Nackt schlafen ist bio
Sammelstellen für Müllrecycling gebe. Er verneinte, setzte aber hinzu, dass in Umweltfragen beide Seiten ähnlich ignorant seien. Die Gedankenlosigkeit im Umgang mit Müll mache nicht vor der Grenze halt.
»Hier tun alle so, als wären sie in Nordamerika, und konsumieren den ganzen Scheiß – und dann sieht man bei einer Wanderung in Galiläa ständig Kleenexschachteln auf dem Boden liegen und Müll in den Ästen hängen. Das ist ziemlich widerlich.«
Am nächsten Tag stellten wir uns auf einen typischen Touristenausflug ein, doch dann schlug Jacob vor, irgendwo zwischen Altjerusalem und dem Toten Meer in einem der Viertel haltzumachen, wo ich die bescheidene, aber pragmatische Recycling-Infrastruktur persönlich in Augenschein nehmen konnte. Meine Schwester war weniger begeistert – sie wollte lieber am Badestrand ihre Sonnenbräune perfektionieren, anstatt lästige Pflichten zu erfüllen –, aber ich hielt es für eine großartige Idee und setzte mich durch. Wir trugen sämtliche leeren Plastikflaschen aus der Wohnung zum Auto und warfen sie in den Kofferraum (weder Weißblech noch Glas wurde angenommen, und Papier hatte Jacob gerade erst weggebracht), dann fuhren wir los.
»Okay, haltet Ausschau nach einem Drahtkäfig«, sagte er irgendwann, nachdem wir die Grenze passiert hatten und etwa zehn Minuten später in die Wohnstraße einer schnieken Vorortsiedlung eingebogen waren.
Ein Drahtkäfig? Hier?
»Sie sind nicht extra gekennzeichnet oder so. Ich fahr normalerweise einfach rum, bis ich einen entdecke.«
Ich kam mir vor wie auf der Jagd. Auf der Jagd nach Recycling-Möglichkeiten. Aufregend!
Wir fuhren an einer Grundschule vorbei, dann an ein paar Einfamilienhäusern. Aber es gab nirgendwo Geschäfte und definitiv keinen Hinweis, wo sich ein Recycling-Container befinden könnte.
»Da ist einer!«, rief Jacob, machte einen scharfen Schwenk nach links, wendete und fuhr zurück. Ich schaute mich um, wusste aber immer noch nicht, wovon er sprach.
Schließlich sah ich ihn. Es war wirklich nur ein großer, etwa eins achtzig hoher Käfig ohne jede Beschriftung, ohne Kennzeichnung oder sonst irgendeinen Hinweis, dass man hier seinen Plastikmüll einwerfen konnte – außer eventuell der Tatsache, dass er dunkelgrün war und bereits bis auf einen halben Meter Höhe mit leeren Flaschen gefüllt war. Wir warfen unseren Kram durch das Loch auf der Vorderseite, Emma fotografierte uns für mein Blog, und kaum eine Minute später waren wir wieder unterwegs, aus dem Radio plärrte Arabo-Pop, und wir diskutierten, ob wir den Wunsch der Mitfahrerin auf dem Rücksitz erfüllen sollten, die sich den Bauch mit einem McShawarma vollschlagen wollte.
Angesichts der Mühe, die sich Jacob mit seinem regelmäßigen Recycling machte, lächelte ich still in mich hinein; es war umständlich, aber das würde ich wahrscheinlich auch auf mich nehmen, wenn ich hier leben würde. Wobei junge Nordamerikaner wie wir natürlich mit dem Recyclingprinzip groß geworden sind. Viele Leute befolgen es aber trotzdem nur, wenn es keine große Mühe erfordert, und das hiesige System – ein unbeschrifteter Drahtkäfig in einem abgelegenen Viertel ausschließlich auf der anderen Seite der Grenzmauer – machte es einem nicht gerade leicht. Zudem konnte es sehr gut sein, dass die Umweltverschmutzung durch das viele Herumfahren, bis man so ein verflixtes Ding gefunden hatte, den ganzen ökologischen Nutzen sowieso zunichtemachte.
20. JULI , 142. TAG
Nur ökologische Milchprodukte und labfreien Käse verzehren
Milch ist ein sehr heikles Thema.
Es gibt Veganer, die es ablehnen, Milchprodukte zu sich zu nehmen, weil sie glauben, dass die Kühe schlecht behandelt werden. Es gibt Ernährungswissenschaftler wie Meghan, die Milchprodukte unter allen Umständen meiden, weil Spurenelemente von Hormonen oder Eiter darin enthalten sein können und ihre Verdauung unseren Darm überfordern kann, insbesondere wenn das Enzym Laktase träge arbeitet. Dann gibt es Menschen wie meinen Freund Matt, der in Paris lebt und vermutlich in Panik geraten würde, wenn man ihm seinen sechs Jahre alten Camembert zu seinem Beaujolais verweigern würde. Außerdem gibt es die Milchbauern, die selbstverständlich zutiefst davon überzeugt sind, dass Milchtrinken etwas ganz Natürliches ist. Und mal ehrlich: Was wäre diese Welt ohne Eiscreme?
Aber dann erzählte mir meine Freundin Kate, die vor kurzem in London ihre Ausbildung an einer Restaurantfachschule beendet hat und
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