Nackt schlafen ist bio
Werbegeschenkestapel unserer Redaktion. Verzweifelt über die magere Ausbeute fiel sein Blick auf meinen Schreibtisch, wo er auf dicke Päckchen mit attraktiven Werbeartikeln hoffte, doch dort lag nur der Umschlag mit den Stoffbinden. Er nahm ihn mit in das französische Bistro und beobachtete mit gelindem Entsetzen, was Kelly da vor seinem Entenconfit sitzend aus dem Päckchen zog.
Höflich lehnte Kelly das Präsent ab und gab es Ben zurück, der es dann wiederum mir zurückgab. Ich beschloss daher, die Binden über mein Blog weiterzugeben an jemanden, der mir einen gelungenen Vorschlag zu einem weiteren Schritt auf meinem Weg ins Grüne machen konnte. Inzwischen hatte ich mehr als die Hälfte des Jahres hinter mir, und mir fiel allmählich nichts mehr ein; und eine kleine Bestechung meinerseits, damit sich jemand an meiner Stelle den Kopf zerbricht, kann ja wirklich nicht als umweltschädlich betrachtet werden.
Doch statt nun einen offiziellen Wettbewerb zu starten, schrieb ich einfach nur am Ende meines Beitrags, dass jemand, der eine gute Idee für eine weitere Öko-Verpflichtung meinerseits hätte, ein Set dieser wiederverwendbaren Stoffbinden zusammen mit einem Unterwäscheset aus Bio-Baumwolle in Größe M gewinnen könne.
Die erste Antwort kam von einem Typen, was ich ein bisschen merkwürdig fand. Er hieß Mark (nein, nicht der Mark, den ich kannte; ich verglich die E-Mail-Adressen) und machte folgenden Vorschlag: »Warum bittest du deine männlichen Besucher nicht, ins Waschbecken zu pinkeln? Das spart eine Menge Wasser und lässt einen außerdem angenehm und ein bisschen schuldbewusst erschaudern, vor allem wenn ein Haufen kleine Seifen und winzige Gästehandtücher in der Nähe liegen. Wenn wir diesen ›Niedergang nach der Öl-Ära‹ einigermaßen mit Anstand überstehen wollen, müssen wir uns sowieso mehr Gelassenheit im Umgang mit Körperflüssigkeiten aneignen.«
Der nächste Kommentar stammte von Meghan: »Wenn deine Gäste anfangen, in dein Waschbecken zu pinkeln, betrete ich deine Wohnung nie wieder.«
Also im Ernst. Das ist doch die ekelhafteste Idee, von der ich je gehört habe. Pinkeln in der Dusche, na ja. Aber ins Waschbecken? Ja, ich weiß, dass Urin steril ist, aber trotzdem möchte ich nicht gern Spritzer davon auf dem Spiegel und auf meiner Zahnbürste haben.
Meine Schwester Emma schrieb als Nächste, allerdings wollte sie mir offenbar nicht so sehr bei der Suche nach dem nächsten Öko-Schritt helfen, als vielmehr ihren Abscheu über meinen Umstieg auf wiederverwendbare Einlagen kundtun. »Bin ich tatsächlich mit dir verwandt?«, fragte sie.
Dann gab es eine ganze Menge von Vorschlägen, die ich bereits umgesetzt hatte, was mir also überhaupt nicht weiterhalf, und eine Reihe höchst eigentümlicher Ideen wie etwa die von einer Frau namens Liberty; sie schlug vor, ich solle mir mein Getreide selbst mahlen.
Doch fast ganz unten auf der Seite leuchtete ein grünes Lichtlein am Horizont, Laura W. schrieb: »Das ist kein so harter Einschnitt wie die anderen Vorschläge« – was mir auf Anhieb gefiel – »aber ich habe den ganzen Sommer lang Eiscreme immer nur in der Waffel bestellt und damit Schälchen und Löffel vermieden.«
Das war einfach. Und es war nett. Sie verdiente den Preis. Ich hatte ja bisher noch gar nicht realisiert, wie genial das Konzept von Eiscreme in der Waffel ist! Gäbe es doch nur noch viel mehr Lebensmittel in essbaren Behältnissen. Das Sandwich ist vielleicht das beste und vielseitigste Beispiel dafür, auch Suppe in der Brotschüssel könnte infrage kommen, aber ich bin überzeugt, das ist nur die Spitze des Eisbergs. Bestimmt lässt sich hier noch eine Menge entwickeln und entdecken, etwa Kaffee im Muffin, Wein im Käseglas oder – ausgesprochen naheliegend – Milch in der Kekstasse.
Ich schrieb eine Mail an Laura, dankte ihr und schickte ihr die Stoffbinden. Erst da fiel mir auf, was für eine abstruse Transaktion das war: Du schickst mir einen ökologischen Vorschlag, dafür bekommst du Stoffbinden von mir.
1. OKTOBER , 215. TAG
Zwei Tage die Woche von zu Hause aus arbeiten
Ich habe meinen Chef überredet, mich wenigstens zwei Tage die Woche zu Hause arbeiten zu lassen, zum einen, weil Telearbeit ökologischer ist, zum anderen, weil mein kreatives Chi besser fließt, wenn ich in Jogginghose auf der Couch fläze. Das Problem ist, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich momentan wirklich zu Hause sein möchte, weil sich ein paar Dutzend ungebetene
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