Nackt
Liebe und Freundlichkeit.» Ich schrieb ihr zurück, wenn sie sich recht erinnere, hätten wir uns über diese Leute lustig gemacht. «Wir haben sie belogen und verarscht und jetzt willst Du sie segnen lassen? Was ist denn mit Dir passiert?»
Im Rückblick kann ich, glaube ich, erraten, was mit ihr passiert war. Nach der kurzen Phase hart erkämpfter Unabhängigkeit lernte sie die Tatsache schätzen, dass Menschen, wenn sie nett sind, in erster Linie nett sind und nicht blöd. Peg hatte das in relativ jungen Jahren kapiert. Ich brauchte länger.
C. O. G.
D ie Busfahrt von North Carolina nach Oregon dauert vier Tage, und die setzen sich aus etwa fünfundsiebzigtausend Stunden zusammen, wenn man ohne die Hilfe eines starken veterinärmedizinischen Beruhigungsmittels reist. Es war mein Schicksal, dass jeder Marine-Infanterist, der sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatte, jeder tränenbefeckte Ausreißer, jeder betrunkene auf Bewährung entlassene Strafgefangene so dicht neben mir saß, dass ich, falls er tatsächlich mal gnädigerweise kurz das Bewusstsein verlor, unweigerlich seinen sprudelnden Speichel mit meinem Hemdkragen auffing. Bücher und Zeitschriften boten keine Erleichterung. Sie taugten nicht nur nicht als Abwehrschild, ihr Dasein zog im Gegenteil alles, von milder Neugier bis hin zu offener Feindseligkeit, auf sich.
«Glaubst du, du lernst was aus einem Buch?», sagte der Mann und boxte meine Kopfstütze mit seinen tätowierten Knöcheln. «Ich werd dir mal was sagen, Bücherwurm, wenn du wirklich die Wahrheit erfahren willst, dann gibt es dafür nur einen Ort: die Justizvollzugsanstalt Chatham. Das ist die beste Scheiß-Schule im ganzen stinkenden Land. Da hab ich alles gelernt, was ich weiß, und noch manches andere. Verdammt, in diesem gottverdammten Bus lernst du mehr als in einer ganzen …» Er hielt inne, war bestrebt, sich daran zu erinnern, wie so was hieß. «Hier wirst du jedenfalls mehr lernen als in einer ganzen Pyramide voller Bücher. Man könnte eine ganze Rennbahn mit der ganzen Scheiße, die jemals geschrieben wurde, vollstopfen, aber hier gibt es mehr zu lernen.» Da ich noch nie eine Rennbahn voller Bücher gesehen hatte, fand ich es übereilt, ihm zu widersprechen. «Da könnten Sie recht haben», sagte ich und betrachtete die Narben, die sein verprügeltes, sonnenverbranntes Gesicht schmückten. «Sie müssen jetzt bald aussteigen, stimmt’s? Sonst setze ich mich gern auf die andere Seite des Busses, damit Sie etwas mehr Platz haben und sich ein bisschen ausstrecken können.»
«‹Ja›, hab ich zu ihm gesagt», sagte das Mädchen, das jetzt neben mir Platz nahm. «Ich hab gesagt: ‹Davon kannst du aber verdammt noch mal ausgehen, dass ich dies Scheiß-Baby kriege.› Ich hab gesagt, ich krieg dies stinkende Stück Scheiße, egal, ob er nun der Scheiß-Vater sein will oder nicht.» Sie pausierte, um sich die Stupsnase mit einem Kniestrumpf abzuwischen, den sie ausschließlich zu diesem Zweck bei sich führte.
«Ich hab gesagt: ‹Ich hab mir diese Scheiße schon vier Jahre lang von Big T bieten lassen müssen, und wenn du glaubst, ich steh einfach da und lass mir noch mehr von der Scheiße bieten, dann kannst du in die knuffigen Knie sinken und mir zwischen Scheiße und Schorf die Haare vom Arschloch lecken, du Arsch.› Ich hab ihm gesagt: ‹Ich habe es scheissenochmal satt, mit einem bleichgesichtigen Nigger rumzuficken, der ständig auf Mösenjagd ist, anstatt mal seinen Scheiß-Fettarsch zu lüften und sich einen ScheißJob zu besorgen.› Dem hab ich’s aber gegeben. Musste mal sein. Ich hab gesagt: ‹Du Scheißkerl hast weniger im Sack, als Gott einer gottverdammten Kirchenmaus mitgegeben hat. Du bist bei deiner Mamma aus der zerfedderten Votze gekrochen, hast dich an ihren ranzigen Titten festgehalten, und seitdem hat sich bei dir nichts geändert, du Arsch.› Ich hab gesagt: ‹Wenn du das Baby nicht willst, finde ich einen Scheißkerl, der es will, jemanden, der die Welt nicht durch den Schlitz seines kackpockigen, schwuchtelärschigen, würmchengroßen Pimmels betrachtet.› Ich hab gesagt: Dann ist das Baby eben ein Bastard, aber ich kann dir garan-scheiße-tieren, dass es nicht halb so sehr ein Bastard ist wie sein Vater, du Arsch und Bastard! Du kannst meinem Opa die Sahne aus seinem alten, krummgewichsten Hutzelpimmel zutzeln, bevor ich dich jemals, und damit meine ich jemals, einen Blick auf das faltige Arschgesicht dieses Babys riskieren lasse, du
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