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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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hinübergehen, und ich werde Ihnen das Fleckfieber und meine Aufzeichnungen darüber zeigen.« Szukalski hob die Stimme. »Ich werde Ihnen zeigen, daß ich nichts zu verbergen habe. Und wenn Ihnen das nicht genügt, meine Herren, dann können Sie auch willkürlich eines oder mehrere Dörfer auswählen, und wir werden die Fleckfieberopfer gemeinsam aufsuchen. Sie können untersuchen, wen Sie wollen, und so viele Blutproben nehmen, wie es Ihnen gefällt. Das Krankenhauslabor steht Ihnen zur Verfügung. Sie werden sich selbst von dem Ausmaß unserer Epidemie überzeugen.«
    Müller warf einen nervösen Blick auf Hartung.
    »Alles Bluff«, kommentierte Max mit unverändertem Lächeln. »Tun wir doch einfach, was er sagt. Wir besuchen sein Krankenhaus und fahren dann zu einem beliebigen Gehöft oder in ein Dorf. Ich werde Ihnen allen beweisen, daß dieser Mann nur blufft.« Er richtete seinen durchdringenden Blick auf das unbewegte Gesicht Szukalskis und versuchte ihn durch die hypnotische Kraft seiner Augen aus der Fassung zu bringen.
    Doch Szukalski ließ sich nicht einschüchtern und hielt dem eisigen Blick des Einsatzgruppenleiters stand, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann erhob er sich und meinte fast etwas respektlos: »Sollen wir gehen, meine Herren?«
     
    Pfarrer Wajda beobachtete gespannt, wie Jan Szukalski, der als letzter der Gruppe das Rathaus verließ, oben auf der Treppe stehenblieb und sich am Kopf kratzte. »In Ordnung, Anna, da ist das Signal«, murmelte der Priester. »Sie sind auf dem Weg ins Krankenhaus.
    Gemeinsam injizierten sie das Morphium sieben ausgewählten Patienten.
    {296} Es war Szukalskis Idee gewesen, den kurzen Weg zu Fuß zu gehen, und alle waren gleichermaßen froh darüber, ein wenig frische Luft und Sonne zu tanken. Die Soldaten, die in den Panzern saßen oder an den Lastwagen lehnten, lachten und tuschelten untereinander, als sie die kleine Prozession die ruhige Straße hinunterkommen sahen. Viele von ihnen schlossen bereits Wetten darüber ab, wie lange es wohl dauern würde, die Stadt zu zerstören.
    Szukalski, der die dreizehnköpfige Gruppe mit leicht hinkendem Gang anführte, plauderte ununterbrochen mit den Ärzten, stellte ihnen fachliche Fragen und sorgte für eine Atmosphäre des Vertrauens. Immer wieder hob er die interessante Architektur und Geschichte von Sankt Ambroż hervor, wies die Besucher auf die malerischen gepflasterten Straßen hin und erzählte eine lustige Geschichte über die Errichtung der Reiterstatue Kosciuszkos auf dem Marktplatz. Auf diese Weise zog er den Spaziergang in die Länge, damit das Morphium seine volle Wirkung entfalten konnte.
    Als Maria Duszynska sah, daß ihr Kollege einen kleinen Teil der Gruppe unterhielt, verlangsamte sie ihren Schritt, bis sie mit Max auf gleicher Höhe war. Nachdem sie eine Weile nebeneinander hergelaufen waren, meinte sie beiläufig: »Wie ich sehe, haben Sie einen neuen Anzug, Herr Sturmbannführer. Ist das heutzutage die übliche Garderobe für einen gutgekleideten Danziger Geschäftsmann?«
    »Es ist die Garderobe, die der gutgekleidete Danziger Geschäftsmann bereits seit drei Jahren trägt, meine liebe Frau Doktor.«
    »Sehr beeindruckend, das muß ich sagen. Sie erinnern mich darin an einen aufgeplusterten Kampfhahn. Obwohl ich mich nicht entsinnen kann, daß Sie schon damals so großspurig aufgetreten sind.«
    »Nimm dich in acht, Liebchen. Ich habe nichts gegen dich persönlich. Diese Uniform und das Reich sind mein Leben. Du warst für mich nur ein unbedeutender Zeitvertreib.«
    »Oh, da läßt mich wohl mein Gedächtnis im Stich, Herr Sturmbannführer. Haben Sie mir in der letzten Nacht, die wir zusammen verbrachten, nicht ganz andere Dinge gesagt?«
    Hartung brach in Gelächter aus. »Du bist nicht die erste, Liebchen, und du wirst auch nicht die letzte sein. Und um die Wahrheit zu sagen, du warst auch in den vier Tagen, die ich hier in Sofia verbrachte, nicht die einzige.«
    {297} Hätte er ihr eine Ohrfeige versetzt, der Schlag hätte nicht schmerzhafter sein können. Ihr war, als gäbe der Boden unter ihren Füßen nach, doch sie versuchte, nicht zu wanken, und ging mit erhobenem Kopf und aufrechter Haltung weiter. »Da warst du ja stark beschäftigt«, bemerkte sie mit gespielter Gleichgültigkeit.
    »Mehr als du denkst. Erinnerst du dich an den Zigeuner?«
    Maria blieb unvermittelt stehen. »Wie bitte?«
    Max packte sie unsanft am Arm und zog sie weiter. »Halten wir nicht unnötig die Gruppe auf. Geh

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