Nackt unter Wölfen
Weise. Köhn hatte ihm dabei geholfen.}
Am anderen Tage meldete er den Genossen vom ILK die Ausführung des Auftrags. Auf ihre Frage, wo er die Gewehre verborgen habe, antwortete er: »Im Revier«, und war nicht zu bewegen, das Versteck genauer anzugeben.
»Wenn ich es euch vorgeschlagen hätte, dann wäret ihr bestimmt dagegen gewesen.«
Die Genossen bekamen es mit der Angst, doch Bochow schwieg sich aus.
»Sucht«, sagte er, gegen alle Vorwürfe und Bedenken gefeit, »wer die Waffen findet, dem trete ich für eine Woche lang meine Brotration ab.«
Van Dalen, selbst im Revier beschäftigt, kroch überall herum. Kodiczek und Pribula, sobald sie tagsüber Gelegenheit hatten, nach dem Revier zu kommen, suchten mit heimlichen Blicken alle möglichen Stellen ab, an denen sie das Versteck vermuteten. Es war für sie ein ärgerliches, für Bochow jedoch ein erheiterndes Suchspiel. Nur Bogorski beteiligte sich nicht daran.
»Wird Herbert schon gemacht haben richtig.«
An einem Sonntagnachmittag, Ende August, spazierte Bochow mit Kodiczek und Pribula zum Revier. Van Dalen gesellte sich ihnen zu, und die vier saßen auf einer Bank gegenüber der langen Hauptbaracke des Reviers. Sie waren zusammengekommen, weil Bochow ihnen das Versteck nennen wollte.
»Du nun sagen«, drängte Pribula, »wo sie sind.«
Er meinte die Karabiner. Bochow lächelte im Mundwinkel.
»Du sitzt ja vor ihnen.«
Pribula und die anderen schauten über den freien Platz und tasteten mit verstohlenen Blicken die Front der Hauptbaracke ab. Bochow half ihnen und machte mit dem Kopf verschwiegen eine hinweisende Bewegung nach den grünen Blumenkästen vor den Fenstern, in denen rote Geranien blühten.
Van Dalen begriff zuerst.
»Da drinnen?«, flüsterte er überrascht. Bochow bestätigte mit den Augen. Sprachlos starrten sie auf die Blumenkästen. Bochow überließ sie ihrem Staunen.
»Hättet ihr mir zugestimmt«, fragte er, »wenn ich dieses Versteck vorgeschlagen hätte?«
Keiner antwortete, in ihrem Schweigen lag die Verneinung.
»Das ist gewagt«, sagte van Dalen endlich.
»Aber richtig«, fügte Bochow schnell hinzu.
»Wer nach Verborgenem sucht, kriecht in Winkel, geht aber an dem vorüber, was ihm vor der Nase liegt, und außerdem …«
Bochow stockte. Ein SS-Mann bog vom Revierweg nach der Hauptbaracke ein. Er ging achtlos an den Blumenkästen vorbei. Vor dem letzten jedoch, zunächst der Eingangstür, blieb er stehen. Etwas an dem Kasten hatte sein Interesse geweckt. Erschrocken griff Pribula nach Bochows Hand, die auf der Bank lag. Sie sahen, wie der SS-Mann eine Geranie, die schief über den Kasten hinaushing, aufrichtete und sie in der Erde festdrückte. Mit unerhörter Spannung verfolgten sie das Tun des SS-Mannes. Bochow lächelte sicher. Und lächelnd nahm er den abgebrochenen Satz wieder auf, nachdem der SS-Mann in der Baracke verschwunden war.
»… und außerdem bringt die sentimentale Bestie zwar Menschen um, aber keine Blumen …«
Sie schwiegen. Der Vorgang hatte sie überzeugt. Bochow sagte ruhig:
»Auftrag ausgeführt. Sie liegen sicher, jederzeit griffbereit und vor Verderben geschützt.«
Köhn hatte sie nämlich sorgfältig in ölgetränkte Lappen gewickelt.
Als sie sich trennten, kniff Bochow ein Auge zu:
»Kann ich meine Brotration behalten?«
Van Dalen ging kopfschüttelnd ins Revier zurück. Pribula knuffte Bochow anerkennend ins Kreuz.
Bochow lachte.
Der Winter war vergangen, er hatte die Geranien verdorren lassen. Die Blumenkästen standen noch immer an den Fenstern. Von niemand beachtet. Trocken und unansehnlich war ihre Erde …
Doch so sicher, wie er damals gewesen war, war Bochow heute nicht. Die Unruhe trieb ihn zu Bogorski. Jede Stunde war kostbar, denn jede Stunde konnte sich unübersehbares Unheil ereignen. Die Zeitnot zwang Bochow, das Gebot der Vorsicht zu durchbrechen. Vielleicht fand sich eine sichere Gelegenheit, mit Bogorski zu beraten, was zu geschehen hatte. Auch jetzt kam Bochow ein günstiger Zufall zu Hilfe.
Der Scharführer des Bades lungerte in seinem Zimmer herum, der Brauseraum war leer, und die Häftlinge des Kommandos schleppten die vor dem Bad abgelegten Klamotten eines kurz zuvor angekommenen Transports nach der Desinfektion hinüber. Bogorski war unter ihnen. Kurz entschlossen packte Bochow mit zu, raffte sich einen Berg Lumpen zusammen und ging mit den anderen nach der Desinfektion. Bogorski hatte den Sinn von Bochows Verhalten sofort verstanden und folgte ihm
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