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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Theater, und ihm fielen bei ihrem Anblick beinahe die Augen aus. Karina allerdings ignorierte ihn. Der andere war Fela, der im Auftrag des
Haller Tagblatts
ein Foto schießen sollte, aber die ganze Zeit nur neben dem Notausgang stand und seinem Nebenbuhler um die Gunst Karinas, dem ignorierten Polizeiobermeister Viehoff, vernichtende Laserblicke zuwarf. Karina ignorierte auch Fela, weil sie ihm die Sache mit dem stummen Alarm, dem Polizeiverhör und seinen entsetzten Eltern gebeichtet und er völlig relaxt darauf reagiert hatte. Heiligengleiche Großmut war verdächtig und vergrätzte.
    Seifferheld seufzte. Diese Jugend. Er selbst trug natürlich seinen einzigen guten Anzug, der jetzt definitiv nicht mehr frisch roch, was sich auch mit einer halben Flasche Sir Irish Moos nicht mehr übertünchen ließ. Das Ehepaar neben ihm hatte sich sogar weggesetzt.
    Die vierte Abonnementskarte hatte Olaf bekommen, weil Susanne immer noch nicht zurückgekehrt war. Seifferheld fragte sich kurz, ob er sich Sorgen machen sollte. Aber wenn Olaf unbekümmert war, dann konnte er das wohl auch sein. Jetzt saß jedenfalls Olaf neben ihm, bedauerlicherweise in einem hellgrünen Batikhemd und einer Art Pluderhose, und schaute auf die Bühne, als ob ihn wirklich interessierte, was dort oben abging.
    Die Tübinger Mimen gaben alles. Faust, dargestellt von einem Zwei-Meter-Kerl mit rotem Ziegenbart, tobte sich die Seele aus dem Leib, der Teufel in Gestalt einer als Pudel verkleideten Frau war verführerisch wie frisch gefallener Schnee, die Nebenrollen agierten, als gäbe es keine Nebenrollen, sondern nur wichtige Rollen, die es mit Leben zu füllen galt, und bis zur Pause hatte jeder Einzelne im Publikum mindestens einmal gelacht, geweint und einen ernsten Gedanken gehegt.
    Als das Licht anging, sprang Seifferheld auf und humpelte im Galopp zur Bar. Das war der einzige Haken an diesen Theaterabenden im Neubausaal: Die Bar war zu klein. Wer als Letzter kam, musste so lange anstehen, dass er seinen Drink erst nach dem Gong bekam, der zur Fortsetzung der Vorstellung rief.
    »Drei Sekt-Orange und ein Export«, bestellte er.
    »Ah, Sie sind nicht allein hier. Sonst hätte ich Sie jetzt auf ein Getränk eingeladen«, sagte eine ihm bekannte Stimme.
    Seifferheld fuhr herum. Tatsächlich, es war Dr.Arnfried Kolb. Der Mann trug tatsächlich einen Smoking. Was Olaf an Eleganz fehlte, hatte Dr.Kolb zu viel.
    »Eine Frau darf man nicht vernachlässigen, zweieinhalb kommen gut ohne einen zurecht«, scherzte Seifferheld, der Olaf nicht für einen ganzen Mann hielt.
    Gesagt, getan. Seifferheld bekam ein Tablett, auf dem er die Gläser zu seinem Harem trug, dann gesellte er sich zu Dr.Kolb, der sich an die hintere Treppe gestellt hatte, wo man ungestört war, weil sich alle vorn tummelten. Sehen und gesehen werden.
    Seifferheld prostete ihm zu. Und fragte sich, was Kolb von ihm wollte. Bestimmt wusste er schon, dass sich jemand Zutritt zu seinem Wochenendhaus verschafft hatte. Aber wusste er auch, wer?
    »Sie treffen hier doch sicher viele Ihrer Patientinnen?«, smalltalkte Seifferheld, um abzulenken.
    Kolb lächelte. »Aber nein. Frauen suchen so gut wie nie einen Schönheitschirurgen vor Ort auf.«
    »Sie fahren in den Osten, weil es dort billiger ist?«
    Kolb verlor sein Lächeln. »Nein, das meinte ich nicht. Frauen lassen sich nicht gern vor Ort straffen und verschönern, weil das zu nah dran ist. Meine Patientinnen kommen aus ganz Deutschland. Die Hallerinnen fahren zur Konkurrenz an den Bodensee. Wissen Sie, man will als Frau nicht in gesellschaftlichem Kontext dem Mann begegnen, der einen daran erinnert, wie flüchtig die körperliche Schönheit ist.«
    »Gilt das nur für Operationen oder auch schon für Botox-Aufspritzungen?«
    Kolbs Gesicht erstarrte vollends. »Die Behandlung mit Botox ist etwas anderes, da haben Sie recht. Das Einspritzen von Botox ist ja auch kein chirurgischer Eingriff und kann ambulant durchgeführt werden.«
    Seifferheld lächelte unverfänglich. »Aha. Und das lassen Frauen einfach so mit sich machen? Lassen sich Gift unter die Haut spritzen? Frauen sind komisch.«
    Kolb hatte sich und seine Mimikmuskulatur wieder im Griff. »Stimmt, Frauen sind komisch. Gott der Allmächtige hat sie so geschaffen, damit sie besser zu uns Männern passen.«
    Seifferheld hob deutend seine Gehhilfe. »Die Richterin da drüben war doch sicher bei Ihnen, stimmt’s?« Die Gehhilfe schwenkte nach links. »Und die Bankerin da hinten auch,

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