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Nacktbadestrand

Nacktbadestrand

Titel: Nacktbadestrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Vavrik
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Unbehagen und kratze sich an den Armen, als ob er die Bilder so verbergen könnte.
    Â»Der Fisch ist verdammt gut«, flüsterte er dabei.
    Seine Augen waren weit aufgerissen, als ob er Panik hätte.
    Â»Danke«, sagte ich. »Es ist nur ein Tiefkühlfisch.«
    Â»Gut. Sehr gut«, wiederholte er.
    Ich fasste Mut. »Was sind das für Bilder auf deinen Armen?«, fragte ich.
    Â»Sie schützen mich. Das Böse kann mir nichts tun, wenn es glaubt, dass ich auch böse bin«, antwortete er.
    Â»Das ist gut, dass sie dich schützen, die Bilder«, sagte ich.
    Â»Das Böse soll glauben, dass ich das Böse bin. So hat es Angst vor mir und tut mir nichts. Aber ich bin nicht das Böse. Ich bin gut«, stellte er unsicher fest.
    Wir hatten unser Mahl beendet. Ich servierte ab und brachte Kaffee samt Weihnachtskeksen.
    Â»Hast du eine Bibel?«, fragte er plötzlich.
    Â»Eine Bibel?«, wunderte ich mich.
    Â»Ich habe keine. Hast du eine?«, fragte er.
    Ich hielt es für möglich, wusste es aber nicht genau. Ich musste nachsehen. Dafür schämte ich mich. Aber ich fand tatsächlich eine Bibel und gab sie ihm. Er schlug sie auf und sah hinein. Ich erinnerte mich auf einmal daran, dass zum Weihnachtsfest Kerzen gehörten. Ich hatte keine, und schon gar nicht hatte ich einen Adventkranz. Die einzige Kerze im Haus war eine Duftkerze und in Weihnachtspapier verpackt. Die war mein Geschenk für Jakob, und dafür war es noch zu früh.
    Schließlich fand ich Teelichter. Ich stellte ein paar davon auf den Tisch und zündete sie an. Jakob beobachtete mich schweigend. Ich setzte mich wieder.
    Er schlug die Bibel wieder zu und flüsterte: »Ich weiß nicht, wo das steht, was man zu Weihnachten immer liest. Ich kann auch nicht besonders gut lesen. Meinst du, du findest die Stelle?«
    Â»Was?«, fragte ich unsicher.
    Allmählich machte er mich ein wenig nervös.
    Â»Es begab sich aber zu der Zeit… und so weiter«, flüsterte er.
    Er flüsterte die ganze Zeit, und ich wusste nicht genau, warum. Vielleicht hatte es etwas mit seinen Gewohnheiten aus dem Gefängnis zu tun. Vielleicht durfte man dort ab einer bestimmten Abendstunde nur noch flüstern. Ich hatte ja keine Ahnung.
    Â»Ich weiß schon, welche Stelle du meinst«, sagte ich.
    In der Bibel gab es hinten ein Verzeichnis: Weihnachten, Ostern, Pfingsten.
    Ich las: »Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darumdass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertraueten Weibe, die war schwanger.«
    Ich las bis zu der Stelle, an der es hieß: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.«
    Â»Das genügt«, flüsterte er. »Bis hierher. Du hast eine schöne Stimme. Ich habe dir etwas mitgebracht.«
    Er stand auf und ging ins Vorzimmer, um etwas aus seiner Manteltasche zu holen. Er kam mit einem gusseisernen Engel zurück. Etwas kitschig war der schon, aber ich freute mich sehr darüber.
    Â»Das bist du«, meinte er. »Ich wusste es nicht, als ich ihn kaufte. Aber jetzt weiß ich, dass du ein Engel bist«, sagte er.
    Ich bedankte mich mit einem Wangenkuss. Dann ging ich ins Schlafzimmer und holte mein Geschenk, die Duftkerze. Ungeduldig wie ein Kind riss er das bunte Papier auf. Als er die Kerze sah, strahlte er.
    Â»Zünden wir sie gleich an!«, schlug er vor. »Sie ist schön.«
    Jetzt flüsterte er nicht mehr.
    Â»Das freut mich«, sagte ich.
    Meine Spannung auf das, was da noch kommen würde, stieg.
    Â»Ins Gefängnis kann ich sie leider nicht mitnehmen. Das ist verboten«, meinte er betrübt.
    Â»Oh, das tut mir leid«, sagte ich.
    Â»Kein Problem«, sagte er.
    Wir schwiegen. Die Kerzen flackerten.
    Ich überlegte lang, was ich sagen könnte, aber er durchbrach das Schweigen zuerst.
    Â»Ich wollte den Typen nicht umbringen«, sagte er. »Ich hatte damals, mit neunzehn, zwar noch nicht solche Muskeln wie

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