Nadel, Faden, Hackebeil
verschwinden und etwas weiter vorn Angeberkollege Dr.Höllerich auf dem Ärzteparkplatz aus seinem Porsche Cayenne GTS steigen. Insoweit man bei einem Urologen überhaupt von Kollege sprechen konnte.
Und so bekam Dr.Kolb auch nicht mit, wie sich über der Hundeschnauze das Gesicht von Seifferheld um die Kirchenmauer schob.
Seifferheld wartete, bis Kolb außer Sichtweite verschwunden war, dann zählte er bis fünfzig und sagte zu Onis: »Schön brav bleiben!«
Dieser Aufforderung hätte es nicht bedurft. Onis, mit der Leine an einen Baumstamm gebunden, war glücklich, einige intime Momente mit seinem Teddy verbringen zu können.
Seifferheld ließ sich in das Haus ein, dessen Mansardenwohnung Kolb bewohnte. Das war weiter nicht schwer: Die Haustür war unverschlossen.
Die Tür zur Mansarde war natürlich verschlossen, stellte aber für Seifferheld kein größeres Problem dar.
Dieser Kolb hatte Dreck am Stecken. Und damit meinte Seifferheld mehr als nur Kolbs Botox-Stube. Wenn es eine Verbindung zu Lambert und Kiki gab, dann ließen sich vielleicht Hinweise finden. Natürlich war sich Seifferheld der Ungesetzlichkeit seines Tuns bewusst, aber für einen richterlichen Beschluss zur Hausdurchsuchung hatte er mitnichten genug Beweise. Und das war das Schöne am Vorruhestand: Regeln brauchten ihn nicht länger zu kümmern.
Die Dachwohnung von Kolb war ebenso nüchtern eingerichtet und penibel sauber wie sein Wochenendhaus. Statt Chrom und Marmor herrschte hier dunkles Holz vor, aber der Gesamteindruck war ebenso aufgeräumt.
Seifferheld zog ein paar Schubladen auf und öffnete diverse Schranktüren – fand jedoch nichts von Interesse.
So ganz genau wusste er nicht, was er zu entdecken hoffte. Den Kohledurchschlag eines Erpresserbriefes? Und wenn ja, wo würde Kolb etwas derart Belastendes aufbewahren?
Der Kühlschrank war fast leer. Unglaublich viele Menschen versteckten Dinge, die niemand anderes finden sollte, im Tiefkühlfach. Nicht so Kolb. Auch hinter den Schränken wurde Seifferheld nicht fündig. Er schaute sogar unter die Tischplatten, wo schon so mancher etwas festgeklebt hatte. Aber nicht Kolb.
Seifferheld blieb stehen und meditierte kurz über die Persönlichkeit von Dr.Arnfried Kolb. Wo würde ein Mann wie er Wertvolles oder gar Belastendes verstecken? Nach zwei Sekunden war klar: in einem Wandtresor!
Wandtresore fand man gemeinhin im Schlafzimmer, also humpelte Seifferheld zur Schlafzimmertür und …
… humpelte gleich darauf auf Zehenspitzen, aber auf sehr schnellen Zehenspitzen zur Wohnungstür.
In Kolbs Bett hob und senkte sich die Bettdecke.
Von wegen asexuell.
In Kolbs Bett lag eine Frau.
»Arni, bist du das?«, hörte man sie rufen. Offenbar glaubte sie, ihr Lover sei zurückgekehrt.
Seifferheld schloss rasch die Tür hinter sich und machte sich vom Acker.
So weit, so schlecht. Und so unergiebig.
Aber immerhin war er gerade noch mal der Entdeckung entgangen.
09 : 26 Uhr
Argwohn riecht den Braten,
eh’ das Schwein geschlachtet ist.
»Wurster.«
»Hier Siggi, hast du eine Sekunde?«
»Aber wirklich nur eine Sekunde. Um halb ist Einsatzbesprechung.«
Seifferheld kam gleich zur Sache. »Hör mal, seid ihr bei euren Ermittlungen auf den Namen Arnfried Kolb gestoßen?«
Wurster atmete hörbar aus. »Siggi, hast du dich da schon wieder in eine Idee verrannt?«
»Aber nein. Ich frage ja nur.« Seifferheld hatte sich meditativ vor dem Badezimmerspiegel auf völlige Harmlosigkeit eingestimmt. Die kam jetzt auch in seiner Stimme rüber. Wurster ließ sich täuschen.
»Der Name tauchte wirklich auf, aber er hat für die Tatzeiten ein Alibi.«
»Ach, echt?« Mist, nun klang doch Enttäuschung in seiner Stimme durch. Kein Oscar für die beste schauspielerische Leistung am Telefon für Seifferheld. »Lass mich raten: eine Frau.«
»Siggi, lass es gut sein. Schieß dich auf jemand anderen ein. Und vor allem auf jemand, der nicht mit den oberen Zehntausend der Stadt auf du und du ist.«
Seifferheld hmpfte. Das war heute nicht sein Tag.
10 : 04 Uhr
Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Schabenfleisch aus dir.
Aus den Augen macht er Sülze,
aus dem Hintern macht er Speck,
aus den Därmen macht er Würste,
und den Rest, den schmeißt er weg.
Abzählvers in memoriam des
Serienmörders Fritz Haarmann
»Was Sie brauchen, ist definitiv das Kai Shun Nakiri – das traditionelle japanische Messer zum Schneiden
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