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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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hereinkommend, fühlt Höfel eine unendliche Zärtlichkeit: »… ich küsse Dich innig …«
    Aber auch das ist ebenso gespenstisch und schemenhaft und sucht sich verloren irrend einen Weg. Höfel durchschauert es frostig. Er starrt auf die Essenklappe an der Tür, hat vergessen, dass Kropinski hinter ihm steht …
    {Da richtet sich in ihm etwas hoch, erwachend, wie ein zweiter Mensch,} Und auf einmal sieht Höfel die Wirklichkeit! Von fern nur, aber sie rückt heran, unaufhaltsam, auf Panzern und Geschützen!
Das ist echt
, nur das! Nichts anderes!
    Plötzlich wird er sich Kropinskis bewusst. »Marian …«, haucht er, denn Sprechen ist verboten.
    »Tak?«, haucht es zurück.
    »Die Amerikaner kommen immer näher … das dauert nicht mehr lange …« Kropinski erwidert erst nach einer Weile:
    »Haben ich doch gesagt, immer …«
    Sie sprechen nicht mehr. Sie stehen reglos. Aber sie haben einen Halt tief in sich. Das wiedererwachte Lebensgefühl durchblutet sie warm …
     
    Kluttig war von regelrechtem Lampenfieber befallen worden. Er saß mit Reineboth im Kasino. Sie hatten sich bei einer Flasche Wein in eine ungestörte Ecke zurückgezogen und steckten tuschelnd die Köpfe zusammen. Kluttigs Brillengläser glitzerten vor Jagdlust. Der Fang musste ausgewertet werden! Reineboth kniff die Augen zusammen und riet:
    »Zuerst hauen wir ihnen den Arsch voll. Dann lassen wir sie schmoren im eigenen Saft, und in der Nacht machen wir Vernehmung bis zur Aussage.«
    Kluttig soff ein Glas Wein nach dem anderen. Er rutschteunruhig auf dem Stuhl herum. »Und wenn wir nichts rauskriegen?«
    Reineboth tröstete. »Dann klopfen wir sie so lange, bis sie nicht mehr wissen, ob sie Männchen oder Weibchen sind. Ohne Sorge, die Kerle singen wie die Nachtigallen.«
    Reineboth nahm genüsslich einen Schluck und verwies Kluttig tadelnd, der ein neues Glas hinunterschüttete:
    »Sauf nicht so viel.« Nervös fuhr sich Kluttig mit der Zunge über die Lippen und meinte besorgt: »Und wenn der Schlag danebengeht? Er muss sitzen!«
    Reineboth bewahrte seine Gelassenheit, lehnte sich im Stuhl zurück und entgegnete kühl:
    »Weiß ich, Robert, weiß ich.«
    Umso zerrissener wurde Kluttig. »Mensch, Hermann, wie kannst du nur so ruhig sein?«
    Von sich eingenommen, schürzte Reineboth die Lippen auf, ruckte sich von der Stuhllehne ab und beugte sich über den Tisch hinweg nah zu Kluttig. Der saugte jedes Wort in sich hinein, das ihm Reineboth zuflüsterte.
    »Jetzt müssen wir zeigen, was wir können. Verstehst du was von Psychologie? – Herhören, Herr Lagerführer. Der Höfel und der Dingsda müssen für das Lager gestorben sein. Ihre einzige Gesellschaft sind nur noch wir. Du und ich und der Mandrill. Sie müssen sich vorkommen wie vom lieben Gott verlassen.«
    Er tippte gegen Kluttigs Ellenbogen, Kluttig blinzelte in Reineboths schlaues Gesicht hinein, und dieser wartete, bis seine Gedanken in Kluttigs Gehirn eingedrungen waren, dann fuhr er fort:
    »Je gottverlassener sie sich vorkommen, desto leichter können wir sie ausquetschen. Der Mandrill kriegt Vollmacht, mit ihnen zu spielen, wie er will, nur kaltmachen darf er sie uns nicht.«
    Kluttig nickte zustimmend.
    »Aus dem Höfel prügeln wir die Bestätigung eines jeden Namens einzeln heraus. Das haut hin, all right.«
    »Englisch lernen und auf dem Kien sein, kapiert, Herr Lagerführer.« Er stand auf. »Volk ans Gewehr«, meinte er dabei.
    »Wohin?«, fragte Kluttig.
    »Arsch vollhauen«, antwortete Reineboth freundlich.
    »Jetzt schon?« Kluttig blickte mit weintrüben Augen zu Reineboth hoch.
    Der rezitierte: »Schmiede das Eisen, solange es warm ist.«
    Der Mandrill schloss die Zelle auf. Wortlos packte er Höfel und schlenkerte ihn auf den Gang hinaus, Kropinski folgte hinterher. Der Mandrill verschloss die Zelle wieder. Dieser kurze Augenblick der Ablenkung genügte Höfel, mit Kropinski einen Blick zu wechseln, einen angstvoll erwartenden, in dem aber auch Entschlossenheit lag. Der Mandrill trat sie in den Hintern und trieb sie zum Bunker hinaus, an Förste vorbei, der sich vor ihnen im engen Gang an die Wand drückte. In der großen Blockführerstube des gegenüberliegenden Torflügels stand bereits der Bock. Ein Rudel dienstfreier Blockführer lungerte herum, auf das Schauspiel neugierig. Hinter dem Bock saß Kluttig auf einem herangeschobenen Stuhl und wippte mit dem übergelegten Bein. Als der Mandrill die beiden ins Zimmer stieß, ging Reineboth auf Kropinski zu, fasste ihn

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