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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Reineboth, »jeder auf seine Weise. Es kann schnell gehen, sehr schnell sogar. In einer Woche von Remagen bis Frankfurt, dann kannst du dir ausrechnen, wann sie hier sein werden. – Mal herhören, was
ich
kombiniere. Mit dem Judenbalg haben sie den Zweiling weichgemacht. ›Herr Hauptscharführer, drücken Sie mal ein Auge zu, wir machen dasselbe, wenn’s andersrum geht.‹ Stimmt’s?«
    Reineboth wartete Kluttigs Antwort nicht ab, er stach mit dem Finger in die Luft:
    »Das hat der Höfel eingerührt, und das ist einer von der Organisation. Ergo, wer steckt hinter dem Rummel? Die illegale Organisation; gefressen? Wir müssen uns den Höfel schnappen und den Polen dazu, den Dingsda, wie heißt der Kerl?«
    Jetzt hatte Kluttig begriffen. Er stützte empört die Hände in die Hüften.
    »Was machen wir mit Zweiling?«
    »Nichts«, entgegnete Reineboth, »haben wir Höfel und den Dingsda, dann halten wir das Ende des Fadens in der Hand. Der lahmarschige Heini wird noch froh sein, uns beim Aufspulen behilflich sein zu dürfen.«
    Kluttig staunte ihn in ehrlicher Bewunderung an:
    »Mensch, was bist du für ein gerissener Hund …«
    Die uneingeschränkte Anerkennung seines Scharfsinns vergoldete die Eitelkeit des Jünglings, er trommelte mit den Fingern auf der Knopfleiste.
    »Das machen wir alles ohne unseren Diplomaten, vielmehr
gegen
ihn. Wir müssen klug sein, Herr Hauptsturmführer, sehr klug! Es kann auch schiefgehen. Habe dir schon einmal gesagt und wiederhole deshalb: Wenn wir zuschlagen, dann auf die Richtigen, verstanden? Wir können uns nur einen Schlag leisten, und der muss haargenau sitzen.«
    Reineboth trat dicht an Kluttig heran und sprach eindringlich:
    »Jetzt darfst du keine Dummheiten machen. Kein Wort über die Organisation, die existiert nicht, verstanden? Es geht nur um das Judenbalg, kapiert?«
    Kluttig nickte und vertraute sich Reineboths Klugheit an. Der wollte keine Minute mehr verlieren, er ruckte sich entschlossen die Mütze in die Stirn: »Also los!«
     
    Sie rissen die Tür zur Effektenkammer auf und traten rasch ein.
    {Innen steckte der Schlüssel. Reineboth verschloss die Tür.}
    Die Häftlinge, die im Kleiderraum beschäftigt waren, fuhren überrascht herum, einer rief:
    »Achtung!«
    Und alle nahmen dort, wo sie sich gerade befanden, stramme Haltung an. Höfel, durch den Achtungsruf imSchreibbüro aufmerksam geworden, erschrak, als er den Lagerführer und Reineboth gewahrte. Er kam eilig in den Kleiderraum und meldete gewohnheitsmäßig:
    »Kommando Effektenkammer bei der Arbeit!«
    Reineboth, mit dem Daumen hinter der Knopfleiste, schnarrte:
    »Alles antreten lassen!«
    Mit überlauter Stimme gab Höfel den Befehl durch die Räume. In seinem Kopf wirbelte es. Noch während die Häftlinge aus allen Richtungen herbeieilten und sich, des Gefahrvollen bewusst, das in dem plötzlichen Auftauchen der beiden lag, hastig in den gewohnten zwei Zählreihen aufstellten, fragte Kluttig nach Zweiling.
    Höfel meldete:
    »Hauptscharführer Zweiling ist heute morgen noch nicht hier gewesen.«
    {Aha, dachte Reineboth, der Bursche drückt sich.}
    Eine unheilvolle Stille lag über dem Raum. Die Häftlinge standen reglos und starrten auf Kluttig und Reineboth, die kein Wort sprachen. Die wenigen so ereignisvollen Augenblicke seit ihrem Erscheinen waren wie wilde Vögel über die Köpfe der Häftlinge hinweggerauscht. Jetzt erschien die Stille wie vereist.
    Kluttig gab Reineboth ein Zeichen. Dieser ging schnell in den Kleiderraum hinein, nach rechts hinten. Kluttig setzte sich derweilen auf die lange Tafel und baumelte mit dem hängenden Bein. Im hinteren Glied standen Pippig und Kropinski nebeneinander. Pippig stieß Kropinski verstohlen mit der Faust an. Im ersten Glied stand Rose. Sein angstoffenes Gesicht unterschied sich merklich von den verschlossenen Mienen der Übrigen. In Höfel, der am Ende der ersten Reihe seinen üblichen Platz hatte, rasten die Gedanken.
    Sein Herz schlug pulsend am Hals, übermäßig fühlte er das heiße Tucken. {Er dachte nicht an das Kind, er dachte andie 7,65 mm Walther.} Außer ihm wusste niemand von ihrem Versteck.
    Plötzlich kam ihm das alte Kindersuchspiel in den Sinn, und er frohlockte: Wasser, Wasser, Wasser … In Gedanken tastete er das Versteck der Waffe ab, rechnete die Möglichkeiten der Entdeckung aus und erinnerte sich, wie er als Knabe aufgejubelt hatte, wenn das Versteck trotz eifrigen Suchens nicht aufzufinden war.
    Wasser, Wasser, Wasser! – Er wurde

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