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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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Entzugserscheinungen oder an dem Stress, meiner Schwester hinterherputzen zu müssen – jedenfalls litt meine Mutter, als sie zu Bett ging, unter heftigen Kopfschmerzen.
    Als sie deswegen nicht einschlafen konnte, raffte sie sich auf und ging nach unten, wo sie in ihrer Handtasche ein Fläschchen mit Schmerztabletten hatte. Da sie meine Öko-Regeln befolgen und so wenig Strom wie möglich verbrauchen wollte, machte sie allerdings kein Licht. Was leider hieß, dass sie die Treppe nicht hinunterging, sondern hinunterfiel.
    Und sich eine Rippe brach.
    Als ich das las, verrauchte die Wut, die ich auf Emma hatte, weil sie sämtliche meiner Öko-Regeln missachtet und fast meine Wohnung in Brand gesetzt hatte – stattdessen empfand ich tiefes Mitleid mit meiner Mutter und hatte Schuldgefühle, weil ich die beiden da hineingezogen hatte. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Warum zwang ich anderen diesen Lebensstil auf und löschte beinahe meine Familie aus, nur weil ich ein paar Kilowatt Strom sparen wollte?
    »Lorazepam hilft auch in hoher Dosis nicht«, las ich weiter.
    »Habe den ganzen Tag auf der Couch gelegen. Kann mich nicht rühren. Muss neuen Wasserkocher kaufen, bin aber ans Haus gefesselt. Toll sind diese Croissants von Clafouti nicht.«
    Typisch meine Mutter – eine gebrochene Rippe und lausige Croissants werden bei ihr in einem Atemzug genannt.
    »Muss Make-up-Entferner holen. Sophie kommt nicht mehr nach unten. Was tue ich eigentlich hier?? Finde keinen Zucker für den Kaffee. Oh nein, der Kaffee muss erst gemahlen werden! Halt, habe eine Kaffeemühle gefunden. Oh, und Zucker steht auf dem Tresen. Jetzt schwimmen dicke Klumpen im Kaffee. Überlege bereits, Wein zum Frühstück zu trinken. Oh NEIN – der Zucker ist Salz!!! Ich muss zu Starbucks.
    Habe es geschafft, das Haus zu verlassen. Lebhaftes Treiben auf der Straße. Demo gegen den Autoverkehr. Musik, Tanz, Haare schneiden. Es geht mir besser, aber ich kann mich immer noch nicht bücken oder schlafen.«
    Einen Monat später ist die Rippe meiner Mutter wieder heil, und meine Schwester weiß jetzt, woran man einen elektrischen Wasserkocher erkennt. Mir ist klar geworden, dass ich mich relativ leicht in dieses umweltbewusste Leben hineingefunden habe, indem ich nur einen einzigen Öko-Schritt pro Tag gemacht habe, dass es aber kein Lebensstil ist, den jemand von heute auf morgen übernehmen kann. Wenn mich jetzt also immer mehr Leute fragen, welche Veränderungen ich für die wichtigsten halte, nehme ich mir die Zeit zu überlegen, was in ihren Tagesablauf passt, wo und wie sie leben und was ihnen wichtig ist – denn auch wenn ich für mich persönlich festgestellt habe, wie wenig ich einen Kühlschrank brauche, sind Karotten in Blumenvasen und zimmerwarme Hanfmilch nun mal nicht jedermanns Sache.
    29. SEPTEMBER , 213. TAG
    Eiscreme in der Waffel und nicht aus einem Plastikbecher essen
    Ich dachte ja, es gäbe nichts Besseres, als über Jake Gyllenhaal zu schreiben, um mehr Leser auf mein Blog zu locken – Himmel, wie lag ich daneben. Wie sich herausstellt, garantiert ein anderes Thema mindestens doppelt so viele Treffer wie Jake, nämlich die Menstruation. Es ist total schräg – ich meine, es ist ja nicht so, dass ausschließlich Frauen in der Blogosphäre rumhängen, und dazu noch Frauen mit einer besonders starken Beziehung zu ihrem Körper, die gern darüber sprechen, wie stark diese Beziehung zu ihrem Körper ist. Oder doch?
    Jedenfalls traf mich diese Erkenntnis irgendwann gestern, als ich auf meinen Eintrag über wiederverwendbare Monatsbinden aus Stoff 40 Kommentare bekam, von denen sich viele darum drehten, wie man sie im Waschbecken oder in einem Eimer reinigt, ob man mit dem blutigen Wasser Pflanzen gießen kann und so weiter und so fort. Sie gingen derart ins Detail, dass mir der Appetit auf mein Mittagessen verging.
    Aber hier noch eine lustige Vorgeschichte: Ich hatte mir bereits selbst ein Set von diesen Stoffeinlagen gekauft, als die Leute von der Herstellerfirma mein Blog entdeckten und mir kostenlos welche zuschicken wollten. Sie erkundigten sich nach meiner Adresse, und ich gab ihnen die von der Zeitung. An dem Tag, als die Monatsbinden eintrafen, war ich nicht im Büro, dafür aber mein Chef Ben. Er war mit Kelly, einem unserer Korrespondenten, der gerade auf Stippvisite nach Toronto gekommen war, um Freunde zu besuchen, zum Abendessen verabredet. Auf der Suche nach einem Mitbringsel kramte sich Ben durch den Nippes- und

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