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Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Titel: Nachtwesen - Die Vollstreckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Pagel
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das also... Er hatte nicht den Mut gehabt, ihr eine Abfuhr zu erteilen, sondern es vorgezogen, sich mit seiner Gemahlin davonzumachen. „Und wenn schon“, gab sie knapp zurück und warf die Decke beiseite, um aufzustehen. „
    Kann ich was dafür?“ Erstaunt über ihre abweisende Reaktion hielt Merian sie am Arm fest und zwang sie, ihn anzusehen. „Du verstehst nicht. Seit der Wandlung in Lynns Haus hat die Beiden keiner mehr gesehen. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt – ohne Nachricht zu hinterlassen.“ Kyrana lachte freudlos auf und befreite sich energisch von seinem Griff. „Nun, und? Denkst du vielleicht, ich habe sie hier in meinem Zimmer versteckt? Vielleicht sind sie verreist, um traute Zweisamkeit zu genießen.“
    Merian nahm sie an beiden Armen und schüttelte sie. Seine schwarzen Augen verengten sich. „Was ist los mit dir, Kyrana?“, fragte er verständnislos. „Kelmar würde nie verreisen ohne jemandem Bescheid zu geben. Nicht einen Tag. Und du weißt das.“ Natürlich wusste sie es. Aber er wusste nichts von dem Gespräch in Lynns Pavillon. Die offensichtliche Sorge in seinem Blick ließ sie einen winzigen Moment lang erwägen, ihm davon zu er erzählen. Doch sie entschied sich dagegen und fragte stattdessen: „Denkst du, dass ihnen etwas geschehen ist? Wurde schon nach ihnen gesucht?“ Dabei gab sie sich redlich Mühe, ihrer Stimme einen nichtsahnenden Klang zu verleihen.
    Während Merian sie freigab und ihr dann nachsah, als sie hinter einem Wandschirm verschwand, um sich anzukleiden, sprach er: „Wir haben Späher ausgeschickt, die in den Menschensiedlungen und bei den Waldelfen nach möglichen Spuren suchen. Vielleicht wurden sie verschleppt.“ Bei diesen Aussichten musste Kyrana dann doch schlucken. Vielleicht hatte er Recht und es war wirklich etwas passiert. Schnell band sie die Kordel über der schwarzen Robe zusammen, welche sie angezogen hatte und trat hinter dem Schirm hervor. „Verschleppt?“, hakte sie mit belegter Stimme nach. „Welchen Sinn sollte das haben?“
    Merian hatte nur darauf gewartet, dass sie fertig werden würde. Nun öffnete er die Tür und bedeutete ihr, ihm zu folgen. „Kelmar ist der Oberste des ersten Hauses“, sprach er dabei finster. „Ihn und auch noch seine Gemahlin in der Hand zu haben, würde unseren Gegnern eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit schaffen, allerlei Forderungen zu stellen.“ Während ihm Kyrana den langen Flur gen Kaminzimmer entlang folgte, dachte sie über seine Worte nach. Womöglich war Kelmar tatsächlich in Gefahr und konnte deshalb ihr Treffen nicht einhalten.
    Schuldbewusst nagte sie an ihrer Unterlippe, da sie ihn in dem Fall ganz zu Unrecht verurteilt hatte. „Also müssen wir jetzt abwarten, bis die Späher Kunde bringen?“ Warten, warten... Sie hatte das Warten inzwischen so satt. Merian nickte lediglich, öffnete die Tür des Zimmers und ließ sie eintreten. Lynn, Alyiena und Kayo standen zusammen mit einem weiteren Schüler Kelmars am Kamin und unterhielten sich leise. Nun sahen sie ihnen entgegen und nickten Kyrana zu.
    *
    Inzwischen war es tiefe Nacht geworden. Einige Stunden waren vergangen, in welchen sie alle recht schweigsam ausgeharrt hatten. Gelegentlich waren immer neue Vermutungen geäußert, durchgesprochen und als möglich im Raum stehen gelassen worden. Dann legte sich wieder betretene Stille über das Kaminzimmer, die nur durch das Knistern des Feuers unterbrochen wurde. Kyrana hatte bereits eine ganze Karaffe Lebenselixier zu sich genommen, um ihrer inneren Ruhelosigkeit Herr zu werden.
    Es war ein Schwanken zwischen Hoffnung und Mutlosigkeit in deren Kreislauf kein Ende abzusehen war. „Herr, ich weiß was!“ Der gerade hereingeführte Mensch knüllte seine Kopfbedeckung vor der Brust zusammen und trat aufgeregt von einem Fuß auf den Anderen. Merian, welcher ihn heran gewinkt hatte, richtete sich kerzengerade auf seinem Stuhl auf und fasste den jungen Bauernburschen ins Auge. „Sprich!“
    Der Mensch trat hastig noch einen Schritt vor, dem Tisch entgegen, an welchem sie saßen, und machte einen dienstbeflissenen Bückling. „Die Gemahlin des Ersten wurde am Hafen gesichtet“, tat er eifrig kund. „Ohne Gepäck! Sie hat ein auslaufendes Schiff bestiegen!“
    Sicher, dass diese bedeutende Nachricht eine hohe Belohnung einbringen würde, wagte er sich einen weiteren Schritt vor und hielt Merian seine geöffneten Hände entgegen. Dieser saß für einen Moment unbeweglich und man

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