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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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ein.
    »Aujourd’hui, es gibt Fisch. Gott’elf, du musst jetzt besonders gut aufpassen.« Bocuse öffnete seinen Aktenkoffer und holte ein Zeitungsbündel heraus, das vor allem durch seinen Geruch auf sich aufmerksam machte. Er klappte die Zeitungsseiten auf, und zum Vorschein kam ein toter Fisch. Keiner der Männer konnte ihn identifizieren, aber ausnahmslos alle dachten sofort an den Fischhändler aus
Asterix & Obelix,
der steif und fest zu behaupten pflegte: Fisch fängt man nicht frisch im Meer, Fisch bestellt man aus Lutetia; nur aus der Großstadt kommt Qualitätsware, auch wenn der Fisch dadurch beträchtlich an Alter und Ablagerung gewann. Dieser Gedanke drängte sich den Kochkursjungs auch deshalb auf, weil ein intensiver Geruch an ihre Nasen drang.
    »Äh«, fing Seifferheld erneut an. Anderes Thema, erneute Bedenken. Aber auch dieses Mal wurde er abgeschmettert.
    »Quoi?«, rief Bocuse leicht verärgert. »Ah oui, unser Fisch ’at Aroma. Aber das kocht sich weg!« Sprach’s und leerte reichlich Olivenöl in die Fischpfanne.
     
    Am nächsten Morgen lag Bocuse mit Fischvergiftung im Diakoniekrankenhaus.
    Die Jungs vom VHS -Männerkochkurs schämten sich.
    Keiner hatte mitgegessen. Seifferheld hatte eine Grätenphobie erfunden, Klaus war von einer Pinkelpause einfach nicht zurückgekommen, und Arndt hatte Bereitschaftsdienst vorgeschoben und war enteilt, obwohl sein Handy mit dem charakteristischen Maschinengewehrklingelton überhaupt nicht losgeschossen hatte. Horst, Gotthelf, Eduard und Schmälzle kippten ihre Portionen in einem unbeobachteten Moment in den Müll. Feigheit vor dem Feind hatte sie gerettet.
    Doch sie machten sich Vorwürfe.
    Sie hätten Bocuse wirklich vom Fischverzehr abhalten sollen!
    Aus dem Polizeibericht
    Klein, aber hart
    Ein circa 30  Jahre alter Mann hat sich letzte Woche Dienstag zwischen 8 und 8  Uhr 30 in einem Haller Parkhaus vor einer Putzfrau entblößt. Er überraschte die Reinigungskraft im Damen- WC , öffnete seine Hose und präsentierte ihr sein erigiertes Geschlechtsteil. Der Mann an sich ist groß, über 180  Zentimeter, abnorm muskulös, hat ein längliches Gesicht und als besondere Auffälligkeit eine Narbe quer über der in Form gezupften, linken Augenbraue. Der Putzfrau gelang es, ihn durch höhnische Bemerkungen in die Flucht zu schlagen. Seine Identität ist noch ungeklärt. Die Polizei bittet um sachdienliche Hinweise.

23 : 45  Uhr
    Und sein Hals wird lang und länger,
Und sein Gesang wird bang und bänger,
Doch er legt noch schnell ein Ei.
frei nach Wilhelm Busch
     
    »Und? Wie ist es gelaufen?«
    Seifferheld flüsterte in den Hörer. Er durfte nicht lauter sprechen. Ihm war bewusst, dass das, was er tat, nicht koscher war. Und außerdem schlief MaC drüben in seinem Bett, und er wollte sie nicht wecken. Wenn sie miteinander Liebe gemacht hatten, schlief MaC immer tief und fest und war nicht zu wecken, aber in Seifferhelds Schlafzimmer liebten sie sich nie, denn auf der anderen Wandseite schlief Irmgard, und das hemmte MaC ungemein, weil sie glaubte, die Wände seien zu dünn und man könne alles hören. Womit sie nicht ganz unrecht hatte. Doch manchmal, meistens wenn sie in der Redaktion wieder einmal Ärger gehabt hatte, kam sie zu ihm, um eng an ihn gekuschelt einzuschlafen. Allerdings war sie dann auch durch ein unbedachtes Hüsteln zu wecken.
    Onis, der sich bäuchlings auf dem Bettvorleger ausgestreckt hatte, schnarchte im Hip-Hop-Takt.
    Am anderen Ende der Leitung lachte es holländisch-melodisch auf. »Wie es gelaufen ist? Die Goldene Himbeere geht an … Tusch! … Sissi von Bellingen!« Van der Weyden war ursprünglich nur auf sechs Monate im Rahmen eines europäischen Austauschprogramms zur Schwäbisch Haller Mordkommission gekommen, aber nun lebte er schon zehn Jahre hier. Der Liebe wegen. Dies als Warnung an alle ledigen Männer der Welt: Hall ist ein gefährliches Pflaster. Schöne Frauen an jeder Ecke! Im Fall von Geert Van der Weyden war es allerdings ein schöner Mann. Doch egal, ob Männlein oder Weiblein: Was sich ein Haller erst einmal unter die Nägel gerissen hat, das gibt er so schnell nicht wieder her! So blieb Geert – wie Bocuse – in der Stadt am Kocher und fuhr nur im Sommer und zu Weihnachten heim nach De Koog auf der Nordseeinsel Texel.
    »Was soll das heißen, Goldene Himbeere? Sissi von Bellingen war unglaubwürdig? Sie hat sich in Widersprüche verwickelt?«, zischelte Seifferheld. Musste man diesem Holländer,

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