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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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schaukelnd aufgerichtet.
    »Zieh die Hosen hoch, du Schwein!«, brüllte Kluttig aufs Neue. »Oder willst du uns deine Nippsachen zeigen?«
    Kropinski reagierte wie ein Automat.
    Reineboth stieß Höfel mit der blutigen Spitze des Rohrstocks gegen die Brust und wies auf den Bock. Die Geste hatte etwas Einladendes: Bitte Platz zu nehmen …
    Mit steifen Beinen ging Höfel die wenigen Schritte und wurde von den Blockführern über den Bock gezogen.

Seit der Verhaftung waren schon einige Stunden vergangen, und es hatte sich noch nichts ereignet. Das war quälend. Zwischen Lager und Bunker gab es keine Verbindung. Keine Kunde drang von dem, was dort oben geschah, ins Lager hinein. Nur wenn am Morgen die Leichenträger ans Tor gerufen wurden, wusste man, dass der Mandrill wieder einen fertiggemacht hatte.
    Sicher würden Höfel und Kropinski so rasch nicht erledigt werden. Gerade das aber war es, was Bochow am stärksten beunruhigte. Er war allein auf dem Flügel seines Blocks. Runki befand sich in der Schreibstube, und die Stubendienste schafften die Esskübel nach der Küche. Bochow malte sinnlose Sprüche für den Blockführer, und quälende Unrast war in seinem Herzen. Er warf den Halter fort und stützte den Kopf in die Fäuste. Die Gruppen mussten verständigt werden. Das konnte erst am Abend geschehen, wenn das Lager eingerückt war. Was aber mochte sich bis dahin abspielen? Bochow zergrübelte sich das Hirn. Vielleicht waren alle Sorgen grundlos? Vielleicht hielt Höfel durch und ließ sich {lieber} erschlagen, als dass er … Aber noch lebte er, und solange er lebte, war auch die Gefahr … Bochow stierte vor sich auf die Tischplatte.
    Wünschte er Höfels Tod? – Erschauernd drückte er den grausamen Gedanken in den Abgrund seines Herzens zurück … {dort, wo er am tiefsten war. Ja, er wünschte Höfels Tod! –}
    Noch viele andere Gedanken waren übriggeblieben, und sie dehnten sich in Wellenkreisen aus. Bochow dachte an die Waffen, die gut verborgen waren. Höfel kannte einige der Verstecke. Von den Karabinern in den Blumenkästen wusste er nichts.
    Aber hatte Höfel nicht selbst in den nach Tausenden zählenden Kleidersäcken auf der Effektenkammer einige Pistolen verborgen, die von sowjetischen und polnischen Genossen ins Lager gebracht worden waren, damals, als die Rüstungsanlagen vor dem Lager noch nicht von den Amerikanern zerstört worden waren?
    Für den Uneingeweihten war es unmöglich, sie zu entdecken, die Kleidersäcke trugen falsche Nummern. Für den Wissenden jedoch genügte ein Griff. Der einzig Wissende war Höfel. Die Verstecke waren sicher und konnten nur durch Verrat …
    Bochow presste die Augen zu, verbarg sich im eigenen Dunkel. An nichts wollte er denken, an gar nichts! Aber die Wellenkreise, von jenem Punkt sich ausdehnend, an dem der grausame Wunsch in die Tiefe gesunken war, kehrten immerfort zurück …
    Nur durch Verrat …
    Es war fast nicht mehr zu ertragen! Wenn einem ahnungslosen Häftling des Kommandos einer der Säcke durch einen dummen Zufall in die Hände geriete?
    Bochow stöhnte. Die fürchterliche Lähmung der Illegalität saß ihm schmerzhaft in den Gliedern. Sie machte ihm die Gelenke schwer und lag ihm als lastender Druck im Magen. Was nun machen? Galt es, zuerst den Apparat vor einem möglichen Verrat zu sichern? Gab es überhaupt eineSicherung? Oder mussten zuerst die schutzlosen Pistolen in Sicherheit gebracht werden? Und wie machte man das? Wie nur, wie?
    Bochow konnte aus seiner Verborgenheit nicht heraustreten, nicht zu irgendeinem Kumpel der Effektenkammer gehen: Hör zu, ich habe dir was zu sagen, aber halte die Schnauze, verstehst du? –
    Bochow drückte die Fäuste an die Augen. Wie eine Ratte zernagte die Unruhe all seine Gedanken. {Aus dem schützenden Netz der Illegalität wurden Stricke, die ihn an Händen und Füßen fesselten. Einem Windstoß gleich durchfegte ihn plötzlich} Hass auf Höfel, der die tausend lauernden Gefahren verschuldet hatte und dessen Leichtsinn ihn zwang, ein Geheimnis nach dem andern preiszugeben. So schnell Bochow auch den aufgekommenen Hass wieder in sich niederstemmte, wissend, wie gefährlich es war, Gefühlen zu erliegen, so schnell reagierte sein Verstand, und Bochow war sich im Augenblick darüber im Klaren, dass er nur zu Krämer gehen konnte und diesen in das Geheimnis des Waffenverstecks einweihen musste. Nur Krämer war wiederum der Einzige, der den Schutz der Pistolen übernehmen konnte. Ihm musste er den Auftrag

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