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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Brauen zusammen. Verlangt die Partei, dass ich ein Kind in den Tod schicke? Bergen-Belsen … Wer nach dort kam …} Krämer hatte den Arm gegen das Fensterkreuz gestützt, jetzt schlug er mit der Faust gegen das Holz.
    »Was ist mit dir los?«, hörte er Prölls Stimme hinter sich.
    Er schreckte auf und drehte sich um.
    »Nichts«, sagte er knapp. Pröll {vermutete, dass Krämer über das Schicksal des Transportes nachgedacht hatte, und} wollte ihn trösten.
    »Es wird der letzte Transport sein. Vielleicht fängt ihn der Amerikaner schon ab …« Krämer nickte stumm, gab Pröll die Liste zurück.
    »Was ich noch sagen wollte, kümmere dich darum, dass die Zugänge von gestern, die Polen, verstehst du, mit in den Transport hineinkommen …«
     
    Im Schreibbüro der Effektenkammer hockten die Häftlinge des Kommandos um Jankowski herum. Pippig hatte ihm ein Stück Brot in die Tasche gesteckt. Jankowski brach heimlichStück um Stück ab und schob die Bissen verstohlen in den Mund; er schämte sich seines Hungers.
    »Kau nur zu, alter Junge«, munterte ihn Pippig auf, »heute gibt’s bei uns Klöße mit Meerrettichtunke.« Damit schob er Jankowski noch eine Tasse Kaffee unter die Nase. {Jankowski lächelte Pippig dankbar an. Höfel, der Jankowski gegenüber saß, ließ ihn erst essen, und dann musste Kropinski} dolmetschen. Die beiden Polen sprachen miteinander, und Kropinski übersetzte.
    »Er sagen, dass er nicht ist Vater von Kind. Vater seien tot und Mutter auch in Auschwitz und vergast. Er sagen, ist Kind gewesen alt drei Monate, wo ist gekommen mit Vater und Mutter aus Ghetto von Warszawa ins Lager Auschwitz. Er sagen, haben SS gemacht alle Kinder tot und ist gewesen kleines Kind immer versteckt.«
    Jankowski unterbrach die Übersetzung und redete eifrig auf Kropinski ein. Dieser dolmetschte weiter:
    »Er sagen, kleines Kind nicht wissen, was ist Menschen. Es nur wissen, was ist SS und was ist Häftlinge. Er sagen, aber kleines Kind wissen sehr gut, wenn kommen SS, und sich verstecken und immer sein ganz still.«
    Kropinski schwieg. Auch die anderen schwiegen und senkten die Köpfe. {Jankowski blickte ängstlich umher.} Höfel legte stumm seine Hand auf die des Polen, und dieser lächelte zart, man hatte ihn richtig verstanden.
    »Marian«, forderte Höfel Kropinski auf, »frage ihn, wie der Junge heißt.«
    Der ließ sich die Frage beantworten und übersetzte:
    »Kleines Kind heißen Stephan Cyliak, und Vater von kleines Kind ist gewesen Rechtsanwalt in Warschawa.«
    Höfels Blick ruhte in tiefem Mitgefühl auf dem kleinen schwächlichen Mann, der sicher schon hoch in die fünfzig war.
    Voller Vertrauen sah sich Jankowski im Kreise der Häftlingeum, die so freundlich zu ihm waren, und aus seinem bescheidenen Lächeln sprach die Zuversicht, dass das Kind nach allen Gefahren nun endlich geborgen sei. Höfel wurde das Herz schwer. Der Pole ahnte nicht, weshalb er ihn hatte holen lassen; sicher freute er sich, gute Kameraden gefunden zu haben. Höfel dachte daran, dass die »guten Kameraden« dem Polen sagen würden: Nimm dein Kind wieder mit, wir können es hier nicht gebrauchen. Und der kleine stille Mann wird ohne Murren seine Last auf sich nehmen und sie weiterschleppen, weiterschleppen, ängstlich bemüht, den kleinen Lebensfunken zu schützen, damit er nicht zertreten werde von einem SS-Stiefel. Jankowski mochte es wohl fühlen, dass er von dem Deutschen auf besondere Art betrachtet wurde, er lächelte Höfel an. Der aber versank immer tiefer in seine Gedanken. Da schleppt ein hilfloser Mensch ein Stückchen Leben mit sich herum, das er dem Auschwitzer Tod aus den Fingern gelistet hat, nur, um es {noch sicherer dem Bergen-Belsener Tod zuzutragen}. Welche Sinnlosigkeit! {Der wird ihm} feixend den Koffer aus der Hand nehmen: Schau, schau, was hast du mir Schönes mitgebracht … {Denn dass der Transport nach Bergen-Belsen gehen würde, war Höfel klar, und in ihm rebellierte alles dagegen.} Wenn diesem Widersinn ein Ende gemacht werden sollte, dann musste es
jetzt
und
hier
geschehen.
Nur hier und nirgendwo sonst auf der Welt bestand die Wahrscheinlichkeit, das Kind zu retten
. Höfel blickte sich um. Es war Schweigen eingetreten. Keiner der Häftlinge wusste etwas zu sagen. Höfels Blick blieb an Pippig hängen. Sie sahen sich stumm in die Augen. Die schwere Last der Entscheidung zwischen zwei Pflichten drückte auf Höfels Herz, und schmerzhaft erkannte er, wie allein er in diesem Augenblick war. Pippigs

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