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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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später stand sie vor meiner Tür, um mich in den Arm zu nehmen und mit selbst gemachter Linsensuppe aufzupäppeln. Sie tröstete mich und bot sogar an, den Blogeintrag für den nächsten Tag für mich fertig zu schreiben. Ich sagte, das sei nicht notwendig, aber als sie später wieder zu Hause war, tippte sie zur Sicherheit eine Art Notfalleintrag, in dem sie darauf hinwies, dass man sich regelmäßig zu Ruhepausen zwingen und Stereoanlage, Computer und Handy ausschalten sollte. In der Zwischenzeit wärmte ich die Suppe auf, löffelte sie zu meinem Tee und fühlte mich schon sehr viel besser.
    Allerdings nicht gut genug, um nicht trotzdem die Steppjacke überzuziehen und mich drüben im Supermarkt mit einer großen Tüte Käsecracker und einer Packung Zigaretten einzudecken, wieder zu Hause eine Flasche Rotwein zu entkorken und die Crackertüte, die Flasche und die halbe Zigarettenschachtel zu leeren, bevor ich gegen zwei Uhr morgens in meinen Jogginghosen und einem pinkfarbenen Pyjama-Oberteil aus Flanell auf der Couch zusammenbrach und mich keinen Deut darum scherte, dass ich gegen mindestens sieben Öko-Regeln verstoßen hatte.
    15. NOVEMBER , 260. TAG
    Wohltätigkeitskampagnen ohne Arm- oder Stirnband unterstützen
    Ob nun als nachträgliche Strafe für meinen sechswöchigen Urlaub, wegen dem er mir insgeheim doch zu grollen schien, oder weil er glaubte, nur eine mir persönlich gestellte Aufgabe, über die ich blogge, reiche nicht, jedenfalls beauftragte mich mein Chef mit einer Story über dieses neue Buch Einwandfrei: ’A Complaint Free World’ . Dazu musste ich nicht nur den Autor interviewen, sondern auch seine 21-tägige Herausforderung annehmen. Was bedeutete, dass ich mich jetzt nach Kräften bemühen musste, weder zu klagen noch zu jammern oder zu tratschen und nichts und niemanden zu kritisieren, und das zusätzlich zu all meinen ökologischen Umstellungen. Und natürlich musste ich meine Erfahrungen in The Ampersand, dem neuen Feuilleton-Blog der National Post, dokumentieren.
    Zwei Blogs. Zwei persönliche Herausforderungen. Und dabei nicht jammern? Höchst unwahrscheinlich.
    Am meisten war an diesem mäkelfreien Ding zu bemäkeln, dass es ein spezielles Plastik-Armband dazu gab, ganz ähnlich den gelben Livestrong-Bändern der Anti-Prostatakrebs-Kampagne von Lance Armstrong. Mit einem Accessoire zu kommunizieren, dass Krebs eine üble Sache war, ist eine Sache, aber mit einem Armband lediglich auszudrücken: »Ich hasse Jammern und Klagen … nicht dass ich mich darüber beklagen möchte« ist doch etwas anderes. Obwohl man dem Mann zugutehalten muss, dass man sich mit dem violetten Armband selbst züchtigen kann, so wie manche Leute sich mit einem Gummi gegen das Handgelenk schnalzen, wenn sie geflucht oder Nägel gebissen haben – das wurde auf der Homepage sogar vorgeschlagen. Jedenfalls waren bis dato 5 405 203 dieser Armbänder verkauft worden.
    Nachdem ich in den Tagen vor dieser leidigen Pflicht nicht wenig über diese jammerfreie Albernheit gejammert hatte – mal ehrlich, wie soll ich denn einen Film besprechen, wenn ich ihn nicht kritisieren darf? –, wurde mir klar, dass der Autor in einer Hinsicht recht hatte: Wenn etwas Stress verursacht, Depressionen oder Wut hervorruft, sollte man versuchen, die Situation zu ändern statt zu nörgeln.
    Das brachte mich auf eine Idee. Meine heutige Öko-Maßnahme würde sein, keine Plastik-Armbänder oder Stirnbänder, Anstecknadeln oder Buttons mehr zu tragen, egal, was sie aussagten. Das würde wertvolle Kautschukbäume retten, künstliche Farbstoffe einsparen und die Kohlendioxidemission verringern, weil Transport und Herstellung wegfielen.
    Allerdings würde ich eine Ausnahme machen – bei der neuen Habitat-Halskette, die mir meine Mutter geschenkt hatte.
    Als ich mir im Juli vornahm, regelmäßige ehrenamtliche Arbeit bei einer Umweltschutzorganisation zu leisten, wollte ich mir auch Women Build näher ansehen, ein Projekt von Habitat for Humanity. Dort bauen Frauen aller Altersklassen (selbstverständlich mit schicken, pinkfarbenen Bauhelmen auf dem Kopf) Häuser für bedürftige, alleinerziehende Mütter. Meine Mutter hatte über eine Nachbarin davon gehört und schlug vor, dass sie, meine Schwester und ich zu einem Informationsabend gingen.
    Er fand heute Abend im Verity statt, einem gehobenen Frauenclub in der Innenstadt. Ich fuhr mit dem Fahrrad hin, und die erste Stunde dort tat ich eigentlich nichts anderes, als mit meinem Helm unter

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