum Auffinden der Leiche gibt es nicht so viel …«
Ryu hob abwehrend die Arme und unterbrach mich. Er versuchte professionell zu wirken, aber da war ein Zug um seine Lippen, den man nur als offensiven Flirtversuch beschreiben konnte. »Macht es dir etwas aus, wenn wir das später erledigen? Tagsüber ist nicht so meine Zeit, und ich bin ziemlich müde vom Fahren. Ich habe für ein paar Tage eines dieser kleinen Ferienhäuser gemietet, in denen auch Peter gewohnt hat. Ich würde mich dort gerne erst einrichten und mich etwas frischmachen, bevor wir an die Arbeit gehen.«
Ich konnte mir zwar weder vorstellen, dass er noch frischer werden konnte, noch wollte ich mir ausmalen, wie
er dann wohl erst war, wenn er seine beste Zeit hatte. Also zuckte ich nur zustimmend mit den Schultern und hoffte, dass er meine Gedanken nicht lesen konnte, denn meine Libido plante bereits, Dinge mit ihm anzustellen, bei denen wahrscheinlich sogar Grizelda erröten würde.
Dummerweise schenkte Ryu mir ein Lächeln, das mir sagte, dass er a) genau wusste, was ich dachte und b) erst einmal abwarten wollte, was meine Libido dafür zu löhnen bereit war, damit er den Preis dann noch um das Fünffache in die Höhe treiben konnte.
»Super. Ich hole dich gegen sechs heute Abend ab. Wir können zusammen etwas essen und uns dann in Ruhe unterhalten.«
»Äh, okay«, sagte ich nach außen ruhig. Innerlich dachte ich panisch: »Mist, Mist, Mist! Was soll ich nur anziehen?«
»Warte!«, rief ich, denn mir war gerade noch etwas eingefallen. »Du weißt ja gar nicht, wo ich wohne.«
»Natürlich weiß ich das«, sagte er und zwinkerte mir erneut verschmitzt zu.
Ich dachte einen Moment darüber nach. »Woher weißt du denn so viel über mich?«
»Nell hat mich vorbereitet.«
»Äh, okay«, murmelte ich. Plötzlich fürchtete ich, dass er noch nicht alles wusste, und dass unser Abendessen zu einem knappen Telefonat zusammenschrumpfen würde, sobald er die ganze Geschichte über mich erfahren hatte.
Er lächelte mich an und nahm meine Hand. Seine fühlte sich warm und kräftig an. »Es ist wirklich schön, dich kennenzulernen, Jane. Und ich freue mich auf heute Abend.«
Mir fiel auf, dass seine Augen fast golden waren. »Es ist
auch, äh, schön, dich kennenzulernen«, brachte ich stammelnd über die Lippen.
Nach einer Weile ließ er meine Hand wieder los und rief in Richtung Hinterzimmer: »Grizzie? Sie können wieder herauskommen.«
Noch immer selig vor sich hin grinsend, tauchte Grizzie aus dem Lagerraum auf.
»Ich gehe jetzt. Schön, Sie kennengelernt zu haben. Sagen Sie Tracy nicht, dass ich hier war. Ich möchte sie überraschen.«
»Oh, das ist eine fantastische Idee«, zwitscherte Grizzie entzückt. »Ich freue mich auch, dass wir uns endlich persönlich kennengelernt haben.«
Zum Abschied zwinkerte Ryu mir noch einmal zu, bevor er nach draußen verschwand und wieder in seinen schnittigen Wagen stieg. Grizzie und ich sahen ihm schweigend nach, als er davonfuhr.
»Er ist genauso großartig, wie du ihn beschrieben hast«, flötete Grizzie.
»Äh, ja, das ist er wirklich.« Ich fühlte mich schuldig, dass ich Grizzie so anlügen musste, aber ich sah im Moment keine andere Möglichkeit. Wie könnte ich ihr auch die Wahrheit über das, was da eben passiert war, sagen?
»Triffst du dich heute Abend mit ihm?«, wollte sie wissen und sah mich neugierig an.
»Ja, das werde ich. Wir gehen essen.« Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen
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