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Nackt

Nackt

Titel: Nackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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dämlicher Arsch von einem Scheißkerl › Genau das hab ich ihm gesagt, denn inzwischen ist es mir scheißegal, aber wirklich.»
    Nachdem sie diese Information einem Wildfremden mitgeteilt hatte, wühlte die junge Frau in der Handtasche auf ihrem geschwollenen Bauch. Sie zog ihre Bürste hervor, blickte missmutig, sammelte die in den Borsten verfangenen Haare ein und warf sie auf den Fußboden. «Ich hab ihm gesagt: ‹Und noch was, du kalter Bauer›, hab ich gesagt, ‹wenn dieses Baby geboren ist, werde ich nur einen Blick auf sein vollgeschissenes Gesicht werfen, und wenn es dir auch nur so ein bisschen ähnlich sieht, werde ich dem Arzt sagen, er soll ihm den Scheiß-Kopf absägen und als Köder verwenden. Das mache ich, das schwör ich dir bei Gott, und es gibt auf der ganzen Scheiß-Welt nichts, was du dagegen unternehmen kannst.› Nach der ganzen stinkenden Scheiße, die ich diesem Scheißkerl zu verdanken habe, hat der auch noch den Nerv und fragt mich, was ich für Pläne in puncto Namenswahl habe. Kaum zu glauben, so ein Scheiß. Für mich jedenfalls nicht. Ich hab gesagt: ‹Diesen Scheiß glaub ich einfach nicht, du Scheißkerl.› Ich hab gesagt: ‹Du Arsch, ich werd ihn scheissenochmal nennen, wie ich ihn verdammtescheisse nennen will.› Ich hab gesagt: ‹Ich hätte nicht übel Lust, ihn Cecil Scheißkerl Arschgesicht zu nennen, nach seinem Vater, du hässlicher Scheißkerl von einem Arschgesicht.› Ich hab gesagt: ‹Na, was sagst du jetzt, du Flachwichser, du Schwanzlutscher, du Sack voll stinkender, dampfender, blutgesprenkelter Scheiße.›»
    Sie wischte sich ein wenig Speichel von den Lippen und machte es sich gemütlich. Das Kind trat und bewegte sich im Mutterleib, und sie reagierte, indem sie vor Schmerz aufschrie, bevor sie mit der fachen Seite der Haarbürste auf ihren Bauch drosch. «Du Arsch», sagte sie, «versuch das noch einmal, und ich komm da mit einem Scheiß-Kleiderbügel rein, dann hast du aber scheissenochmal echt was, was du treten kannst, Scheisse.»
    Dies Amerika war die Idee sowjetischer Propaganda-Chefs, eine brutale Landschaft, von hoffnungslosen Einfaltspinseln mit batteriebetriebenen Mündern bewohnt, von einem schlimmen Ort an einen noch übleren treibend. Wenn man Glück hat, wecken einen die Leute im Bus, um eine Zigarette zu borgen. Der Mann auf dem Fensterplatz wird sich wahrscheinlich mit dem Satz «Was hastn du da zu glotzen?» vorstellen. Wegen der unbeständigen Art ihrer Fahrgäste sind die Busfahrer in der Kunst der Konfiktbewältigung bewandert und halten häufig an, um bei einer Meinungsverschiedenheit zu vermitteln.
    «Immer klaut er mir meine Leckerlis.»
    «Sir, tut mir sehr leid, aber Sie werden diesem Herrn seine Nougats zurückgeben müssen.»
    Der Bus kroch dahin und hielt in Städten, durch die wir bestimmt schon vor fünfzehn Minuten gekommen waren. Nun aber mal ein bisschen Tempo, dachte ich. Diese Leute machen mehr Ärger, als sie wert sind. Sollen sie doch die fünfundzwanzig Meilen bis nach Wrinkled Bluffs oder Cobbler’s Knob, oder welchen gottverlassenen Kakteenklumpen sie sonst ihr Zuhause nennen, zu Fuß gehen. Im Gegensatz zu ihnen hatte ich Ziele, echte Ziele. Dort warteten Menschen auf mich, deren Leben ich bereichern sollte. Sah man das nicht ganz deutlich?
    «Dieser Bus fährt jetzt ohne Aufenthalt weiter nach Odell, Oregon», sagte der Fahrer, stellte ich mir vor, ins Mikrofon. «Wer nicht nach Odell will, muss unverzüglich aussteigen und am Rande dieser furchterregenden Wüste eine Warteschlange bilden.»
    Meine Mitpassagiere würden stöhnen und grummeln und in die Sitztaschen greifen und ihren mit kleinen Wollmäusen behafteten Zahnersatz und ihre halbvollen Halbliterflaschen Old Spaniel einsammeln. Ich würde sie beobachten, wie sie auf die staubige Landstraße hinaustreten, schäbige Koffer in der Hand, und mit geschüttelter Faust die unversöhnliche Sonne bedrohten. Sobald der letzte von ihnen evakuiert war, würde der Fahrer den Türschließer betätigen, sich auf seinem Sitz umdrehen, den Mützenschirm mit den Fingern berühren und sagen: «Jetzt bringen wir Sie erst mal schleunigst nach Odell, Sir. Bis dahin möchte ich, dass Sie sich einfach zurücklehnen und die Fahrt genießen.»
    Nachdem er beinahe zwölf Stunden damit verbracht hatte, die Unannehmlichkeiten seiner ABM-Stelle zu erläutern, erreichte der Mann neben mir endlich seinen Bestimmungsort. Der Platz wurde von einem verdrießlichen, kinnlosen Schlot von

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