Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
Vom Netzwerk:
denn hinters Licht führen, wie eine schwere Erkrankung vortäuschen und damit durchkommen? Welcher Weg würde sich als …?
    Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    »Fleckfieber!« entfuhr es ihr laut, »Flecktyphus!« und als sie hörte, wie ihre Stimme die Dunkelheit erfüllte, hielt sie sich schnell eine Hand vor den Mund, um die Worte zurückzuhalten, die ihr schon über die Lippen gekommen waren.
    »Wie bitte?« brummte Max schläfrig. »Was hast du gesagt?«
    »Oh, ich …« Sie rollte die Augen aufgeregt hin und her. »›Fleckfieber‹ habe ich gesagt. Ich bin wohl ganz woanders gewesen, muß von einem Fall geträumt haben, mit dem ich heute zu tun hatte … Es tut mir leid. Habe ich dich geweckt?«
    Max öffnete ein Auge, und sie erkannte in der Dunkelheit, wie er schelmisch grinste. »Hast du denn wirklich gedacht, ich schlafe, wenn ich so neben dir liege?«
    Er streckte seine Arme nach ihr aus, zog sie auf sich und bedeckte ihren Mund mit einem fordernden Kuß. Unter seiner Hand, die sanft die Umrisse ihrer Brüste abtastete, fühlte er ihren rasenden Herzschlag und dachte, er sei der Grund dafür. Womit er allerdings nur zur Hälfte recht hatte.
     
    Edmund Dolata war ein kleiner, schmächtiger Mann mit schütterem Haupt und runden Schultern. Es gab eine Zeit, da war er als Bürgermeister der mächtigste und einflußreichste Mann von Sofia gewesen, aber nun war er nichts anderes als ein gewöhnlicher Bürger.
    Während er nervös auf den Kommandanten wartete, erkannte er sein altes Büro kaum wieder. Dieser Raum war einst sein Privatzimmer im Rathaus gewesen; inzwischen diente er Dieter Schmidt als Büro.
    Die gesamte Einrichtung war bis auf den Schreibtisch und den Sessel verschwunden, und es gab keine Sitzgelegenheit für Besucher. Dolatas Fotos und Gemälde waren durch ein einziges, riesiges Bild von Adolf Hitler ersetzt worden, das hinter dem Schreibtisch hing und von zwei breiten Hakenkreuzfahnen seitlich umrahmt wurde.
    Dolata nahm ein Taschentuch aus der Tasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er ahnte, warum Schmidt ihn vorgeladen hatte, denn er war kurz vor dem Morgengrauen, wie viele andere {110} Dorfbewohner auch, durch den dumpfen Knall einer Explosion in der Ferne aus dem Schlaf gerissen worden.
    Plötzlich trat Schmidt ein und schlug sich mit dem Peitschenstock, den er immer mitführte, gegen den Oberschenkel. Dolata zuckte zusammen und ließ sein Taschentuch fallen. »Dolata, ich habe Sie schon einmal gewarnt«, legte der Kommandant unvermittelt los. »Als ich in diese elende Stadt kam, habe ich Ihnen deutlich gesagt, daß ich keinen Widerstand von seiten der Bevölkerung dulden werde. Ich bitte Sie lediglich um Zusammenarbeit, und wie bedankt man sich dafür?« Dolatas Augen traten hervor.
    »Minen!« bellte Schmidt. »Man hat die Felder vor der Stadt vermint!«
    Dolata riß den Mund vor Staunen weit auf. »Ich weiß nicht, was …«
    »Heute morgen sind zwei meiner Leute von explodierenden Minen zerrissen worden!«
    »O mein G …«
    »Wer, glauben Sie, steckt dahinter, Dolata?«
    »Oh, Herr Hauptsturmführer, Sie nehmen doch hoffentlich nicht an, daß jemand aus Sofia das getan hat. Wo, um Himmels willen, sollten wir denn solche Minen auftreiben? Und selbst wenn jemand dazu in der Lage wäre, dann würde er es nicht wollen, das schwöre ich!«
    »Lügenbold! Ihre Leute werden dafür zahlen, Dolata.«
    »O bitte, Herr …«
    »Was schlagen Sie denn vor, was ich tun soll?« Schmidts Gesicht verzog sich zu einem hämischen Grinsen.
    Edmund Dolata versuchte rasch zu überlegen. Wenn Dieter Schmidt die Wahrheit sagte, dann konnte die Mine nur von jemandem gelegt worden sein, der um jeden Preis gegen die Deutschen kämpfte. Und der alte Bürgermeister hatte auch eine Vorstellung, um wen es sich handeln könnte.
    »Es gibt nur einen Weg, um gegen solche Aktivitäten vorzugehen, Dolata. Ihre Leute sollen spüren, was es bedeutet, auf eine Tretmine zu laufen.«
    »Bitte, warten Sie …« Der eingeschüchterte kleine Mann dachte an die Menschen, die sich in der Höhle versteckt hatten, und er wägte einen Augenblick zwischen dem Wert ihres Lebens und dem Tausen {111} der Einwohner von Sofia ab. Dann bedachte er aber auch, was Schmidt mit ihm anstellen würde, wenn er jetzt erst enthüllte, was er schon länger wußte, und deswegen verwarf er jeden Gedanken, die Höhle zu erwähnen.
    »Was werden Sie jetzt tun, Herr Hauptsturmführer?«
    »Ich möchte, daß Sie die

Weitere Kostenlose Bücher