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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Ehefrau kannten, fragten, was genau es da zu lieben gab –, beherrschte die deutsche Sprache perfekt und akzentfrei. Aber er fand, dass ein paar französische Einsprengsel und vor allem ein schwerer Akzent zu seiner Rolle als Chefkoch einfach dazugehörten, selbst wenn ihn das viel Mühe kostete. Seifferheld wusste um Bocuse’ Geheimnis, wahrte aber Stillschweigen.
    »Kochwettbewerb?«, raunte Klaus ungläubig.
»Wir?
Äh …
Uns?
«
    Die gesamte Runde nickte ungläubig. Wenn sie etwas
nicht
konnten, dann kochen. Sie waren jetzt im zweiten Semester, und es hatte sich herausgestellt, dass Kochsendungen im Fernsehen zwar sehr anregend waren und in ihnen allen die Lust auf Selbstgekochtes geweckt hatten, dass aber die Sterneköche frech in die Kameras der diversen Sender logen, wenn sie den Anschein vermittelten, jeder könne so kochen wie sie, wenn er nur die richtigen Töpfe und Pfannen und frisches Biogemüse vom Markt verwendete. Es war einfach Fakt, dass keiner von ihnen in der Lage war, ein Ei zu pochieren oder Brokkoli zu blanchieren, geschweige denn beides in zeitlicher Nähe nacheinander durchzuführen. Womöglich waren sie die einzigen zum Kochen völlig untauglichen Männer in ganz Hall, aber das unergründliche Schicksal hatte sie zusammengewürfelt und ihnen nach nunmehr zwanzig Unterrichtsstunden ( 80  Euro Kursgebühr pro Semester, Lebensmittel werden im Kurs abgerechnet) überaus deutlich vor Augen geführt, dass sie entweder von Fertignahrung leben oder sich von anderen Menschen bekochen lassen sollten. Sie kamen überhaupt nur aus dem einen Grund zusammen, um sich zu erzählen, was sie so die Woche über erlebt hatten, und um die VHS -Küche einzusauen. Was am Ende der jeweiligen Abende auf den Tellern landete, taugte nicht zum menschlichen Verzehr. Wenn Fleisch dabei war, bekam es Onis, den Seifferheld immer mitnahm und der auch in diesem Moment schlummernd und vermutlich von Lady träumend vor dem Kühlschrank lag. Wenn es Rohkost gab, aß es am Ende Bocuse. Alles andere landete im Kompost.
    »Ja, ihr! Euch ’abe ich angemeldet!«, bekräftigte Bocuse, der eigentlich rosarote Kontaktlinsen tragen müsste, weil er grundsätzlich alles optimistisch sah. »Männer, ihr müsst an euch glauben! In euch steckt mehr!«
    Bocuse verstand sich im wahren Wortsinn als Illuminator – er wollte seine Mitmenschen erhellen. »Man muss laut Vorgabe ein einzelnes, sehr schwieriges Gericht besonders gut kochen – par exemple eine Pastete – oder aber eine normale Menü auf den Tisch bringen. Isch ’abe uns eine Menü zusammengestellt, das wir in der Arena ’ohenlohe präsentieren werden. Es ist ganz leicht!«
    Die Männer warfen sich bedeutungsschwangere Blicke zu.
    »Isch lese euch jetzt die Liste vor.« Bocuse entknitterte ein Faltblatt. »Salat – Siggi.« Seifferheld war der Salatspezialist, das ergab Sinn. Besonders gut war er im Salatschleudern. Seine Dressings waren allerdings ungenießbar.
    »Suppe – ’orst.« Horst sah sich als Mathematiker vor allem dazu imstande, mikrogrammgenau die Zutaten abzumessen. Der unbedarfte Laie könnte nun annehmen, dass Horst besagte, perfekt abgemessene Zutaten mühelos in heißes Wasser rühren konnte und fertig, aber dem war nicht so. Rühren und Pürieren endeten bei Horst immer mit Suppenflecken auf der Schürze, dem Herd, der Wand, den Mitkochenden.
    »Seeteufel – Gotthelf, Beilagen – Arndt, Günther et Eduard, Dessert – Guido.« Hoffnungslose Fälle, alle vier. »Und die Krönung wird das Soufflé! Keine Sorge, Klaus, isch ’elfe dir dabei.«
    »Soufflé«, staunte Klaus, und alle wussten, dass er keine Ahnung hatte, was ein Soufflé war.
    Bocuse bekümmerte das nicht weiter. »Und, Jungs? Seid ihr so begeistert wie isch? We will rock se ’ouse!« In seiner Begeisterung ließ Bocuse elvisgleich die Hüften rotieren.
    »Äh«, fing Seifferheld an, um seine Bedenken zu artikulieren.
    Keine Chance.
    »Isch kenne die anderen Gruppen, isch ’abe undercover ermittelt.« Bocuse freute sich diebisch. »Die sind keine Konkürrenz für uns!«
    Kaum vorstellbar, dass es noch schlechtere Hobbyköche geben sollte als sie. In Baden-Württemberg, Deutschland, der Welt, dem Universum.
    »Bis züm Wettbewerb, wir ’aben noch etwas Zeit. Mit ’eute. Alors, Männer, lasst uns kochen!«
    Der Funke wollte nicht so recht überspringen. Etwas bedröppelt blieben die Kocheleven auf ihren Hockern sitzen, sogar Guido Schmälzles Pobacken legten eine Zuckungspause

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