Nackt schlafen ist bio
dabei.
So lautet der Slogan von Home Depot, dem Heimwerker-Mekka, wo man nützliche Dinge wie Dampfkochtöpfe und Handtücher im Set erstehen kann, aber auch total langweiligen Kram wie Gips- und Fiberglasplatten. Wenn es überhaupt den Hauch einer Chance gibt, mich an einem solchen Ort anzutreffen, dann normalerweise bei den Stoffmustern in der Abteilung Farben und Dekoration, wo ich vor einem pastellfarbenen Martha-Stewart-Farbenmosaik vor mich hinträume und mir ausmale, wie meine Schlafzimmerwände wohl in Farnkrautgrün oder Nudelholzbeige aussehen würden.
Doch heute Nachmittag stöberte ich nicht in der Abteilung Inneneinrichtung, sondern befand mich faktisch am anderen Ende, in Gang 2, bei Baustoffe/Holz. Obendrein trug ich einen schwingenden geblümten Rock und Pumps mit kleinem Absatz, mit denen ich ziellos hin und her klapperte, sodass ich ein bisschen konfus und verloren wirkte – was mir nicht schwerfiel, denn ich war tatsächlich konfus und verloren.
In meinem Öko-Jahr war nunmehr der Zeitpunkt gekommen, keine Nahrung mehr wegzuwerfen, sondern sie zu kompostieren – mithilfe von Würmern. Es klingt vielleicht abstoßend, dass ich fünf Dutzend Würmer einladen will, mit mir zusammen in einer 65-Quadratmeter-Wohnung zu leben, aber noch widerlicher ist es, sich mit gärenden oder faulenden Essensresten, Schimmelschichten und Fruchtfliegeninvasionen herumzuärgern. Wenn in diesem Sammelsurium von Abscheulichkeiten auch Würmer dabei sind, wird zumindest alles viel schneller zersetzt, es stinkt weniger, und am Ende entsteht natürlicher Dünger für meinen Kräutergarten auf dem Balkon.
Zwar gibt es in der Home-Depot-Gartenabteilung auch eine fertige Kompostiereinheit, aber a) ist sie riesig, b) vollständig aus Plastik und c) kostet sie ab 100 Dollar aufwärts. Ich habe im Internet nach anderen Varianten gesucht, aber mit wenig Erfolg, wenn ich nicht weit hinaus in die Pampa fahren will. Also entschied ich mich, die Ärmel hochzukrempeln und meine Wurmkiste Brett für Brett aus echtem Holz selbst zu zimmern.
Nach einer ersten Recherche in verschiedenen Öko-Blogs schickte ich Colin, dem No Impact Man, eine E-Mail und bat ihn um ein paar Tipps. Da er wie ich in einer Großstadt unter relativ beengten Verhältnissen lebt, konnte er mir vermutlich die vernünftigsten Ratschläge geben. Seine Kompostkiste, so erklärte er mir, sei im Grunde nichts anderes als eine Holzkiste, die er auf der Straße aufgelesen hatte. Er habe einfach Erde, zerkleinertes Zeitungspapier und Riesen-Rotwürmer hineingetan und dann allmählich damit angefangen, Nahrungsmittelreste hinzuzugeben. Dabei habe er immer den Deckel geschlossen gehalten. Ich müsse nur dafür sorgen, dass der Kompost gut durchlüftet und hin und wieder umgewälzt werde. Auch solle ich nur streng vegane Abfälle hineingeben – die einzige Ausnahme seien Eierschalen – und im Hinterkopf behalten, dass Kaffeesatz, Fusseln aus dem Trockner und Katzenhaare nichts schadeten, aber Zitrusfrüchte in nur sehr geringem Maß hinzugefügt werden dürften, damit die Erde einen gesunden pH-Wert bekam und nicht zu sauer wurde.
Klang ein bisschen einschüchternd, aber im Großen und Ganzen recht vernünftig. Andere ausgebuffte Kompostierer erwähnten in ihren Blogs, dass man eben einfach experimentieren müsse.
Ich entschied, dass eine schlichte Kiste mit engmaschigem Drahtgeflecht als Trenngitter reichen würde, vielleicht mit einem Schiebeblech darunter, um die Wurmexkremente aufzufangen. Und so legte ich zwischen der Pressevorführung eines neuen Hollywood-Blockbusters und einer Besprechung im Büro einen Zwischenstopp am Home Depot ein.
Dort stand ich nun in Rock und Pumps vor riesigen Bretterstapeln, meine Füße waren schweißnass, während meine Beine eiskalt wurden, so lächerlich fehl am Platz fühlte ich mich. Also mal im Ernst, was machte ich, ein Großstadtgewächs aus einem Großraumbüro mit zwei linken Händen, hier in diesem Vorstadt-Baumarkt, umzingelt von orangefarbenen Schurzen und Bohreraufsätzen? Plötzlich kam mir dieses ganze Do-it-yourself-Gerede verlogen vor – ich konnte es einfach nicht. Mir war nicht zu helfen.
Genau in diesem Moment bewegte sich einer der orangefarbenen Schurze auf mich zu, und als er näher kam, konnte ich lesen, dass die darinsteckende Person Bruce hieß – jemand hatte mit einem schwarzen Filzstift in Großbuchstaben BRUCE in die linke obere Ecke geschrieben. Ich blickte auf und sah in das gerötete, aber
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