Nackt schlafen ist bio
mit welchem fahrbaren Untersatz.
Meinen Großvater – der sich neuerdings »G-Dad« nennt – braucht man hingegen nicht zu körperlicher Ertüchtigung zu ermutigen. Der Mann steht jeden Morgen bei Tagesanbruch auf und marschiert die vier Meilen zum Strand und zurück in einem Tempo, bei dem selbst ein geübter Schnellgeher kaum mithalten könnte. Oft rudert er mit seinem Boot, das im Hafenbecken vertäut ist, zum Angeln aufs Meer hinaus und kommt rechtzeitig zum Abendessen mit frischem Kabeljau oder Makrelen zurück.
Kaum waren wir in Whitburn angekommen, setzten wir uns ins Wohnzimmer meiner Großeltern, wo mir mein Großvater erzählte, wie begeistert er von meinem grünen Projekt sei und dass er eifrig mein Blog lese. Zuerst war ich überrascht, dass er überhaupt davon wusste, dann fiel mir ein, dass mein Vater ihm letztes Jahr einen Laptop mit Internetverbindung eingerichtet hatte. Es stellte sich heraus, dass mein Großvater ein regelrechter Computerfreak geworden ist und inzwischen mithilfe von Google Earth die Koordinaten ergiebiger Fischgründe ermittelt. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich mich zwar bisher recht wacker geschlagen hatte, es jedoch schwierig sei, fern der gewohnten Umgebung in einem fremden Land umweltfreundlich zu handeln.
»Aber weißt du«, sagte ich und schaute mich um, »du und Großmutter, ihr lebt hier eigentlich auch sehr umweltfreundlich, du fängst den Fisch selbst, den ihr esst, und ein Auto habt ihr auch nicht.«
»Ja, schon«, meinte Großvater, »das stimmt. Und es gibt noch etwas: Du wirst erfreut sein zu hören, dass ich nie dieses Weißbrot aus dem Lebensmittelgeschäft gegessen habe, obwohl es billiger ist, weil ich weiß, dass dieses weiße Mehl und das alles nicht so gut für einen ist. Und ich fahr nicht nur raus und angle uns unseren Fisch, ich jage auch Kaninchen und schmore sie. Besser als Huhn … du magst doch Kaninchen, Schatz?«
»Ähm, na ja«, erwiderte ich, »ich hab nie eins gehabt, jedenfalls nicht auf dem Teller. Aber großartig, dass ihr versucht, euch ökologisch bewusst zu ernähren.«
»Ach, nennt man das jetzt so?«
Gerade in diesem Moment kam Großmutter aus der Küche und schaltete sich in unser Gespräch ein. Sie wies darauf hin, dass sie in der schweren Wirtschaftskrise und im Krieg gar keine andere Wahl gehabt hätten, als sich von dem zu ernähren, was vor Ort verfügbar war. Wer keinen eigenen Gemüsegarten hatte, bekam eine Parzelle in einer Art Gemeindegarten zugewiesen, weil Lebensmittel immer knapper wurden. Die Kleidung wurde in dieser Zeit meist zu Hause selbst gestrickt und genäht und möglichst an die nachfolgende Generation weitergereicht. Kaum jemand hatte ein Auto, und Urlaub kannte man überhaupt nicht.
Da wurde mir klar, dass ich mir ab sofort jegliches Selbstmitleid verkneifen sollte. Ich hatte nicht das Recht, mich über die Strapazen eines umweltfreundlichen Lebens zu beschweren, wenn viele Leute nur deshalb einigermaßen über die Runden gekommen waren, weil sie klaglos all das taten, was ich jetzt tue, und noch viel mehr. Der ökologische Fußabdruck meiner beiden Großeltern zusammen war wahrscheinlich nur ein Zehntel so groß wie meiner, egal, wie viele umweltfreundliche Veränderungen ich noch vornahm.
Als wir uns nach dem Essen verabschiedeten, bedankte ich mich bei meinen Großeltern für die frische Luft und das noch frischere Speisenangebot und versprach, sie auf dem Laufenden zu halten, wie sich meine Bio-Tomatenstaude auf dem Balkon entwickelte.
»Aber tu mir bitte noch einen Gefallen, Großvater«, sagte ich. »Lass diese netten Häschen in Ruhe.«
15. JULI , 137. TAG
Keine in Flaschen oder Tetrapaks abgefüllten Getränke mehr
Immer wenn ich für einen Blogeintrag ein Foto brauche, suche ich bei Google Images – das ist am unkompliziertesten – oder bei Flickr, wo qualitativ bessere, eher künstlerische Aufnahmen zu finden sind. Das ist zudem angenehmer, weil bei jedem Foto gleich vermerkt ist, ob man es in ein Blog einfügen darf, und weil es sich leicht verlinken lässt. Heute brauchte ich das Bild eines Getränke-Tetrapaks, also loggte ich mich ein und tippte »Getränke-Tetrapaks« ins Suchfeld. Manchmal bekomme ich nicht gleich das, was ich brauche, auf den Bildschirm, bei »Gras« beispielsweise waren es bekiffte Teenager statt eines Rasens. Diesmal lieferte mir die Suche vor allem Bilder von kleinen Kindern, die mit Strohhalmen aus Getränke-Tetrapaks tranken. Mir war nicht wohl dabei,
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