Nackt schlafen ist bio
Cafeteria stammte möglichst aus regionaler Erzeugung, in den Zimmern gab es nur Kompaktleuchtstofflampen und naturreine Toilettenartikel in recycelbaren Verpackungen, Bettwäsche und Handtücher wurden nur ausgetauscht, wenn man sie auf dem Boden oder in der Wanne liegen ließ.
Keiner dieser ökologischen Vorzüge änderte allerdings etwas an der Tatsache, dass Banff nicht gerade um die Ecke liegt, sondern in Alberta – und das bedeutete, ein weiterer Flug. Genauer gesagt, ein Flug von 1 682 Meilen nach Calgary plus 90 Meilen Busfahrt in den Norden. Selbst wenn ich die Emissionen ausglich, hieß es doch, dass ich in diesem meinem sogenannten Öko-Jahr mehr flog und fuhr als manche Leute in ihrem ganzen Leben.
Doch allein Mutter Natur zuliebe konnte ich diese Chance nicht ausschlagen. So sehr ich sie auch liebe, aber das war etwas, was ich unbedingt machen wollte. Ich musste einfach fahren, musste mir diese Erfahrung gönnen, trotz des Tributs, den es von der Umwelt forderte – und eben einfach mein Allerbestes geben, damit mein ökologischer Fußabdruck so klein wie möglich blieb.
Als ich mich nach der Ankunft in meinem Zimmer einrichtete, fiel mein Blick auf das »Bitte nicht stören«-Schild an der Tür. Man hatte mir gesagt, dass die Zimmer täglich in Ordnung gebracht würden, was hieß, dass mindestens der Müll entsorgt und Staub gesaugt wurde. Und so beschloss ich, das »Bitte nicht stören«-Schild an der Tür hängen zu lassen, egal, ob ich mich darin aufhielt oder nicht, um überflüssiges Reinemachen zu vermeiden.
Zu meinem Entsetzen musste ich aber bald feststellen, dass das Hauspersonal im Banff Centre ganz anders war, als ich es erwartet hätte – dort putzen hauptsächlich attraktive junge Männer, die etwas dazuverdienen wollen, um sich ihr Hobby Ski- und Snowboardfahren zu finanzieren. Als ich eines Morgens aus meinem Zimmer trat, erstarrte ich buchstäblich beim Anblick eines Typen in engem Polohemd und Khakihosen, der aussah wie ein Model von Abercrombie & Fitch und einen Karren mit Toilettenpapier und Kaffeefiltern den Gang entlangschob.
Ob ich ein anderes Schild an die Tür hängen sollte: »Bitte nicht stören, außer Sie haben Lust auf einen Drink«?
27. SEPTEMBER , 211. TAG
Natürliche Kochsalzlösung statt Mehrkomponenten-Augentropfen
Ich habe von Mitte August bis zum ersten Frost im Dezember eine ziemlich heftige Allergie gegen die Beifußblättrige Ambrosie. Als ich beim Hautarzt war und er mit einer Lanzette und einem Tropfen Ambrosien-Öl den Pricktest bei mir machte, sagte er, um mir eine Allergie zu attestieren, müsse sich die Haut an meinem Unterarm etliche Millimeter um den Einstich herum röten. Zehn Minuten später hatte ich am ganzen Arm – vom Handgelenk bis zur Schulter! – einen grässlichen juckenden Ausschlag.
Nun, da die Ambrosien-Saison begonnen hat, versuche ich, meine Symptome möglichst ökologisch in den Griff zu bekommen. Das heißt, ich habe mir nacheinander sechs Spritzen geben lassen, anstatt täglich Tabletten zu nehmen; damit reduziere ich den Verpackungsmüll und vermeide, dass Antihistamine von mir ins Abwasser und damit irgendwann in Bäche und Seen gelangen. Ich benutze eine Nasendusche anstelle von Steroid-Nasensprays; und ab heute stelle ich mir eigene Augentropfen aus einer Kochsalzlösung her, statt die Mehrkomponenten-Augentropfen zu kaufen.
Allerdings bin ich nach dem Anblick der Verwüstung, den meine Wohnung nach meiner Rückkehr aus Banff bot, noch unentschieden, ob ich mir meine Sehkraft überhaupt erhalten will.
Vor einer Woche hatte ich meine Schwester gebeten, sich um Sophie und meine Wohnung zu kümmern. Nach der positiven Erfahrung im Sommer mit Justin als Haussitter hatte ich gedacht, es reiche, wenn ich dieselben Hinweise noch einmal ausdrucke und sie Emma hinlege. Es ging ja nur um eine Woche, selbst wenn sie da mal vergaß, die Pflanzen zu gießen oder die Sachen fürs Recycling rauszustellen, war das keine Katastrophe. Außerdem hatte ich gerade eine neue Naturkostkiste geliefert bekommen, es war also reichlich zu essen im Haus. Ich hatte sogar den Kühlschrank wieder eingesteckt, damit meine Schwester Tag und Nacht ihrer Vorliebe für eisgekühlten Pinot Grigio frönen konnte. Da ich die ganze Woche über keinen Pieps von ihr hörte, nahm ich an, dass alles reibungslos klappte.
Ganz offensichtlich hatte ich mich geirrt. Weil Emma die ganzen Bio-Lebensmittel regionaler Herkunft nicht mochte, hatte sie den
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