Nadel, Faden, Hackebeil
In seiner Partei muss man aber Kinder haben.«
Aha, dachte Seifferheld, ein mögliches Motiv.
»Der Lambert hat von Anfang an auf einem knallharten Ehevertrag bestanden. Ob er stirbt oder sich scheiden lässt, finanziell steht die Sissi immer gleich da.«
Da ging es hin, sein Motiv.
»Also eine offene Ehe? Seine Frau wusste von der Affäre mit …« Seifferheld sprach es nicht aus.
»Aber selbstverständlich! Der Lambert hat ihr schon vor der Ehe deutlich zu verstehen gegeben, dass man einen von Bellingen nicht in den bürgerlichen Käfig der tristen Monogamie sperren kann.« Konzi grinste stolz. Als ob es ein Familienverdienst wäre, das Schürzenjäger-Gen zu besitzen.
»Hat Frau Runkel auch solche Drohbriefe bekommen?«, erkundigte sich Seifferheld, um endlich mal Namen zu nennen.
»Wer?« Konzi schien ehrlich ahnungslos.
»Frau Runkel? Die zweite Tote an diesem Wochenende. Die Geliebte Ihres Bruders.«
Konzi lachte auf. »Wer hat Ihnen denn diesen Bären aufgebunden? Ich habe die Freundin meines Bruders erst gestern Abend gesehen. Sissi hat einen kleinen Umtrunk veranstaltet, und da war Lamberts Betthase auch dabei. Quietschfidel!«
Seifferhelds Unterkiefer hatte Mühe, sich nicht unvermittelt der Schwerkraft zu überlassen. »Kiki Runkel lebt?«
»Keine Ahnung, wie sie heißt. Ich habe sie nur hin und wieder bei irgendwelchen halboffiziellen Anlässen gesehen. Sie schien sich mit Sissi sogar gut zu verstehen. Aber wie die jetzt hieß? Die Mädels haben doch alle so alberne Spitznamen – Sissi, Fippa, Schlippi, Kiki …«, sagte Konzi und schaute arglos. Bei Männern war das offenbar was anderes.
In Seifferheld arbeitete es. Das Gesicht der Toten war durch den Baseballschläger bis zur völligen Unkenntlichkeit entstellt. Lebte Kiki Runkel womöglich noch? Lag eine andere Frau tot im Souvenirladen? Wussten seine Kollegen davon? Hatte Kiki etwas mit der Tat zu tun? Von wegen Beschaffungskriminalität!
Seifferheld tupfte sich mit der schweren Stoffserviette den Mund ab und stand auf. »Herr von Bellingen, es hat mich sehr gefreut. Wir sehen uns auf der Vernissage. Die Einzelheiten des Kaufes klären wir dann später. Vielen Dank und alles Gute.«
»Aber …«, rief Konzi Seifferhelds Rücken hinterher.
Die Rechnung,
wollte er noch rufen, aber da war sein künftiger Gönner auch schon weg. Ohne zu bezahlen. Na prosit! Hoffentlich hatte er jetzt genug Cash in der Hose …
14 : 30 Uhr
Auf die Männer – weil sie keine Kinder kriegen,
sondern Kinder bleiben!
»Herr Seifferheld, das ist aber nett!«
Er hatte Witterung aufgenommen. Mit geblähten Nüstern war er die wenigen hundert Meter von der Gaststätte Pflug zur Mordkommission zu Fuß marschiert. Seine Hüfte murrte zwar, machte aber mit. Die Mordkommission lag ohnehin auf dem Weg in die Innenstadt. Seine Ex-Sekretärin Biggi würde ihm zweifelsohne Akteneinsicht gewähren. Das tat sie doch immer.
Und sie hätte es zweifellos auch dieses Mal getan.
Nur war sie nicht da.
»Grüß Gott, Frau … äh …«
»Denner.« Die junge Brünette lächelte.
»Frau Denner, wie … äh … wo … äh … ist denn Frau Boll?«
»Tja, die haben Sie verpasst. Nicht mehr da. Weg.«
Seifferheld stutzte. Ja gut, Biggi Boll stand nur wenige Millimeter von der Pensionierung entfernt, aber sollte er schon so senil sein, dass er ihre Abschiedsfeier vergessen hatte? Oder war er gar nicht eingeladen worden?
Frau Denner schob ihm den Besucherstuhl hin und ging zur Kaffeemaschine. »Biggi und ihre Freundin sind heute Morgen für ein paar Tage nach Südtirol gefahren. In so ein Wellnesshotel. Sie möchten doch sicher eine Tasse Kaffee?«
Seifferheld nickte. »Ein paar Tage?«
»Übernächste Woche Montag ist sie wieder im Büro. Soll ich ihr etwas ausrichten?«
Seifferheld setzte sich und atmete zischend aus. »Blöd«, entfuhr es ihm.
»Ach, Sie wollten mal wieder Akteneinsicht nehmen.« Frau Denner schmunzelte.
Seifferheld hob den Kopf. Nur jetzt nichts Falsches sagen und Biggi in die Bredouille bringen.
»Ist schon in Ordnung. Ich weiß von nichts.« Frau Denner füllte eine angeschlagene Garfield-Tasse mit Kaffee auf, der auch wie Kaffee aussah und roch. Seifferheld, der von Irmis Kaffeekünsten nicht verwöhnt war, schnüffelte verzückt, wie es Onis zu tun pflegte, wenn man ein Schweineohr aus dem Schweineohreimer im Keller zog.
Frau Denner stellte die Tasse auf einen Aktenberg und setzte sich Seifferheld gegenüber. »Worum geht es
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