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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Bonvivant für sich gewinnen, der den Reichen und Schönen dieser Welt das Segeln beibrachte. Schusterin, bleib bei deinen Leisten, tadelte sie sich und scrollte weiter.
    Onis schnaufte und rollte sich von ihren Füßen. Endlich wieder Blut in den Zehen.
    Draußen schlug es elf Uhr, als Irmgard ihre Auswahl getroffen hatte.
    Drei Männer:
    Erziehungswissenschaftler, 58 , Stuttgart – »Das Besondere an mir ist, dass ich nichts Besonderes bin.«
    Architekt, 60 , Baden-Baden – »Das Besondere an mir ist, dass ich mir Jugendlichkeit, Optimismus und Kreativität bewahrt habe.«
    Pfarrer, 55 , ehemals Rheinland, jetzt Baden-Württemberg – »Das Besondere an mir ist, dass ich ehrlich, treu und humorvoll bin und gut zuhören kann.«
    Ihr Profil sagt mir zu. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf. Beste Grüße, Ihre Irma.
    Irmgard hatte keine Ahnung, warum sie sich Irma nannte. Ihr Bruder nannte sie immer Irmi, um sie zu ärgern. Sie war im Grunde allen Abkürzungen abhold. Doch jetzt und hier wollte sie nicht ihren wahren Namen preisgeben. Sie brauchte einen Decknamen. Es sollte irgendetwas nah am Original sein, aber eben doch nicht ihr richtiger Name. Also Irma.
    Kaum hatte sie die drei Mails an den Erziehungswissenschaftler, den Architekten und den Pfarrer abgeschickt, brach sie in Panik aus.
    Irma.
    Wie in
Irma la Douce.
    Würden diese Männer sie jetzt für ein leichtes Mädchen halten?
    Nicht auszudenken!
    Aber nun ließ sich nichts mehr rückgängig machen …

Mitternacht
    Tu resteras dans nos cœurs!
Probablement. Possiblement. Peut-être.
     
    »Du bist ein Stümper! Du willst mich aufhalten?
Du?
Da lache ich doch nur. Ha!«
    Der bullige Mann, der beim Sprechen stark spuckte, lachte gekünstelt auf. »Was ich mir einmal vorgenommen habe, das ziehe ich durch. Da kann mich niemand aufhalten, schon gar nicht so eine halbe Portion wie du! Und vor allem nicht mit so billigen Drohungen!«
    Sie standen sich auf der Herrentoilette des Parkhauses Am Schied gegenüber. Wie ein Sumo-Ringer und ein Fliegengewichtboxer, nur in edlem Zwirn.
    Der Korpulentere von beiden mit den Händen im Schritt, an den Knöpfen seiner Levi- 501 -Jeans nestelnd. Er war es, der seine Spucke so freizügig verteilte. Nur seinetwegen hatten die SPD und die Grünen vor kurzem im Landtag in einhelliger Harmonie den Eilantrag eingebracht, das Rednerpult um mindestens einen Meter nach hinten zu versetzen.
    »Du Würstchen, du hast doch keine Ahnung. Wenn hier einer droht, dann
ich.
Du bist ein Versager. Eine Null. Ich werde dich fertigmachen!«, spuckte Lambert von Bellingen weiter. Wenn er einmal in Fahrt geraten war, donnerte er wie ein Tanklaster mit defekten Bremsen über eine Straße mit 15  Prozent Gefälle ins Tal – und Gott stehe dem erstbesten Haus bei, auf das er traf.
    »Mich hier auf dem Weg zu meinem Wagen abzufangen. Und mir dann
so
zu kommen! Diese Impertinenz! Hast du dir einen zu viel hinter die Binde gekippt?«
    Er schnupperte an seinem Gegenüber wie an einer Leberwurst, deren Frische zweifelhaft war.
    Dann spuckte er weiter: »Du lächerlicher Zwerg, ich wollte es ja im Guten regeln, aber das geht nun wirklich zu weit. Du hörst von meinem Anwalt, gleich Montag früh! Und jetzt verschwinde. Das ist mein letztes Wort!«
    Lambert von Bellingen senkte den Blick, um auch den letzten Levi-Knopf ins Levi-Knopfloch zu versenken.
    Ein Fehler.
    Sein Gegenüber, ein im Vergleich feingliedriger Mann, hatte plötzlich das Gefühl, dass irgendwo in ihm ein lebender Kater in einen Mixer geworfen wurde. Er schrie auf – scheinbar ohne eigenes Zutun –, und sein Aufschrei hallte mit ohrenbetäubender Dezibelstärke von den schmuddeligen Fliesen des Männerklos wider.
    Er hatte nicht schreien wollen, er schrie nie. Aber ihm war klar: Lambert von Bellingen stieß keine haltlosen Drohungen aus. Niemals. Nur seinetwegen war ein über die Grenzen der Region bekannter Sternekoch aus einem hiesigen First-Class-Hotel weinend nach Florida ausgewandert und betrieb dort jetzt einen German-Sausages-with-Kraut-Imbiss.
    Das durfte
ihm
nicht passieren. Nicht jetzt. Nicht jemals.
    Er durfte einfach nicht scheitern!
    Während Lambert von Bellingen noch grobmotorisch an seinem Hosenschlitz nestelte und dabei Brummtöne von sich gab, griff der feingliedrige Mann in einer einzigen fließenden Bewegung in seine Herrenhandtasche, umklammerte das funkelnde Edelstahlteil mit seinen Fingern, zog es schwungvoll heraus und stach zu.
    Mit aller Kraft und an der

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