Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
Vom Netzwerk:
Untersetzern umfunktionieren. Anleitung: Man nehme eine alte CD und stelle ein Glas darauf. Fertig.
    Sosehr ich den Begriff Öko-Schick verabscheue, das hier kommt ihm ziemlich nahe.
    Schade, dass ich nicht ein paar von diesen CD s heute Nachmittag zu meinem Interview mit Jamie Oliver mitgebracht habe, denn er bestand auf drei Getränke, noch bevor wir anfingen – eins für sich, eins für mich und eins für den Fotografen.
    Sein Getränk, ein Sidecar, war mit einem großen Weingummi verziert. Er biss davon ab und bot mir den Rest an.
    Jamie Oliver. Bot mir ein Stück von seinem Weingummi an. Ich wusste, dass das Ding von Lebensmittelfarbstoffen, Wachsen, raffiniertem Zucker und allem anderen strotzen musste, was gegen meine momentanen Ernährungsprinzipien verstieß, und ich wusste auch, dass ich in letzter Zeit mehr als nur eine Handvoll meiner Öko-Regeln verletzt hatte, aber dass ich es den Rest meines Lebens bereuen würde, wenn ich diese Chance ausschlug, mit Großbritanniens heißestem Promikoch (zumindest gleich nach Nigella Lawson) Speichelflüssigkeit auszutauschen, wusste ich auch.
    »Danke!«, rief ich aus und schob mir das ganze Teil auf einmal in den Mund. Im gleichen Augenblick wurde mir klar, dass ich besser erst einmal eine Frage hätte stellen sollen.
    18. NOVEMBER , 263. TAG
    Direkt aus der Flasche trinken
    Nach all den Umstellungen, die ich bisher vorgenommen habe, stelle ich fest, dass ich erstaunlich gut mit dem Hippie-Lebensstil klarkomme. Im Secondhandladen einkaufen? Kein Problem. Gerichte aus Zeug wie Amaranthmehl und Quinoa essen? Lecker. Aber der Snob in mir lebt noch fort, weshalb ich einige scheinbar belanglose Umstellungen so unsagbar schwierig finde.
    Die heutige Maßnahme zählt dazu. Wein aus der Flasche zu trinken versetzt mich unwillkürlich in die Highschoolzeit zurück, als wir uns in irgendwelchen sturmfreien Buden mit weißem Zinfandel die Birne zugeknallt haben – der einzige Zweck des Trinkens war, sich sinnlos zu besaufen, Beistelltische dienten als Tanzflächen, und Gläser waren nur unnötige Zeitverschwendung.
    Ich habe mich zu diesem Öko-Schritt entschlossen, um durch den Verzicht auf Trinkgefäße Wasser und Spülmittel zu sparen. Aber irgendwie kommt es mir schräg vor, wenn wunderschöne Kristallgläser geduldig im Schrank stehen und nur darauf warten, Bekanntschaft mit einem Jahrgangs-Baco-Noir zu schließen, während ich das Zeug direkt aus der Flasche süffle und den Flaschenhals mit Essensresten verschmiere.
    Derlei Stillosigkeiten umgehe ich fürs Erste, indem ich auswärts esse. Die Mehrzahl meiner wenigen Einschränkungen in Sachen Ernährung gelten unter dem Vorbehalt, dass sie in Restaurants nicht unbedingt eingehalten werden müssen. Beispielsweise schaue ich auf der Weinkarte zwar immer, ob es Wein aus hiesigem Anbau gibt, ist das aber nicht der Fall, heißt das nicht, dass ich auf Wein verzichte, sondern nur, dass ich mich eher für kalifornischen als für chilenischen entscheide. Und falls das Fleisch nicht aus nachhaltiger Züchtung stammt, bestelle ich ein Nudelgericht, das ich auch dann esse, wenn der Käse nicht bio ist. Natürlich versuche ich meine Freunde zu überreden, mit mir in vegane oder vegetarische Lokale zu gehen und möglichst oft zu Hause zu kochen, aber das funktioniert eben nicht immer. Heute Abend zum Beispiel habe ich mir mit Ian und Dimitris, einem anderen guten Freund, einen Film angesehen, danach waren wir hungrig, und die beiden wollten unbedingt Sushi. Gleich gegenüber lockte ein Sushi-Imbiss, daher erklärte ich mich einverstanden und hoffte, dort auch etwas Vegetarisches für mich zu finden.
    Es gab eine Süßkartoffel-Avocado-Rolle, also bestellte ich die, obwohl ich sehr genau weiß, dass Avocados im November wohl kaum im Umkreis von Toronto wachsen. Dazu kam noch ein Bier, das nun gewiss nicht lokaler Herkunft war – Asahi aus Japan.
    Enttäuscht und von schlechtem Gewissen geplagt seufzte ich und entschuldigte mich bei Ian und Dimitris dafür, dass ich hier eindeutig zwei meiner Regeln brach.
    »Mach dir keine Sorgen, wir verraten es nicht«, meinte Dimitris. Ein Spruch, den ich inzwischen leider oft von meinen Freunden zu hören bekomme, wann immer sie mich beruhigen wollen, weil ich mich wieder nicht an meine Regeln gehalten habe.
    Dann fragte mich Ian, was mir mehr zu schaffen mache: meine Unaufrichtigkeit gegenüber meinen Lesern oder die durch den Avocado- und Bierimport verursachten CO 2-Emissionen.
    Nachdem ich

Weitere Kostenlose Bücher