Nackt unter Wölfen
geben, einen Kumpel aus dem Kommando ausfindig zu machen, der die Sicherung des Verstecks übernahm. Verflucht! So schlüpfte ein Geheimnis nach dem andern durch die Maschen des Netzes!
Bochow nahm die Hände von den Augen und zwang sich mit Gewalt zur Klarheit der Gedanken. Was nützten alle Grübeleien? Es blieb ja doch nichts weiter übrig.
Auch Krämer saß in seinem Raum, ballte die Hände zu harten Fäusten, verfluchte Höfels Weichherzigkeit und das Kind, das so schuldlos-schuldig ins Lager gekommen war. Auch in seinem Kopf nagte die Unruhe, und auch er empfand die gleiche Machtlosigkeit vor den Gefahren, die wie Naturgewalten drohten. Doch er durfte hier nicht herumsitzenund sich den Kopf zergrübeln, es musste etwas getan werden.
Plötzlich wurde Krämer betriebsam. Aus seiner Taschenlampe, die zu benutzen ihm als Lagerältestem gestattet war, nahm er die Batterie heraus und vertauschte sie mit einer alten, ausgebrannten, steckte die Lampe ein und verließ seinen Raum.
Er ging zu Schüpp. Wie gut, dass Krämer auf den Gedanken gekommen war, die Taschenlampe mitzunehmen. Der Scharführer war in der Baracke anwesend, und so hatte Krämer einen Vorwand für seinen Besuch. Er ließ sich durch Schüpp die Batterie auswechseln. Ein paar leise Worte, ein kurzer Blick genügten, sich zu verständigen, und kurze Zeit später war Schüpp bei Krämer.
»Du musst versuchen, rauszukriegen, was sie von Höfel wollen. Ich muss es wissen.«
Schüpp schabte sich sorgenvoll das Genick. »Wie soll ich das machen?«
Krämer fuhr mit ungeduldiger Hand durch die Luft. »Egal, wie, du hast schon andere Sachen gemacht. Geh in den Bunker und repariere meinetwegen die Lichtleitung.«
Schüpp seufzte: »Da muss sie erst mal kaputt sein.«
Plötzlich bekam sein Gesicht den unschuldig-staunenden Ausdruck. Mund und Augen rundeten sich, ihm schien ein Gedanke gekommen zu sein. »Förste«, sagte er nur. Krämer wiegte bedenklich den Kopf. »Ich habe auch schon daran gedacht. Wer ist der Förste eigentlich? Hält er zu uns, oder ist er eine Kreatur des Mandrill?«
Schüpp blinzelte angestrengt, er blickte durch das Fenster auf die große Uhr am Lagertor und hatte es plötzlich eilig. »Ich versuche es.«
»Sei vorsichtig, Heinrich«, rief Krämer noch, aber Schüpp war schon draußen. Um diese Zeit, das wusste er, hatte der vom Lager streng isoliert gehaltene Bunkerkalfaktor seinetägliche freie halbe Stunde, die er gewöhnlich an der Außenseite des Lagertores spazierend verbrachte. Was Schüpp über Förste wusste, war nicht viel. Auf seinen Gängen hatte Schüpp den Kalfaktor oft spazieren gehen sehen. Aus reiner Neugierde heraus, die innere Beschaffenheit des Menschen zu erproben, hatte ihm Schüpp im Vorbeigehen vertraulich zugeblinzelt.
Förste hatte nicht merklich auf die freundschaftliche Geste reagiert, aber in seinem Gesicht war auch nichts Abweisendes gewesen. Für Schüpp ein gutes Zeichen, dem er vertraute, als er jetzt mit seinem Werkzeugkasten zum Tor ging.
Er brauchte sich nicht abzumelden, sein Ausweis legitimierte ihn. An der Außenseite des Vorgebäudes machte er sich zu schaffen. Er überprüfte das Kabel für das Stativmikrophon, das vom Zimmer des Rapportführers um das Gebäude herum ins Lager lief. Um diese Stunde war es ruhig am Tor. Der diensttuende Blockführer langweilte sich und flegelte am Schalterfenster herum. Manchmal trat er zu Schüpp und sah zu, wie dieser am Steckkontakt hantierte.
»Ist was kaputt?«, fragte er.
»Bis jetzt noch nicht«, antwortete Schüpp philosophisch. »Aber wenn der Rapportführer das Mikrophon anschließt, kann es kaputt sein, und dann ist immer der Teufel los.« Schüpp tippte auf den Kontakt. »Das ist nämlich Kriegsware, und da ist immer mal was dran. Sehen Sie, hier drinnen sind Lamellen, die schmoren oft durch.«
Der Blockführer verzog gelangweilt das Gesicht. »Halt die Schnauze«, sagte er gemütlich, an Schüpps Erläuterungen uninteressiert. Schüpp war zufrieden. Er suchte sich eine Beschäftigung nach der andern. Der Bunkerkalfaktor musste jeden Augenblick erscheinen. Tatsächlich klirrte bald darauf das Eisengitter des Bunkers, und Förste trat heraus, sich bei dem Blockführer zur Freistunde meldend. In Schüpp wuchs die Spannung. Nachdem er umständlich den Kontakt untersuchthatte, ging er dem Kabel nach. Er richtete es so ein, dass er vom Blockführer gehört werden konnte, als er Förste unbefangen fragte: »Ist eure Leitung in Ordnung?«
Der so
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