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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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eine Weile darüber nachgedacht hatte, antwortete ich, es sei wohl Ersteres: all meine vielen Tausend Leser, meine Freunde und Angehörigen glaubten, ich sei die perfekte Öko-Frau und würde jede einzelne meiner Regeln einhalten und damit der Welt beweisen, dass dieser Lebensstil tatsächlich uneingeschränkt zu realisieren war. Doch obwohl ich manche Dinge wie Plastiktüten, Wegwerfbecher und eingeschweißte Einzelportionen inzwischen wirklich zutiefst verabscheue, hege ich noch immer keinen Widerwillen gegen tropische Früchte oder warme Wannenbäder.
    Die Leute fragen mich bereits, was ich nach diesem Jahr vorhabe, also welche Umstellungen ich beibehalten und welche ich rückgängig machen werde, und obwohl ich das erst dann beantworten kann, wenn es so weit ist, weiß ich im tiefsten Inneren bereits, dass ich leckere Nahrungsmittel künftig nicht einzig und allein deshalb ablehnen werde, weil sie per Flugzeug zu mir auf den Teller kamen.
    »Du fühlst dich also bei jedem Regelverstoß wie eine Heuchlerin?«, fragte mich Ian in seiner gewohnten Offenheit, sodass Dimitris laut kichern musste, obwohl er den ganzen Mund voll rohem Fisch hatte.
    »Ähmmm«, sagte ich. Die Frage traf mich völlig unvorbereitet. Fühlte ich mich wie eine Heuchlerin? War ich eine?
    20. NOVEMBER , 265. TAG
    Schal und Handschuhe selbst stricken
    Eine links, eine rechts, eine links, eine rechts … Das ist das Muster meines neuen Winterschals aus naturbelassener Wolle, ich habe die losen Knäuel in einem Handarbeitsgeschäft ein Stück die Straße hinunter gekauft. Das ist aus so unmittelbarer Umgebung und so nachhaltig, wie Winteraccessoires nur sein können, es sei denn, ich würde dafür das Fell meiner Katze auskämmen und es dann spinnen und verweben, eine Tätigkeit, die ich mir für meine Jahre als verrückte Katzenoma aufspare.
    Das Tolle am Stricken ist, dass es ebenso therapeutisch wie simpel ist, sobald man den Dreh raushat. Das A und O ist es laut meiner Mutter, den Faden gleichmäßig gespannt zu halten, nicht bei einer Masche fest und bei der nächsten lose.
    Das dürfte zumindest heute kein Problem für mich sein, denn ich werde jede Masche so eng um die Nadel zurren, als wollte ich das verdammte Ding strangulieren. Schuld daran ist aufgestaute Frustration, denn mir ist eben klar geworden, dass ich den sehnlichst herbeigewünschten Hundert-Tage-Countdown zum Ende dieses Öko-Jahres noch einmal um 24 Stunden verschieben muss, weil es sich – bin ich nicht ein richtiger Pechvogel? – heuer um ein verdammtes Schaltjahr handelt.
    Falls nicht mein Kalender, mein Wochenplaner, mein Computer und Millionen von Google-Treffern irren, muss ich nicht 365 Veränderungen vornehmen, sondern 366. Ja, das ist nur eine mehr, was zählt das schon bei Hunderten. Das sollte mich doch nicht schrecken. Tut es aber doch. Es ist, als hätten sich Mutter Natur und der gregorianische Kalender gegen mich verschworen. Und das nach allem, was ich für Mutter Natur getan habe! Vielleicht sollte ich mit meinem nächsten Öko-Schritt zum Mondkalender wechseln.
    24. NOVEMBER , 269. TAG
    Gebrauchtmöbel kaufen und restaurieren
    Ich stehe mit meinen Eltern in einem Lagerhaus am Stadtrand und betrachte eine endlose Reihe hässlicher Gardinen. Sie sind aus durchsichtiger Gaze gefertigt und erinnern an die Hautfetzen, die sich nach einer Woche Sonnenbaden abschälen.
    Merkwürdigerweise kommen sie mir bekannt vor.
    Was aber gar nicht so merkwürdig ist, ich habe sie wahrscheinlich schon mal gesehen oder zumindest ganz ähnliche, und zwar jedes Mal, wenn ich auf Reisen in einem 3-Sterne-Hotel abgestiegen bin – dort kommen sie nämlich alle her. Es handelt sich um die Stores, die dort zwischen den Fenstern und den dunklen, schweren Vorhängen hängen.
    Aber in diesem Lagerhaus gibt es noch mehr. Ein ganzer Flügel steht voller ausrangierter Schreibtische aus Teak- und Eichenholz, in einem Hinterzimmer lagern Bettgestelle und Matratzen, und das Erdgeschoss ist mit diesen tuntigen Sofas, Sesseln und Ottomanen mit verblassten Blumenmustern vollgestellt, die vor lauter Dezenz schon wieder aufdringlich wirken.
    Meine Eltern haben mich hierher gefahren (meiner Mutter gebührt das alleinige Verdienst, dieses Lagerhaus ausfindig gemacht zu haben), weil ich vorhabe, mein neues Haus ausschließlich mit Gebrauchtmöbeln einzurichten, und dieses verstaubte Hotelmobiliar lässt sich nun einmal hervorragend restaurieren. Jeder Sessel kostet nur 40 Dollar, die Vorhänge

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