Nackt und scharf: Erotische Geschichten (German Edition)
Verfallsdatum hinaus vergammelten oder zum Einsatz kamen … Also, das machte nun wirklich keinen Unterschied mehr für den verblichenen Pünktchensammler!
SEITENSPRUNG
Der talentierte, aber erfolglose Künstler Nick leidet unter chronischem Geldmangel. Außerdem ist er scharf auf Viola, die junge brasilianische Ehefrau seines schwerreichen Onkels. Es braucht schon eine Menge Glück und Chuzpe, um aus dieser Situation das Beste zu machen …
Nick schlüpfte in das einzige Jackett aus seinem kärglichen Kleidervorrat, das selbst den hohen Ansprüchen von Onkel Harry gerecht wurde. Ein weißes Dinner-Jackett, das die meiste Zeit unter einer Zellophanhülle ganz hinten im Schrank hing. Das Teil war auch für die Havanna-Bar geeignet, in die Onkel Harry Nick wohl sicher nach dem Abendessen noch einladen würde.
So liefen ihre seltenen gemeinsamen Abende meist ab, seitdem Harry mit Viola verheiratet war und sich weniger um den Rest der Familie kümmerte: zuerst Abendessen im Clubhaus des Golfvereins, in dem Harry Ehrenmitglied war, und hinterher noch auf einen Absacker und eine dicke Zigarre in die exklusive Bar Havanna.
Nick seufzte abgrundtief und warf einen letzten prüfenden Blick in den Badezimmerspiegel. Ein Friseurbesuch war längst überfällig. Die dunkelblonden Haare lockten sich wild und ringelten sich bereits bis tief in den Nacken hinunter, er sah mit der Mähne aus wie der moderne Verschnitt eines Botticelli-Engels.
Die Frauen mochten das zwar und bezeichneten Nick gerne hinter vorgehaltenen Händen tuschelnd als »süßen Typen«, aber der kritische Onkel würde sicher wieder einen seiner zynischen Kommentare ablassen. Und er, der arme Neffe, durfte noch nicht einmal scharf zurückschießen und sich wehren. Immerhin bezahlte der Onkel großzügig die Miete fürs Atelier samt integriertem Schlafzimmer mit Bad. Nick hätte momentan tatsächlich nicht gewusst, woher er das Geld nehmen sollte für diese traumhafte Lage mitten in der Innenstadt. Wollte er aber jemals als Bildhauer und Künstler den Durchbruch schaffen, dann musste er einfach hier arbeiten und leben, wo all die Galerien waren und die großen Ausstellungen stattfanden. Ganz zu schweigen von der nötigen Anzahl gebildeter und zahlungskräftiger Stadtmenschen, die sich private Kunstsammlungen leisteten.
Nick drehte den Lichtschalter im Bad aus und verließ kurz darauf die Atelierwohnung. Unten auf der Straße winkte er sich ein Taxi heran, die Hin- und Rückfahrt ging ebenfalls – wie gewöhnlich – auf Harrys Kosten. Da sie einander mittlerweile nur noch jeden zweiten Monat trafen, spürte der Onkel den Betrag sicherlich nicht mal in der Portokasse. Solche Beträge waren für Harry lediglich Peanuts, nicht der Rede wert.
»Guten Abend, Onkel, du siehst ein wenig müde aus!«, sagte Nick zur Begrüßung und nahm dem grauhaarigen Harry gegenüber Platz am üblichen reservierten Tisch.
»Womit wir gleich mitten im Thema wären, Junge!« Harry starrte auf seine gefalteten Hände auf dem Tisch, er sah Nick nicht in die Augen, als er sagte: »Um es kurz zu machen, ich muss in wenigen Tagen für zwei Wochen nach Genf in eine Klinik. Ich habe einen taubeneigroßen Tumor im Gehirn, der wohl auch noch inoperabel ist. Allerdings gibt es in Genf diesen Spezialisten, er ist meine einzige Hoffnung.«
Onkel Harry stirbt doch wohl nicht etwa einfach weg? Was wird dann mit Viola? Und mit mir? Wem vermacht Harry sein Vermögen? Ihr, mir, uns beiden? Kann ich vielleicht sogar Viola und die Kohle bekommen? Was will er von mir heute Abend? Dass er etwas will, das hab ich im Urin …
Nick riss sich zusammen und trank rasch einen Schluck von dem Tafelwasser auf dem Tisch, um Zeit zu gewinnen für eine angemessene Reaktion auf Harrys schockierende Eröffnung. Gerade eilte auch der gewohnt freundliche Ober herbei mit dem üblichen schweren französischen Rotwein. Das verschaffte Nick einen weiteren Zeitgewinn, in seinem Kopf ratterten die Gedanken so laut durcheinander, er konnte das Geräusch in den Ohren klackern hören.
Kaum hatte der Kellner die Weingläser gefüllt und die Bestellung entgegengenommen – zweimal Filetsteak mit Salat und Pfeffersauce, gerne! – und sich rasch diskret entfernt, da ergriff Harry zu Nicks Erleichterung gleich selbst erneut das Wort.
»Ich muss vor meinem Abgang aus diesem Leben unbedingt Viola noch loswerden!«
Nick zuckte zusammen, als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten, und starrte seinem Onkel zunächst ins
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