Nackt schlafen ist bio
anderer Leute Kinder in meinem Blog abzubilden, egal, ob sie Saft tranken oder illegale Substanzen inhalierten.
Nach mehr als einer halben Stunde Suche war ich immer noch nicht fündig geworden und hatte fast schon vergessen, was ich wollte. Da fiel es mir ein: Im Grunde wollte ich ein Bier.
Leider pflegt Bier in Flaschen oder Dosen abgefüllt zu sein. Wollte ich meinen Bierdurst stillen, musste ich daher in die nächste Bar gehen, mich an den Tresen schieben, ein Bier bestellen und dann schweigend trinken, während im Hintergrund wahrscheinlich gedämpfte Stadiongesänge aus dem Fernseher drangen, weil ein Fußballspiel übertragen wurde. Mir kamen Zweifel, ob ich das allein durchstehen konnte, ohne in Depressionen zu verfallen.
Allerdings mache ich in puncto Alkohol ohnehin bereits einige Ausnahmen: Selbst wenn es in einem Restaurant keinen Bio-Wein oder Wein aus Nordamerika gibt, bestelle ich mir ein Glas; ich entscheide mich dann lediglich für Frankreich als Herkunftsland anstatt Australien oder so. Und da ich definitiv weiter Wein trinken werde, egal, ob er sich vorher in einer Flasche oder einem Tetrapak befand, denke ich mir, dass dieser grüne Freifahrschein auch für Bier gelten könnte.
Ich weiß, dass meine abstinenten Leser daran Anstoß nehmen und mir entgegenhalten werden, Alkohol sei überflüssiger Luxus, insbesondere in einem solchen Öko-Jahr, in dem ich gleichzeitig dem Planeten Gutes tun und meine Lebensweise positiv verändern will. Doch auch wenn Alkohol für mich nicht überlebensnotwendig ist, ist seine Bedeutung für den Erhalt meiner geistigen Gesundheit nicht zu unterschätzen – wenn ich weiterhin Dinge tue wie den Kühlschrank außer Betrieb setzen, ein Bettlaken zu Taschentüchern zerschneiden, mein Auto verkaufen und in meinem Wohnzimmer eine Wurmkiste bauen, werde ich danach todsicher einen darauf heben. Prost.
Was mein Gewissen mehr plagt, als den grünen Regelkatalog hin und wieder zugunsten eines guten Schlucks zu ignorieren, ist die Tatsache, dass ich jeden Tag mehrmals dagegen verstoße, und das nur, weil ich nicht zu Hause bin. Ich mache jetzt seit einer Woche Urlaub und musste bereits unzählige Male bei meinen Ernährungsgrundsätzen fünf gerade sein lassen, weil nicht ich darüber entscheide, wo wir essen gehen. Ich schlafe nicht nackt, weil ich mir das Hotelzimmer und manchmal sogar das Bett mit meiner Schwester teile. Meine Stoffeinkaufstaschen passen nicht immer in mein Handtäschchen, weshalb ein paar Einkäufe bereits in Einwegtüten gelandet sind, und ich weiß, dass ich, wenn ich morgen nach Ramallah aufbreche, wahrscheinlich wieder Wasser aus Flaschen trinken werde, weil Leitungswasser zu riskant sein könnte. Vor allem Letzteres wird mir heftige Gewissensbisse machen, wann immer ich etwas gegen meine Austrocknung unternehme, denn ich kurbele mit jedem Schluck auch die Nachfrage nach Plastik an. Aber da die Alternative wohl Ruhr heißt und noch quälender sein dürfte als Gewissensbisse, steht meine Entscheidung fest. Ich hoffe nur, dass Israelis und Palästinenser zumindest ansatzweise mit dem Recycling-Prinzip vertraut sind.
16. JULI , 138. TAG
Hiesige Blumen aus fairem Handel kaufen
Nachdem wir in Großbritannien im Eiltempo die Runde bei nahen Verwandten, entfernten Verwandten, mir bisher unbekannten Verwandten und Verwandten, auf deren Bekanntschaft ich auch weiterhin gut hätte verzichten können, gemacht hatten, kam ich mit meiner Schwester in Israel an – besser gesagt, im von Israel besetzten Teil des Palästinensergebiets im Westjordanland, wo mein Freund Jacob wohnt.
Es war 1.30 Uhr, stockfinstere Nacht. Wir hatten die berüchtigte Befragung bei der El-Al-Fluggesellschaft hinter uns gebracht (eine meiner Freundinnen musste einmal auf Hebräisch einen Kinderreim singen, bevor sie ins Flugzeug gelassen wurde), anschließend weitere Befragungen beim Zoll in Tel Aviv und waren dann eine Stunde lang mit dem Taxi die Mauer entlang bis zum Grenzübergang Kalandia gefahren, hinter dem die Stadt Ramallah liegt. Zwar hatte ich erwogen, öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen, damit nicht allein wegen uns beiden eine Stunde lang Abgase in die Luft gepustet werden mussten, aber meine Mutter war nicht gerade begeistert von der Vorstellung gewesen, dass ihre beiden Töchter mitten in der Nacht mit dem Bus durch ein Land fuhren, in dem Terroranschläge noch immer mehr oder weniger zum Alltag gehörten. Und nachdem mir Jacob erklärt hatte, dass ich dafür mit
Weitere Kostenlose Bücher