Nackt schlafen ist bio
Tatsache ist nun mal, dass ich mein Auto nicht innig genug liebe, um meinem Sündenregister noch Autofahren hinzuzufügen. Ich werde meinen Bugaboo stets in bester Erinnerung behalten, aber die finanzielle Belastung fing an, mich zu erdrücken.
Was mir jedoch letztlich die Kraft gab, ihn tatsächlich bei Craigslist, dem Marktplatz von Facebook und bei AutoTrader.ca zum Verkauf anzubieten, war meine jüngste Erkenntnis, dass nicht alle großen Veränderungen große Einschnitte bedeuten müssen.
Nehmen wir zum Beispiel meinen Kühlschrank.
Als ich den Stecker zog, packte mich erst einmal Angst. Ich hatte mein Leben lang immer einen Kühlschrank gehabt und befürchtete, angesichts meiner Unwissenheit, was Konservierungsmethoden und natürliche Haltbarkeit betraf, würden mir Unmengen an Lebensmitteln verderben. Doch nach einer kurzen E-Mail-Beratung durch Greenpa vom Little Blog in the Big Woods , der, ob Spinner oder nicht, seit 30 Jahren kühlschranklos glücklich ist, wurde mir klar, wie wenige meiner Lebensmittel tatsächlich kühl gelagert werden müssen. Mit Ausnahme von Mayonnaise braucht keine einzige Würzsauce im Kühlschrank aufbewahrt zu werden, sofern man sie binnen acht oder zwölf Monaten verbraucht. Obst sollte ohnehin nicht gekühlt werden, es braucht vielmehr warme Luft, um zu reifen. Gemüse wie Paprika, Zucchini, Kartoffeln, Kürbis, Zwiebeln etc. benötigen keine Kühlschrankkälte, ebenso wenig Eier, die ja sowieso den größten Teil ihres Lebens unter einer warmen Glucke verbringen. Karotten, so habe ich entdeckt, halten sich ein paar Tage lang, wenn man sie mit Wasser bedeckt lagert, und ähnliche Erfolge habe ich mit Spinat- und Grünkohlsträußen erzielt, die ich in Vasen am Fenster aufgestellt habe. Mit Milch ist es schwieriger, doch in letzter Zeit trinke ich ohnehin meistens Reis-, Soja-, Hanf- oder Mandelmilch, die ungekühlt mindestens 72 Stunden haltbar ist. Hummus und Dips sind ebenfalls eine größere Herausforderung, aber dadurch bin ich gezwungen, sie selbst herzustellen, was meist auch besser schmeckt. Ich vermisse kaltes Wasser und gekühlten Pinot Grigio, doch es bleibt mir immer noch die Möglichkeit, ein paar Flaschen Bier im Toilettenspülkasten zu lagern und auf Rotwein umzusteigen. Butter? Dass Butterglocken erfunden worden sind, hat seinen Grund: Sie halten die Butter nicht nur wochenlang frisch, sondern geben ihr zudem die perfekt streichfähige Konsistenz. Käse? Auch für die Erfindung des Käsetuchs gab es einen Grund. Dasselbe gilt für Brotkästen. Und Fleisch? Nun ja, hier muss ich ausnahmsweise passen, aber das heißt nur, dass ich meinen Hamburger an dem Tag kaufen muss, an dem ich ihn essen will, was kein allzu großer Aufwand ist, weil ich nur ein paar Straßen vom Bio-Metzger entfernt wohne.
Die ganze Sache hat sich als so durchschlagender Erfolg erwiesen, dass ich mir schon fast überlege, eine Art Kochbuch für die kühlschrankfreie Küche zu schreiben. Es ist auch eine der Veränderungen, die immer wieder offenes Erstaunen hervorrufen, wenn man Leuten davon erzählt – keiner kann glauben, dass ich so etwas wirklich getan habe, und ich werde dann mit Fragen gelöchert, die meistens so beginnen: »Und was ist mit …?« Schließlich wird ihnen klar, dass es stimmt, dass ich wirklich meinen Kühlschrank ausgesteckt und es überlebt habe, um aller Welt davon zu künden. Und es plagen mich auch weder Reue noch Gelüste oder Kolibakterienvergiftungen. (Allerdings habe ich mich neulich bei meinen Eltern über einen ganzen Karton gekühlten Vanillejoghurt hergemacht, vielleicht sind meine Gelüste also nur unterdrückt.)
Hingegen sind es all die kleinen Veränderungen – die, von denen ich eigentlich dachte, sie würden sich mit links umsetzen lassen – diejenigen, die mir am meisten zu schaffen machen. Der Umstieg von Glühbirnen auf Energiesparlampen zählt dazu, aber noch viel mehr nervt mich, dass ich jeden Milliliter übrig gebliebenes Spül-, Koch- oder sonstiges Brauchwasser für meine Topfpflanzen aufheben muss. Oder dass ich der Kassiererin beim Einkaufen jedes Mal sagen muss, sie soll mir bitte keine Quittung ausdrucken, und wenn die Kasse auf automatischen Quittungsausdruck programmiert ist, muss ich dann fragen, ob sie den Zettel recyceln können, und wenn nicht, muss ich das selbst tun oder ihn anderweitig weiterverwenden.
Es sind diese kleinen Maßnahmen, die mir wirklich das Leben sauer machen, vielleicht weil sie gegenüber dem großen Ganzen
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