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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Autobahn erst mühsam gesäubert werden. Nach Schätzungen der Polizei liegt der Sachschaden bei 35   000  Euro. Und hier noch eine Mitteilung des Braunsbacher Drogeriemarktes: Brise Raumduft ist ausverkauft und kommt vor nächster Woche auch nicht mehr rein!

07 : 05  Uhr
    Wo ein Wille ist, da ist auch ein Gebüsch.
     
    Seifferheld war immer schon ganz besonders stolz auf Onis, seinen treuen Gefährten, gewesen.
    Onis war nicht einfach nur ein Hund, er war ein Freigeist. Wenn man ihm ein Kommando gab, dachte er erst einmal darüber nach, wie sinnvoll der Befehl war. Er war kein dressierter Seelöwe, der für seine tägliche Ration Hering herumscharwenzelte. Er war ein Hund mit Würde!
    Allerdings auch ein Hund mit Stolz. Wäre er nur damals nicht auf die Provokation dieses dämlichen Dobermanns eingegangen, der sich dummerweise als Polizeihund erwies. Wegen Tätlichkeit gegen einen Beamten wurde Onis daraufhin von Amts wegen zum Gefahrhund erklärt. Was im Klartext bedeutete, dass die Hundesteuer verdreifacht wurde und Onis nicht länger ohne Maulkorb oder Leine unterwegs sein durfte. Seifferheld und Karina mussten sogar – gegen eine erkleckliche Gebühr – einen Hundeführerschein ablegen, der sie zum Ausführen eines Gefahrhundes berechtigte. Seifferheld fand das in höchstem Maße empörend. Zumal doch der andere Köter angefangen hatte! Onis hatte sich nur verteidigt! Aber gegen ein Bürokratenurteil anzugehen hieß, gegen Windmühlen zu kämpfen. Das gab nur Magengeschwüre und Verbitterungsfalten.
    Als Seifferheld an diesem Morgen mit Onis durch den Stadtpark – die sogenannten Ackeranlagen – marschierte, ließ er ihn natürlich frei laufen. Das war das subversive Element in Seifferheld. Wäre er als junger Mann nicht bei der Polizei gelandet, hätte er womöglich eine Karriere als Revoluzzer eingeschlagen.
    Aber auch ein weniger subversiv veranlagter Hundebesitzer hätte sich womöglich in Sicherheit gewiegt: So früh morgens waren nämlich keine Kontrollettis unterwegs.
    Die Strecke durch den Park war für Herr und Hund immer dieselbe: vom Grasbödele, wo sich das Globe-Theater befand, über die Epinal-Brücke, benannt nach der französischen Partnerstadt, den Moses-Herz-Weg entlang am Anlagencafé vorbei bis zu den Stadtwerken und dann auf der anderen Kocherseite wieder zurück zum Grasbödele.
    Unterwegs überlegte er sich, wie er am besten Konstantin von Bellingen – den Namen hatte er schlicht und ergreifend über das Telefonbuch recherchiert – zu seinem toten Bruder befragen konnte. Er war ja nun kein Polizist in Amt und Würden mehr, nur noch ein Vorruheständler ohne jedwede Befugnis.
    Vielleicht hatte er es mit einem gebrochenen Mann zu tun, der angesichts des Verlustes seines Bruders offen verzweifelt war. Oder aber – und darauf spekulierte Seifferheld – mit einem Mann, der etwas zu verbergen hatte. Dann würde Konstantin von Bellingen erst recht auf irgendeine Form der Legitimation bestehen.
    Plötzlich – mitten auf der überdachten Holzbrücke, die über den Kocher führte – merkte Seifferheld, dass er seinen Morgenmost vor dem Gassigehen hätte entsorgen müssen.
    Was tun?
    Er sah sich um. In weiter Ferne ging eine männliche Gestalt in Richtung des jüdischen Friedhofs, ansonsten war weit und breit niemand zu sehen. Früher hätte er das nicht getan, da war er ja auch noch eine Respektsperson gewesen. Jetzt war er einfach nur ein Mensch. Noch dazu ein Mann. Ein Mann, der mal musste.
    Er verließ die Brücke und schlug sich mit seiner Gehhilfe nach rechts ins Gebüsch.
    Onis lief hinterher. Hätte ja sein können, dass sein Oberhund im Gebüsch irgendeine Leckerei versteckt hatte.
    Moment mal. Was war das?
    Seifferheld konnte gerade noch zur Seite zielen, als Onis etwas unter dem Laub hervorzog und triumphierend im Maul davontrug.
    »Onis! Pfui!«, rief er, als er kurz darauf fertig war und abgeschüttelt hatte.
    Onis sah ihn nur mit leicht gesenktem Kopf von unten herauf an.
    Seifferheld beugte sich vor. Das Ding in der Schnauze seines Hundes war länglich und rosa und … Es war ein Teddy. Ein arg mitgenommener rosa Teddy, dem ein Auge und ein Ohr fehlten.
    »Pfui, aus!«, befahl Seifferheld.
    Onis ließ den Teddy fallen.
    Seifferheld schüttelte den Kopf. Was die Leute heutzutage alles wegwarfen. Er humpelte weiter, sinnierte, wie er sich Konstantin von Bellingen nähern sollte.
    Darum bekam er auch nicht mit, wie Freigeist Onis zurücklief, den Teddy wieder ins

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