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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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und Hacken von Gemüse und Kräutern. Wir haben gerade eines im Angebot. Für einhundertzweiundsiebzig Euro.«
    Das war kein Messer, das war ein Hackebeil. Eine tödliche Waffe. Ein Monstermesser. Aber genau das, was Seifferheld zur Beruhigung seiner Nerven und zur Ablenkung jetzt brauchte.
    »Der Griff ist aus Pakka-Holz, und natürlich handelt es sich bei der Klinge um Damaszener-Stahl. Sie dürfen es niemals in der Geschirrspülmaschine spülen, das versteht sich. Wollen Sie es einmal in die Hand nehmen?«
    Das Messer lag erstaunlich griffig in seiner Hand. Mit einer Gesamtlänge von fast dreißig Zentimetern war es ein ordentlicher Brocken und doch ganz leicht.
    Seifferheld stand im besten Haushaltswarengeschäft von Schwäbisch Hall und genoss die fachmännische Beratung.
    Es ließ sich nicht leugnen, er war ein Mann. Und wenn ein Mann vor einer unlösbaren Aufgabe steht, dann denkt er als Erstes: Ich brauche das richtige Werkzeug.
    Wenn übermorgen das große Amateurwettkochen in der Arena Hohenlohe stattfand, hatte er nur dann eine Chance auf eine gelungene Geflügelterrine, wenn er das beinlose Geflügel und das Gemüsezeugs und überhaupt alles mit funkelndem Stahl zerteilte. Der Stahl musste so funkeln, dass die Kameras geblendet wurden!
    »Wir schleifen Ihnen das Messer selbstverständlich auch jederzeit.«
    Seifferheld nickte. Er hatte sich schon längst entschlossen, auch wenn das Messer so viel kostete wie der Busausflug an den Gardasee, den MaC seit dem bedauerlichen Vorfall mit der Blume der Nacht mit keiner Silbe mehr erwähnt hatte.
    »Wunderbar. Gekauft!«, sagte Seifferheld.
    »Möchten Sie es als Geschenk verpackt haben?«
    »Nein danke, ich nehme es so.«

12 : 22  Uhr
    Um die Anerkennung als Asylberechtigter zu erhalten,
muss ein Antrag gestellt werden –
das gilt auch für asylsuchende Gummipuppen.
     
    Aus zehn Metern Entfernung sah sie aus wie ein fleischgewordener Männertraum. Aus einem Meter Entfernung roch sie stockig und nach unkorrekt gelagertem Gummi.
    Mimi.
    Als es an der Tür klingelte, war Seifferheld allein in der Küche und probierte sein neues Hackebeil aus. Eigentlich hatte er erwartet, dass dieses japanische Wunderwerk wie von selbst schnitt oder sich die Petersilie schon von allein in Stücke riss, wenn man ihr nur mit dem Messer drohte. Doch mitnichten. Die Petersilie war weitgehend unversehrt, nur das Holzbrett zierten jetzt tiefe Narben. Und ein Pflaster zierte Seifferhelds Daumen.
    Im Flur hatte Onis schon Position vor der Haustür bezogen, wie immer, wenn es klingelte. In Onis schlummerte eben auch ein Wachhund, der sein Rudel beschützte. Mittlerweile hegte Seifferheld allerdings den Verdacht, dass Onis vornehmlich seinen rosa Teddy beschützen wollte.
    Als Seifferheld die Haustür öffnete, sah er sich Mimi gegenüber.
    Mimi war in aufgeblasenem Zustand lebensechte einhundertachtzig Zentimeter groß, daher war Klaus hinter ihr kaum zu sehen.
    »Hallo Siggi«, rief er, um sich bemerkbar zu machen. »Dürfen wir kurz reinkommen?«
    Klaus war im Grunde jedwedes Schamgefühl fremd. Wozu sich schämen, wenn man in einem vollbesetzten Bus Winde fahren ließ? Warum sollte es einem peinlich sein, wenn eine der wenigen, der sehr wenigen Ex-Freundinnen (man konnte sie an einer Hand abzählen, was mit ein Grund war, warum es im Leben von Klaus eine Gummipuppe gab), wenn also eine der wenigen Ex-Freundinnen mitten auf dem Marktplatz »Du impotenter Wichser« rief? Auch wenn es gar nicht stimmte, also das mit dem impotent. Und auch wenn eine Reisegruppe aus Moers-Repelen alles mitbekam und einige sogar Fotos schossen. Ging davon die Welt unter? Nein. Eben. Klaus lebte in beseelter Sorglosigkeit, um die ihn nicht nur Seifferheld beneidete.
    Jedenfalls hatte Klaus mit seiner üblichen beseelten Sorglosigkeit Mimi in aufgeblasenem Zustand quer durch die Stadt getragen, anstatt – wie es jeder andere Mann getan hätte – ihr die Luft abzulassen und sie zusammengelegt in einer Plastiktüte zu transportieren.
    Aber mit der Peinlichkeit ist es so eine Sache: Wenn man sie nicht freiwillig zu sich bittet, schleicht sie sich irgendwann hinterrücks an einen heran. Bei Klaus war es jetzt so weit. »Du, Siggi, ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
    Seifferheld ahnte Böses.
    »Kannst du Mimi vorübergehend bei dir Asyl gewähren?« Klaus sah ihn treuherzig an.
    »Äh … also …« Das war jetzt einen Tick unangenehm. Schließlich war Mimi ein ganz besonderes Spielzeug. Man

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