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Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Titel: Nachtwesen - Die Vollstreckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Pagel
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Verhandlung“, gab er hart bekannt. „Bis dahin werden wir wissen, was passiert ist. Und wer zur Rechenschaft gezogen wird. Gehen wir.“
    Nur schleppend tröpfelten die Worte in Kyranas Verstand. Verhandlung. Rechenschaft. Sie nickte automatisch. Dann sprach sie mit brüchiger Stimme: „Wir müssen ihn nach Hause bringen und begraben...“
    Lynn schüttelte den Kopf und legte tröstend eine Hand auf ihren Arm. „Kelmar wird liegenbleiben, bis wir hier morgen die Verhandlung vollendet haben. An genau diesem Ort, wo es geschah. Ein Jeder soll es sehen und in seinem Gedächtnis bewahren.“ Eine kurze Pause entstand, als müsste sie für ihre nächsten Worte Kraft schöpfen.
    Dann fuhr sie leiser fort: „Danach werden wir ihn der Sonne übergeben. So hätte er es sich gewünscht. Er liebte die Sonne.“ „Ich werde hier bei ihm bleiben.“ Mit einem energischen Ruck befreite sich Kyrana aus Kayos stützendem Griff und ging neben dem Körper Kelmars in die Knie. Ihr entschlossener Blick in die kleine Runde ließ keine Proteste zu, sodass lediglich zustimmendes Nicken die Antwort war.
    Reglos wartete sie ab, bis die Anderen die Höhle verlassen hatten und ihre Schritte in der Nacht verklungen waren. Dann ergriff sie Kelmars starre, bleiche Hand und hauchte einen Kuss darauf. Eine Träne perlte ihre Wange hinab – es war die Erste von vielen, die noch folgen würden.

Kapitel 15
    Stunde um Stunde hatte sie unbeweglich neben ihm gesessen und geweint, seine Hand gestreichelt und ihn angefleht, zu ihr zurückzukommen. Dann war sie hinüber zu seinem Kopf gegangen, hatte sich daneben zusammengekauert und in seine gebrochenen, blauen Augen gesehen, seine Lippen berührt – die nun nie wieder zu ihr sprechen würden. Sein Gesichtsausdruck mutete erstaunt an, ganz so, als habe er den Tod nicht kommen sehen.
    Als am darauffolgenden Abend nach und nach die Teilnehmer und Zuschauer der Verhandlung nahten, saß Kyrana hoch aufgerichtet auf einem Stein und sah ihnen entgegen. Die Trauer hatte sie ausgehöhlt und Platz geschaffen für das Verlangen nach Rache. Wer auch immer Kelmar aus dem Leben gerissen hatte; er würde dafür bezahlen.
    Langsam füllte sich die Höhle mit den Bewohnern der fünf Häuser. Mutmaßungen über den Hergang des Verbrechens und den Täter wurden laut, während sie sich an den Wänden der Höhle einen Platz suchten. Der Eine oder Andere trat an Kelmars Leiche heran, um ihn anzusehen. Er war ihrer aller Anführer gewesen und jeder hatte ihn geschätzt.
    Als Letztes traten die Obersten ein und bahnten sich einen Weg nach vorne. Merian hielt die Silberaxt fest in einer Hand, während er die Andere hob, um das allgemeine Raunen zum Schweigen zu bringen. Seine schwarzen Augen funkelten kalt im Fackelschein, als er seine Stimme erhob: „Wir haben uns heute hier versammelt, weil Kelmar Xyn, Oberster des ersten Hauses, gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde. Und zwar mit dieser Axt.“
    Die Umstehenden reckten die Hälse, um einen Blick auf die Tatwaffe zu erhaschen, während Kyrana ihren Umhang enger um sich zog und die Hände fester in seinem Stoff vergrub. „Ich habe Erkundigungen eingeholt, was diese Waffe betrifft“, fuhr Merian fort und ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. „Sie wurde schon vor längerer Zeit von einem Schmied der Menschen hergestellt. In Auftrag gegeben von einer schönen Dame mit langen, blonden Locken, gekleidet in ein kostbares, weißes Gewand und einen hellen Umhang. Wir alle wissen, um wen es sich handelt.“ Lynn, Alyiena und Kayo nickten zustimmend. Unter den übrigen Beiwohnenden kam wieder Gemurmel auf. „Niobe“, hörte man es hier und da tuscheln.
    „Niobe Xyn.“ - „Seine Gemahlin.“ - „Unglaublich“ - „Was war nur in sie gefahren?“...Kyrana saß wie angewurzelt, starr und steif. Ihr Blick zuckte zu Kelmars Körper hinüber. Niobe. Er hatte ihr gesagt, dass er sie verlassen würde – und sie hatte ihn deswegen enthauptet? Dann hatte sie das Schiff bestiegen, um zu flüchten – nicht weil er sie verstoßen hatte. Aber weshalb in dieser Höhle? Und wieso hatte Niobe rein zufällig die Axt bei sich, die sie wohl schon länger besaß? Verwirrt schüttelte Kyrana den Kopf.
    Mit einer herrischen Handbewegung brachte Merian die Menge zum Schweigen, um wieder Gehör zu finden. „Es ist nicht bekannt, was die Gründe für diesen Mord sind. Und es spielt auch keine Rolle. Ein genommenes Leben fordert das Leben des Mörders ein. So ist unser Gesetz.

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