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Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Nachtwesen - Die Vollstreckerin

Titel: Nachtwesen - Die Vollstreckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Pagel
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konnte deutlich erkennen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Dann griff er einen ledernen Beutel mit Münzen und warf sie dem Burschen zu. „Danke, Mensch“, sprach er knapp und deutete mit einem Wink zur Tür an, dass jener entlassen war.
    Kaum dass sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, erhob Alyiena ihre helle Stimme: „Was mag das zu bedeuten haben?“ Kayos Stirn kräuselte sich in ratlosem Nachdenken. „Ohne Gepäck“, sinnierte er laut. „Vielleicht hat Kelmar Niobe verstoßen?“ Kyrana versuchte, die Hoffnung in ihrer Stimme zu unterdrücken und ihr einen festen, neutralen Klang zu verleihen. Aller Augen richteten sich auf sie, als habe sie eine Möglichkeit aufgezeigt, an die sonst keiner dachte.
    „Weshalb sollte er das tun?“ Lynns Augenbrauen zogen sich fragend zusammen. „Sie ist seine Gemahlin.“ „Und das nicht erst seit gestern“, fügte Merian an, wobei sein nachdenklicher Blick Kyranas Antlitz streifte. „Weißt du vielleicht etwas, was wir nicht wissen?“ „Ich? Nein!“ Die Antwort kam ihr prompt und fest über die Lippen, denn Eines stand für sie fest: Wenn hier jemand die Umstände von Niobes Abschied aufzuklären hatte, dann war es Kelmar. Sie selbst würde sich hüten, ihm vorzugreifen.
    Äußerlich blieb sie ernst, doch in ihrem Inneren jubilierte es. Er hatte seine Gemahlin weggeschickt! Und ihr nicht einmal die Zeit gelassen, ein paar Sachen zu packen. Das war auch der Grund, weshalb er nicht zu ihrem Treffen gekommen war; zuerst wollte er seine Angelegenheiten geregelt wissen. Genauso musste es gewesen sein!
    „Es bleibt die Frage, wo Kelmar ist.“ Merian erhob sich. Mit auf dem Rücken verschränkten Händen begann er, auf und ab zu gehen. „Jemand muss ihn suchen. Wir müssen ihn suchen.“ Zustimmendes Gemurmel wurde laut und Stühle wurden zurück geschoben. „Verlieren wir keine Zeit. Wenn wir ihn noch vor Ende der Nacht finden wollen, sollten wir sofort aufbrechen.“ Kayos kräftige Stimme übertönte alle anderen, während er bereits auf dem Weg zur Tür war. „Ich werde warten, falls er zurückkommt.“ Kyrana, welche als einzige noch saß, sah aus glashellen Augen harmlos in die kleine Runde.
    „Jemand muss doch hier bleiben, oder?“ Merian nickte zustimmend – und so war es beschlossen. Dann wandte auch er sich der Tür zu. „Schwärmen wir in alle Richtungen aus und treffen uns kurz vor Tagesanbruch in Kelmars Haus wieder. Dann werden wir sehen, was wir ausrichten konnten.“ „Möge die Nacht mit euch sein!“, rief Kyrana den Davoneilenden noch nach, dann senkte sich wieder Stille über den Raum.

Kapitel 14
    Sie kannte den Weg zu Kelmars Anwesen im Schlaf, obgleich sie ihn gar nicht so oft gegangen war. Vor dem großen Portal blieb sie stehen und blickte zu der vertrauten Steintafel hinauf. 'Haus Xyn' stand darauf, wie eh und je. „Kyrana Xyn“, flüsterte sie sich selbst zu, während sie in den Taschen ihres Umhanges nach dem Schlüssel suchte. Es war immer noch derselbe Schlüssel, den einst ihre Mutter bekommen hatte, als sie hier angestellt war. Kyrana hatte ihn nie zurückgegeben – und so war es ihr jetzt möglich, sich Zutritt zu verschaffen.
    Die runde Halle lag in völligem Dunkel, als sie eingetreten war und leise rief: „Kelmar? Bist du da?“ Keine Antwort drang an ihr Ohr. Das Haus schien verwaist zu sein. So machte sie sich zunächst einmal daran, die Fackeln in den Halterungen an den Wänden zu entzünden. Dann öffnete sie die Tür, welche in den langen Gang führte, wo sie als Kind die Portraits bewundert hatte. Langsam schritt sie an den Gemälden entlang, bis hin zu ihrem Ende. Kelmars Gesicht schien aus dem Bild auf sie hinab zu lächeln – ganz so, als wollte er sie beruhigen und alle Zweifel zerstreuen, die sie je hegte.
    Zart fuhr sie mit einem Finger den Schwung seiner Lippen nach, ehe sie sich umsah. Vielleicht war er irgendwo hier im Haus – ganz entgegen allen Erwartungen. „Kelmar?“ Leise hallte ihre Stimme in dem langen Flur wider. Sie würde ihn wohl suchen müssen, denn irgendwie glaubte sie daran, dass er da war. So öffnete sie Tür um Tür und spähte in Zimmer hinein, die sie vorher nie betreten hatte. Überall lag sein Duft in der Luft – überlagert von einem Hauch Niobe.
    Als sie schließlich das Schlafgemach erreichte, stand sie lange dort und starrte das Bett an. Es war zerwühlt, als sei gerade jemand daraus aufgestanden.
    Nur langsam wagte sie sich heran und sah auf ein blütenweißes

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