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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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habe, werde ich in ein Warschau zurückkehren, das nichts mehr mit dem Warschau gemein hat, das ich vor fünf Jahren kannte.«
    »Ist es wirklich erst fünf Jahre her?«
    »Ja, Jan, fünf Jahre, seit ich zum erstenmal den Fuß in Ihr Büro setzte und Sie mich ablehnten, weil ich eine Frau war.«
    Er hob überrascht die Augenbrauen.
    »Sie denken wohl noch immer, ich hätte das nicht bemerkt. Aber ist schon gut, Jan, die Vergangenheit liegt hinter uns. Jetzt müssen wir nach vorne schauen und eine Zukunft finden, die uns eine Weile Sicherheit bietet. Wenn ich nach Warschau durchkomme, werde ich versuchen, irgendwie Kontakt mit Ihnen aufzunehmen …«
    »Nein, Maria, das ist zu gefährlich. Wenn Sie das Datum auf Ihrer Reiseerlaubnis erst einmal überschritten haben, wird Dieter Schmidt nach Ihnen fragen. Dann wird er mich ständig überwachen, um herauszufinden, ob ich von Ihnen höre. Es ist das beste, wenn wir keinen Kontakt aufnehmen.«
    »Aber wenn der Krieg zu Ende ist …«
    »Wenn
er eines Tages zu Ende ist. Wir werden sehen, Maria, wir werden sehen.«
    Überrascht von seiner plötzlichen Traurigkeit, wandte Szukalski sich jäh von Maria ab und räusperte sich, bevor er sich Keppler zuwandte. »Sie sehen aus, als hätten Sie beschlossen, wieder in die Schlacht zu ziehen, Hans.«
    Er trat aus dem Dunkel ins Licht, wo die anderen vier nun deutlich die graue Uniform der Waffen- SS sahen, in der er gekommen war. Sie war noch so sauber und makellos wie an dem Tag, als er sie abgelegt hatte. »Ja, Doktor, in meine eigene Schlacht. Anna und ich haben beschlossen, uns nach Rumänien durchzuschlagen. Wir halten dies für unsere einzige Chance.«
    »Durch die Berge und Wälder«, bemerkte Pfarrer Wajda.
    »Ja, Herr Pfarrer. Es ist Frühling. Anna und ich könnten es schaffen.«
    »Wie wollen Sie aus Sofia herauskommen?« erkundigte sich Szukalski.
    {331} »Heute abend werde ich mir von Dieter Schmidt ein Motorrad borgen.«
    »Borgen?«
    »Borgen«, wiederholte er mit einem Lächeln und hielt ein kleines Bleirohr hoch.
    »Ah ja«, sagte Szukalski und erinnerte sich wieder an den Morgen, als er in sein Büro kam und dort einen blutjungen, fast kindlich wirkenden Soldaten vorfand. In zweieinhalb Jahren war Hans Keppler zu einem stattlichen, gutaussehenden Mann herangereift, in dessen Augen sich die ganze leidvolle Erfahrung seines jungen Lebens widerspiegelte. »Ja …«, sagte Szukalski wieder.
    Er nahm sich einen Moment Zeit, um jedes Gesicht noch einmal zu betrachten. Dann meinte er leise: »Vielleicht wird niemand außerhalb der Stadt je erfahren, was wir in diesen letzten zweieinhalb Jahren hier in Sofia getan haben. Nur die Leute von Sofia selbst wissen, wie wir sie gerettet haben und wovor. Aber ich möchte, daß ihr alle wißt, wie stolz ich darauf bin, an eurer Seite für unser Volk gekämpft zu haben.« Die Stimme versagte ihm, und er mußte eine Pause einlegen, bevor er weitersprechen konnte. »Wie bei so vielen guten Dingen ist der Anfang schwierig und ungewiß und das Ende schmerzlich. Und von dieser Stunde an wird jeder für sich selbst sein und Gott für uns alle.«
    Sie umarmten sich ein letztes Mal und wünschten sich viel Glück. Dann verließen sie einer nach dem anderen die Krypta, um ihrem ungewissen Schicksal entgegenzugehen.
    SS -Rottenführer Hans Keppler stand im Schatten der Kosciuszko-Statue auf dem Marktplatz und beobachtete den Wachposten, der vor dem verschlossenen Tor des Fuhrparks auf und ab patrouillierte. Es war ein kleines, dem Gestapo-Hauptquartier angeschlossenes Lager, das früher den staatlichen Fuhrpark und die Stallungen der Stadt Sofia beherbergt hatte. Jetzt diente es als Garage für Schmidts Mercedes und die Militärfahrzeuge. Um ein Uhr morgens herrschte wenig Betrieb; alles war friedlich und ruhig.
    Endlich trat das ein, worauf Keppler gewartet hatte. Eine Außenposten-Wache fuhr auf einer Beiwagenmaschine vor und hielt an, um Meldung zu machen. Der andere Wachsoldat schob langsam das Rolltor auf und winkte den Motorradfahrer zu den Zapfsäulen hinüber. {332} Nachdem er das Zweirad aufgetankt und ein paar Worte mit dem Torwächter gewechselt hatte, begab sich der Außenposten-Soldat ins Hauptquartier.
    Das Tor zum Fuhrpark stand noch immer offen, und jetzt sah Keppler seine Chance. Er flitzte über den Marktplatz und stürmte in den Hof, wo er dem aufgeschreckten Wachposten durch wildes Fuchteln bedeutete, ihm zu folgen. Gleich darauf hielt er einen Finger vor den Mund, um

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