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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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Apparaturen und der üppigen Freizeit, ich hingegen lebe in einer hochtechnisierten Wohnung und mit einem Geduldsfaden von geringer Reißfestigkeit.
    Doch dann fiel mir auf, dass es in meinem Kühlschrank zwei Schalter gibt: Mit dem einen kann man die Temperatur des Kühlschranks regeln, der andere ist für den Gefrierschrank – und zwar ausschließlich dafür. Wenn ich also bei dem einen die Temperatur herunterregele und den anderen auf AUS stelle, kann ich meine Lebensmittel vermutlich weiterhin kühl, wenn auch nicht eiskalt lagern. Das war’s! Ich beschloss, den Gefrierschrank auszuschalten. Den restlichen Inhalt der Ginflasche mixte ich zu einem bestimmt vierfachen Martini, dann schüttete ich die verbliebenen Erbsen in einen Topf mit kochendem Wasser und warf die Eiswürfelschalen in die Spüle. Um den Gefrierschrank ordentlich auszulüften, bevor er warm wurde, ließ ich die Tür offen stehen. Geschafft.
    Während ich an der Küchentheke saß und den Rest des eiskalten Alkohols schlürfte – ich spürte bereits, wie die Adern an meinen Schläfen anschwollen und meine Leber rebellierte –, schweifte mein Blick über das kahle blanke Innere des Gefrierschranks. Es sah aus wie eins dieser abstrakten Weiß-auf-Weiß-Gemälde von Kasimir Malewitsch – sehr nüchtern und kein bisschen inspirierend. Und trotzdem fühlte ich mich irgendwie inspiriert, bereit, frische Sachen zu kochen und Reste tatsächlich aufzuessen, anstatt sie bis zum Gefrierbrand aufzubewahren, bereit, Geld bei der Stromrechnung zu sparen, bereit, es diesen Haushaltsgeräteherstellern zu zeigen, ich wollte am liebsten auf die nächste Apfelsinenkiste steigen und eine flammende Rede darüber halten, wie sehr der Eisschrank überschätzt wird!
    20. APRIL , 51. TAG
    Müll auflesen, wann immer ich ihn sehe
    Es gibt da einen merkwürdigen Typen in Toronto, der etwa in meinem Alter ist. Er heißt Mark, aber die meisten Menschen nennen ihn nur den Saubermann. Er läuft den ganzen Tag in der Stadt herum, liest herumliegenden Abfall auf und steckt ihn in einen Müllsack. Das handgeschriebene Plakat auf seinem Rücken erklärt dazu, dass er früher auf der Straße lebte, bis er beschloss, seine Zeit sinnvoller zu nutzen als damit, nur herumzuhocken und um Kleingeld zu betteln. Man trifft ihn in jedem Viertel an, wie er sich bückt, um aufzuheben, was so herumliegt, mit Ausnahme vielleicht von solchem Kleinkram wie Kaugummipapier oder Zigarettenkippen. Er nimmt Spenden an, bittet aber nicht darum. Was er tut, ist großartig – nicht nur, dass er es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Stadt sauber zu halten. Er führt uns anderen auch vor Augen, dass unabhängig davon, wie viele Reinigungskolonnen mit motorisierten Müllsaugern und gasbetriebenen Kehrmaschinen die Stadtverwaltung auch ausschickt, wir immer noch genug Dreck fabrizieren, dass ein junger Mann wie Mark seine Tage damit ausfüllen kann, Abfall zu sammeln. Ja, es gibt davon solche Mengen, dass er oft Stunden braucht, bevor er auch nur eine Querstraße weiterkommt.
    Aber ich will nicht auf die Stadtverwaltung von Toronto schimpfen. Es gibt hier durchaus eine Menge ökologischer Initiativen, etwa die wöchentliche Leerung der Biotonnen, Altglas- und Papiercontainer (Hausmüll wird nur alle zwei Wochen abgeholt). Außerdem werden im Frühling, Sommer und Herbst die Gartenabfälle eingesammelt, der entstandene Mulch wird dann an all jene verteilt, die sich bei einem der vielen Umwelttage einfinden, die die Stadträte in ihrem jeweiligen Wahlbezirk mehrmals im Jahr veranstalten. Dann gibt es noch ein ziemlich neues Projekt: 20 Minuten für ein sauberes Toronto. Alle Einwohner sind aufgefordert, am 20. April um 14 Uhr alles stehen und liegen zu lassen, sich einen Müllsack und Handschuhe zu schnappen und zu tun, was Mark den lieben langen Tag tut: 20 Minuten Abfall sammeln. Man kann sich im Rathaus sogar ein kostenloses Müllsammelset abholen.
    Ich dachte mir natürlich, das würde sich prima als Öko-Maßnahme eignen, aber dafür durfte ich es natürlich nicht bei einer zwanzigminütigen Aktion bewenden lassen – ich würde mich verpflichten müssen, künftig sämtlichen Abfall aufzuheben, der mir vor Augen kam, egal, wo ich war oder was ich gerade tat. Das stellte ich mir zwar lästig, aber durchaus machbar vor. Schließlich besteht Abfall ja meist aus zusammengeknüllten Zeitungen, leeren Kaffeebechern und seltener dem Rest eines belegten Baguettes (zumindest scheinen die Menschen im Film immer

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