Nadel, Faden, Hackebeil
Visitenkarte in die Manteltasche. Und zeitgleich spürte Seifferheld, wie sich die Fingerkuppen ihrer Rechten auf der Suche nach Hautkontakt unerbittlich in seinen Windjackenärmel schlängelten.
Na, prost Mahlzeit!
Gut, dass MaC nicht in der Nähe war …
18 : 00 Uhr
Wenn zwei sich streiten, sollte man als Dritter
grundsätzlich in Deckung gehen.
Schon wieder Ärger im Paradies. Als Seifferheld nach Hause kam, war die Luft in der Küche zum Schneiden. Onis, der seinen Wassernapf neben der Eingangstür leer geschlabbert hatte – Liebe macht durstig! –, schnüffelte nur kurz über die Schwelle, nahm den Geruch von Zickenalarm wahr und lief schnurstracks in Siggis Zimmer, dessen Tür nur angelehnt war, um sich auf seiner Lieblingsschmusedecke bäuchlings auszustrecken.
Seifferheld, der ebenfalls Durst hatte, schalt sich innerlich, dass er keine Flüssigvorräte in seinem Zimmer aufbewahrte. Er musste die Küche betreten, wenn er nicht aus dem Wasserhahn im Bad trinken wollte.
»Bin wieder da«, sagte er und marschierte zügig zum Kühlschrank.
»Siegfried, ich wünsche, dass du ein Machtwort sprichst!«, erklärte Irmi.
»Als ob ich mir von Onkel Siggi was sagen lassen würde. Ich bin volljährig!«, erklärte Karina und wedelte mit irgendwelchen Flyern, die Seifferheld nicht genau erkennen konnte, auf denen er aber das Logo des Diakoniekrankenhauses auszumachen glaubte.
»Solange du deine Füße unter unseren Tisch …«, fing Irmi an.
»O bitte. Du benimmst dich wie ein Dritte-Welt-Diktator. Wegen so einer Lappalie!«
»Das ist alles andere als eine Lappalie!«
»Ob das eine Lappalie ist oder nicht, entscheide allein ich!«
Unglaublich, wie hoch sich Frauenstimmen schrauben konnten.
Seifferheld versuchte, sich gemäß dem Prinzip »nur kein Risiko eingehen« in der geöffneten Kühlschranktür unsichtbar zu machen. Es blies ihm eisig entgegen, aber Erfrieren war immer noch besser als die Alternative, von Irmis Wortpfeilen durchbohrt zu werden. Er verharrte reglos. Ihm war völlig egal, worum es gerade ging. Die Zukunft der Menschheit würde schon nicht davon abhängen, und seine eigene Zukunft war definitiv rosiger, wenn er sich jetzt möglichst bedeckt hielt.
»Siegfried, sag gefälligst auch etwas! Oder ist das schon die Totenstarre?«, verlangte Irmi mit Donnerstimme. »Ich hab’s so satt mit dieser Familie! So satt! Da opfert man sich auf und wofür? Wofür?« Die Frage blieb unbeantwortet in der überhitzten Küchenluft hängen. Irmi warf das Küchenhandtuch in die Spüle und verließ türenknallend den Raum.
»O bitte«, rief Karina ihr durch die zugeknallte Tür hinterher, »als ob dich mein Körper auch nur im Geringsten tangieren würde! Du brauchst bloß immer was, worin du dich einmischen kannst!«
Darin waren sich Karina und Irmi total ähnlich, nur dass Karina sich in die Lokal- und Weltpolitik mischte, Irmi dagegen in die Privatangelegenheiten ihrer Familienangehörigen. Aber für diese Ähnlichkeit waren die beiden Mädels natürlich blind.
Es kehrte wieder Ruhe ein.
Seifferheld entspannte sich, griff nach einer Flasche Bier und schloss den Kühlschrank. Endlich! Er hatte das Gefühl, dass an seinen Augenbrauen und Nasenhaaren schon kleine Eiskristall-Stalaktiten hingen.
Den Fehler, Karina zu fragen, worum es ging, machte er nicht. Nicht noch einmal. Devise: raushalten!
Karina, die jetzt im
Haller Tagblatt
blätterte, sagte: »Ist dir schon einmal aufgefallen, dass bei Todesanzeigen immer ›unser geliebter Mann, Bruder, Onkel, Neffe‹ steht? Oder ›unsere innig geliebte Großmutter, Patentante, Kegelfreundin‹? Na, wenn geliebt zu werden eine Grundvoraussetzung fürs Sterben ist, dann ist Tante Irmi unsterblich.«
Seifferheld überlegte, ob er jetzt doch was sagen sollte. Das war ja nun doch ein wenig arg frech. Aber dann ließ er es bleiben.
Und eines musste er den Frauen in seinem Leben immerhin lassen: Sie verstanden es vorzüglich, einen von Grübeleien über Leichen und die Endlichkeit des Lebens abzulenken.
Oder darüber, ob es in Ordnung war, wenn man zwar eine feste Freundin besaß, sich aber trotzdem mit einer süßen Daunenjackenfrau zum Kaffee verabredet hatte.
19 : 30 Uhr
Warum ist das Emblem des Clubs kochender Männer eigentlich ein Hummer und kein Schnitzelburger?
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Sie sind Hausmann, Single oder aus irgendeinem anderen Grund gezwungen, das nachzuholen, was den Evas durch Mütter oder Schule fast
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