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Nackige Engel

Nackige Engel

Titel: Nackige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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zum Ausgang. Erst als ich die Tür hinter mir wusste, drehte ich mich um, zog sie auf und verschwand. Draußen auf der Straße fackelte ich nicht lange, nahm die Beine in die Hand, rannte zu meinem Rad, sperrte es auf und schwang mich in den Sattel. Keinen Moment zu früh, denn der Haufen kam aus der Burg Berneck herausgestürmt. Ich zog auf dem Rad durch und hielt ein scharfes Tempo, bis ich die Isar überquert hatte. Dort fuhr ich wieder Richtung Giesing zu Wolfertshofers Refugium zurück.
    Auch wenn ich mich wacker geschlagen hatte, die Bilanz des heutigen Abends war armselig: Außer Spesen nichts gewesen.
    23
    Jetzt konnte mir nur noch einer helfen. Am nächsten Morgen versuchte ich Maik aufzutreiben. Seine Mutter sagte, er arbeite zur Probe bei der Gärtnerei. Ob das bis jetzt gehalten habe, könne sie aber auch nicht sagen. Ich wendete mich gleich an meinen alten Freund Hinnerk, der draußen auf dem Land in Astbach lebte. Hinnerk bestätigte, dass Maik mit einem Praktikum versuche, die sich daran anschließende Ausbildungsstelle bei der Gärtnerei zu bekommen, und gab mir die Nummer.
    Maik hörte sich meine Geschichte an und gab zu, dass er sich auch schon Gedanken um die NK und deren Beteiligung gemacht hatte. Trotzdem blieb er zögerlich.
    – Was sollte ich da für dich tun können?
    – Ich muss diesen Ben auftreiben und ihn mir zur Brust nehmen. Ich will wissen, was da gelaufen ist.
    – Das sagt sich so leicht. Du machst dir ja keine Vorstellung, in welche Klemme ich gerate, wenn das aufkommt. Als Verräter hast du keine ruhige Minute mehr.
    – Du bleibst außen vor.
    – Was muss ich tun?
    – Du kommst heute Abend in die Stadt, und wir suchen ihn. Mir reicht es, wenn du sagst, der ist es. Mehr will ich nicht.
    Maik überlegte.
    – Okay. Sieben Uhr.
    – Wo?
    – Theresienhöhe. Oben beim Pschorr-Keller. Sein Vater wohnt ums Eck in der Landsberger Straße, dort sollten wir es zuerst versuchen.
    Das war geregelt, und ich hatte eine weitere Chance, mir einen Informanten aus den NK herauszubrechen. Allerdings konnte ich ihn nicht zu Fuß vor mir hertreiben, wenn ich ihn in die Finger bekam. Ohne meinen Bus war das nicht zu machen.
    Ich meldete mich gleich bei Julius. Seine Stimme war von überquellender Traurigkeit. Er setzte da wieder ein, wo wir zuletzt aufgehört hatten. Und sofort schrumpfte meine Seele so gänsehäutig zusammen wie der Beutel eines Seemanns, dem der Polarwind in die Hosen bläst. Aber davon hatte ich nun die Schnauze voll. Schließlich galt es, eine schneidige Attacke zu reiten. Ich gab mich betont geschäftsmäßig.
    – Ich bräuchte meinen Bus.
    – Wo ist das Problem?
    – Er steht bei mir im Hof. Für mich vermintes Gelände.
    – Du meinst, ich soll ihn dir bringen?
    – Genau.
    Julius grunzte. Das klang schon entschieden besser. Wir verabredeten uns in seiner Mittagspause. Er würde den Bus zur Wittelsbacherbrücke bringen, wo ich auf ihn warten wollte.
    24
    Auch die Schwanthalerhöhe durfte sich einmal Arbeiterviertel nennen. Nicht dass man von dort aus auf ganz München herunterschauen könnte, aber doch auf die weitläufige Theresienwiese, wo sich Ende September die Bierfreunde aus aller Herren Länder zum kollektiven Besäufnis treffen. Dass auf diesem steinigen Feld vor allem zu Zeiten der Räterepublik die größten Demonstrationen stattfanden, hat nicht nur mit der Disziplin der Münchner Arbeiterklasse zu tun, die, statt Verkehr und Alltagsgeschäfte zu behindern, lieber auf freiem Gelände auf- und abmarschierte, sondern sicher auch mit den nahe gelegenen Wohnwaben. Man musste eigentlich nur die Schwanthalerhöhe hinuntergehen, um an einer machtvollen Kundgebung teilzunehmen. Ablenkungen und Versuchungen durch einen längeren Anmarsch war man nicht ausgesetzt.
    Die dicht nebeneinandergeschachtelten Wohnblocks waren in den engen Straßen mehr hingerotzt als gebaut worden. Knapp hundert Jahre später bot deshalb das Quartier seiner maroden Substanz und seines geringen Komforts wegen die günstigsten Mieten und wies bald den größten Ausländeranteil Münchens auf. Wo Fisch und Souflaki gegrillt werden, Wein und Raki fließen, in winzigen Import-/Export-Läden von der Knopfzelle bis zum Mückenschredder sämtliche Errungenschaften der modernen Welt angeboten werden, kommt auch der Inländer wieder herbei und interessiert sich für das abgelegte Viertel. So umschließt nun ein teurer Neubaugürtel den alten Kern, von dem aus man besuchsweise nachgucken kann, ob diese

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