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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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dagesessen war.
    »Ich überlege noch.«
    »Machen wir doch einfach weiter. Wenn Onis ein berufstätiger Hund wäre, welche Gebrauchshundaufgaben würde er dann Ihrer Meinung nach erledigen sollen?«
    »Rettungshund. Verschüttete Erdbebenopfer aufspüren«, rief Karina.
    »Er ist bereits ein Gebrauchshund und fungiert als Therapiehund für meinen Bruder, damit dieser mit seiner malaisen Hüfte regelmäßig Bewegung bekommt«, erklärte Irmi.
    »Herr Seifferheld?«
    Seifferheld kräuselte die Stirn. »Ich überlege noch.«
    So eine Antwort wollte wohlüberlegt sein, das brach man doch nicht einfach übers Knie.
    »Kaffee?«, sagte Irmi zu Dr.Honeff, und Seifferheld war zu sehr mit denken beschäftigt, um den Mann zu warnen.
    »Kommissar Rex«, sagte Seifferheld urplötzlich. »Wenn Onis nicht Onis wäre, wäre er Kommissar Rex. Und er wäre bei der Mordkommission. Als Topermittlerhund.« Seifferheld strahlte.
    Honeff hatte einen Schluck von Irmis Kaffee genommen und wurde erst bleich, dann krebsrot.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Karina.
    Honeff nickte, wollte etwas sagen, verschluckte sich, hustete und stand auf. »Ich komme nunmehr zu meiner Diagnose: Der Hund leidet daran, dass er in diesem Haus völlig unterschiedlich wahrgenommen wird. Die völlig voneinander abweichenden Erwartungshaltungen an ihn überfordern ihn und treiben ihn in die innere Isolation, der er mit Niedergeschlagenheit und Futterverweigerung begegnet. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich muss weiter. Ein suizidgefährdeter Papagei wartet auf mich.«
    »Wollen Sie nicht erst in Ruhe austrinken«, rief Irmi, aber da war Dr.Honeff schon enteilt.
    »Wow, das ging ja schnell«, staunte Karina. Sie kniete sich auf den Boden und streichelte Onis, der den Kopf zwischen die Pfoten gelegt hatte und auf das Streicheln gar nicht reagierte. »Du Armer, du fühlst dich von uns überfordert.«
    Da ging die Küchentür auf, und Mozes stürmte herein.
    Es war ein entsetzlich stinkender Mozes, mit zerrissenen Hosen und einer gammeligen Bananenschale auf der Schulter.
    »Guckt, was ich gefunden habe!«, quietschte er fröhlich. »Den Teddy von Onis! Er lag in der großen Mülltonne ganz unten. Ich bin reingeklettert.«
    Onis wirbelte herum, sprang auf und stürzte sich mit wild wedelndem Schwanz auf Mozes und den rosa Teddy. Alle drei ließen sich fallen und tollten und rollten beglückt über den Fliesenboden.
    »Was soll denn das?«, rief Irmgard.
    »Hurra!«, rief Karina.
    »Ja!«, rief Mozes.
    »Wuff«, bellte Onis, und man hätte schwören können, dass er in diesem Augenblick fröhlich lachte. Für ihn war die Welt schlagartig wieder in Ordnung.
    Na wunderbar, dachte Seifferheld. Aber er wusste, wann er sich geschlagen geben musste.
    Von nun an gehörte der rosa Teddy dazu.

20 : 12  Uhr
    Doc Faustus, a German legend –
als Faust noch ein Stürmer und Dränger war.
     
    Schwäbisch Hall war eine Theaterstadt. Im Sommer ging man zu den Freilichtspielen auf der Treppe von St. Michael, im Winter besuchte man die Aufführungen des Theaterrings im Neubausaal. Wobei der Theaterring regelmäßig Tourneetheatertruppen mit spannenden, bildenden oder einfach amüsanten Stücken verpflichtete.
    Selbstverständlich waren die Seifferhelds nicht nur Abonnenten der Konzertgemeinde, sondern auch des Theaterrings. Kultur wurde in der Familie seit jeher großgeschrieben.
    So saßen sie an diesem Abend zu viert in der Aufführung des Landestheaters Tübingen, das El Presidente höchstselbst verpflichtet hatte.
    Irmgard hatte sich auch im Laufe des Nachmittags jede Nachfrage bezüglich ihres Ausbleibens und ihres Imagewechsels verboten, war in ihr Zimmer verschwunden und erst kurz vor dem Gang zum Theater wieder aufgetaucht. Jetzt trug sie ihr grünes Brokatkleid mit der Nerzstola, die Großmutter Seifferheld ihr vermacht hatte, Gott hab’ sie selig.
    Karina hatte ihre blauen Haare unter einer waldmeistergrünen Pudelmütze versteckt. Dazu trug sie ein fast durchsichtiges T-Shirt mit nichts darunter und einen tempotaschengroßen Minirock. Seifferheld war sehr versucht gewesen, etwas zu sagen, aber dann hatte er beschlossen, dass er nicht der Hüter seiner Frauen war. Und falls die Kerle allzu gierig starren sollten, konnte er immer noch mit seiner Gehhilfe zuschlagen.
    Es starrten dann allerdings nur zwei junge Männer: In dem einen erkannte er den Polizisten wieder, der Karina verwarnt und nach Hause gebracht hatte; er war offenbar mit seiner Großmutter im

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