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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Gleiche. Krämer nahm ein Lineal und maß die Strecke Remagen-Frankfurt. Er übertrug sie von hier bis Weimar. Es waren noch knapp zwei Drittel des bisher zurückgelegten Weges, und …
    Krämer machte einen tiefen Atemzug, er legte das Lineal auf den Tisch zurück und sagte mit schwerer Stimme: »In vierzehn Tagen sind wir frei oder tot …«
    Schüpp lachte:
    »Tot? Mensch, Walter, die da oben tun uns nichts mehr. Denen kocht doch schon das Wasser im Arsch.«
    Krämer warnte:
    »Abwarten …«
    Plötzlich packte er Schüpp beim Arm und wies durchs Fenster. Sie sahen Kluttig und Reineboth mit schnellen Schritten über den Appellplatz eilen. Häftlinge, die den beiden auf dem Platz begegneten und ihre Mütze zogen, drehten sich verstohlen nach ihnen um. Krämer und Schüpp verfolgten gespannt den Weg, den die beiden einschlugen, bis sie ihnen aus dem Gesichtskreis entschwunden waren.
    »Da ist etwas los, lauf, Heinrich, häng dich an sie und pass auf, wohin sie gehen.«
    Schüpp lief fort.
    Krämer überkam eine nervöse Unruhe. Er hatte plötzlich das Gefühl, als wären die beiden seinetwegen ins Lager gekommen, als müsste jeden Augenblick die Tür aufgerissen werden und Kluttigs schneidende Stimme aufpeitschen:
    »Sie kommen sofort mit!«
    Krämer presste die Fäuste an die Schläfen, die Unruhe steigerte sich zur Angst, dass alles entdeckt worden sei. Alles!
    Und als tatsächlich die Tür aufgerissen wurde, fuhr Krämer entsetzt herum. Es war Schüpp, der hastig eintrat.
    »Sie sind nach der Effektenkammer gegangen.«
    Einen Augenblick lang empfand Krämer eine wohltuende Erlösung, die aber sofort in neue, noch größere Angst umschlug. Er starrte Schüpp entgeistert an. –
     
    Reineboth hatte am Morgen den Zettel hinter seiner Tür gefunden und ihn verständnislos hin und her gewendet.
    »Höfel und Kropinski wollen Hauptscharführer Zweiling eins auswischen. Sie haben ein Judenkind versteckt, im Kleiderraum rechts hinten in der Ecke …«
    Reineboth überlas den Text mehrere Male.
    »Ein Häftling von der Effektenkammer«, stand als Unterschrift darunter.
    Reineboth fiel plötzlich die Szene ein, die er am vergangenen Morgen mit Zweiling erlebt hatte. Der hatte die Tür geöffnet, war verdutzt stehengeblieben, hatte einen verlegenen Gruß gestammelt und war wieder gegangen.
    Reineboth pfiff durch die Zähne und schob den Zettel in die Tasche. Später zeigte er ihn Kluttig. Auch dieser las ihn einige Male durch, ohne etwas damit beginnen zu können. Er drückte die rotgeränderten Augen zusammen, und auf den dicken Brillengläsern brach sich hart das Licht.
    Reineboth rekelte sich hinter dem Schreibtisch:
    »Was sagst du zu der Unterschrift?«
    Kluttig meinte verständnislos:
    »Da hat einer gezinkt.«
    »Ein Häftling?«
    »Wer sonst?«
    Reineboth setzte ein überlegenes Lächeln auf.
    »Zweiling«, sagte er und erhob sich phlegmatisch.
    Er nahm Kluttig den Zettel weg {»Ein Glück, dass es für dich zum Kommandanten zu spät ist, dich würden sie schön überfahren …«
    Er} schlug unvermittelt einen scharfen Ton an.
    »Zweiling und kein anderer hat den {Wisch} geschrieben!«
    Kluttigs dummstaunendes Gesicht machte Reineboth ärgerlich. Gallig fuhr er auf den Lagerführer ein:
    »Mensch, begreifst du denn nicht? Das ist doch ein klarer Fall. Dieser blöde Heini hat mit der Kommune gemauschelt, und jetzt {hat er Schiss in den Hosen}.«
    Kluttig bemühte sich, den scharfsinnigen Gedanken des Jünglings zu folgen. Der legte den linken Arm auf den Rücken und schob den Daumen der rechten Hand hinter dieKnopfleiste der Dienstjacke. So stelzte er vor Kluttig auf und ab, und seine Worte waren voll Zynismus:
    »Belieben Herr Hauptsturmführer den Bericht des hochgeschätzten OKW mit der Durchgabe der Engländer zu vergleichen?«
    Er blieb vor Kluttig stehen und sagte scharf:
    »Dann wirst du nämlich feststellen, mein Lieber, dass der Amerikaner von Oppenheim vorrückt. Sie sind schon bei Aschaffenburg. Kriegsschauplatz gefällig?«
    Mit verbindlichem Hohn wies Reineboth auf die Karte an der Wand.
    »Stoßrichtung Thüringen! Na also, wie bitte? – Machen wir uns nichts vor, meine Herren, sagt unser Diplomat. Kombinieren, sage ich!« Er stelzte zufrieden auf und ab und forderte den schweigenden Kluttig auf:
    »Nun bitte, Herr Lagerführer, kombiniere!«
    Kluttig schien den Zusammenhang zu sehen.
    »Du meinst, Zweiling hätte mit der Kommune, um sich, wenn es schiefgeht …?«
    »Scharfsinnig«, spöttelte

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