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Nacktes Land

Titel: Nacktes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: West Morris L.
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Art, wie seine kräftigen harten Hände herabgesunken waren. Doch trotz seiner abgespannten Haltung blieb sein Geist wach und aufmerksam, und sie beneidete ihn um seine Zähigkeit, während sie ihm gleichzeitig seine scheinbare Gleichgültigkeit ihrer eigenen Verfassung gegenüber verübelte. Der Ärger gab ihrer Stimme einen spitzen Klang, als sie ihn fragte: »Was haben Sie rausgekriegt, Neil? Woran denken Sie? Sie haben in der letzten halben Stunde kaum ein Wort gesagt.«
    Zu ihrer Überraschung entschuldigte er sich sofort. »Das tut mir leid, Mary. Ich bin bei meiner Arbeit keine Gesellschaft gewohnt – weibliche schon gar nicht. Billy-Jo und ich brauchen nicht viele Worte – wir denken immer gleichzeitig dasselbe.«
    »Und ich bin ein Störenfried?«
    »Nein, bloß eine Figur in der Landschaft, die ich von Zeit zu Zeit aus den Augen verliere. Übrigens gibt es auch nicht viel zu erzählen, was Sie nicht schon wüßten. Ihr Mann ist an dieser Stelle zum Fluß gekommen. Die Myalls waren ihm auf der Spur; in welchem Abstand, wissen wir noch nicht. Sehen Sie, das ist alles schon vierundzwanzig Stunden her, und in der Sonne trocknet die Erde schnell. Die verschiedenen Spuren scheinen gleichzeitig entstanden zu sein – aber wir wissen, daß das nicht stimmen kann.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß die Myalls Lance eingeholt haben?«
    »Möglicherweise ja.«
    Kalte Furcht ergriff ihr Herz, doch ihre Stimme blieb fest, als sie weiterfragte: »Heißt das, daß er jetzt tot sein könnte?«
    »Vielleicht, aber nicht unbedingt. An Ihrer Stelle würde ich mit dem Schlimmsten rechnen – und doch das Beste hoffen.«
    Ihre unerschütterliche Beherrschung beunruhigte ihn.
    »Ich bin auf alles gefaßt. Meinetwegen brauchen Sie keine Angst zu haben.«
    Er blinzelte sie von der Seite her an und meinte trocken: »Sie sind ganz schön tapfer, Mary.«
    »Hätten Sie das nicht von mir erwartet?«
    Er überhörte den boshaften Unterton ihrer Frage.
    »Ich weiß nicht. Aber jedenfalls bin ich froh darüber. Was auch immer passiert, Sie werden Ihren Mut brauchen.«
    Plötzlich fauchte sie ihn an: »Sie sind wohl ziemlich abgebrüht, wie? Vermutlich sind Sie deshalb so ein guter Polizist.«
    Bevor er sich eine Antwort überlegen konnte, kam Billy-Jo über die Sandbank auf sie zugelaufen; aus seinem verwitterten dunklen Gesicht sprach Ratlosigkeit. Adams fragte ihn scharf: »Irgend etwas gefunden?«
    Der Späher zeigte stromauf und stromab das Ufer entlang: »Überall Spuren von Eingeborenen. Gehen rauf und runter. Machen Feuer, essen und schlafen. Keine Spuren von weißem Boss, keine Kleider, kein Blut, nichts.«
    Ein Schimmer der Bewunderung ließ Adams' Augen aufleuchten. Mehr zu sich selbst als zu Mary murmelte er: »Schlauer Kerl. Er hat den Fluß ausgenutzt, um seine Spuren zu verwischen. Er muß ihnen weit genug voraus gewesen sein, daß er sie völlig von seiner Fährte abbringen konnte. Ich möchte wissen, in welche Richtung er gegangen ist.«
    Seine Augen suchten das gegenüberliegende Ufer ab, wo Dornbüsche, Schlingpflanzen und die Wurzeln der Pandangpalmen den steilen, schlammigen Abhang überwucherten. Mary Dillon beobachtete ihn gespannt und wagte nicht, ihn in seinen Überlegungen zu unterbrechen. Billy-Jo sprach als erster wieder, ruhig und mit der Bestimmtheit dessen, der die Situation überblickt. »Licht verschwinden bald, Boss. Vielleicht wir gehen über Fluß und schauen, eh?«
    Adams überlegte einen Augenblick, dann nickte er ernst und wandte sich zu Mary: »Wir müssen Sie jetzt eine Weile allein lassen, Mary. Wir möchten gern noch das Sumpfland da drüben überprüfen, ehe es dunkel wird. Bringen Sie die Pferde hier herunter, lassen Sie sie saufen und binden Sie sie dann an. Danach könnten Sie schon mal anfangen, Holz für ein Feuer zu sammeln. In meiner Satteltasche ist ein Gewehr. Hier ist es zwar nicht gefährlich, aber wenn Sie uns plötzlich brauchen sollten, feuern Sie zwei Schüsse ab. Sobald es dunkel wird, kommen wir zurück.«
    Sie wollte ihm schon sagen, daß sie nicht mit Pferden umgehen könnte, in ihrem Leben noch keinen Schuß abgefeuert hätte, beim Lagern immer Lance oder die Viehtreiber das Feuerholz gesammelt hätten, daß sie schon beim bloßen Anblick eines Insekts zitterte und daß die Angst vorm Alleinsein sie fast verrückt machte. Aber sie unterdrückte das alles und sagte nur: »Gehen Sie ruhig. Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich mach' was zu essen, während Sie weg

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