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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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verstaute ja auch seine lebendige Freundin nicht bei einem guten Kumpel. Na ja, Klaus würde das vielleicht schon tun. Wie gesagt, es hatte seine Gründe, warum Klaus – der kein geborener Gummifetischist war – nur Mimi als Gefährtin hatte.
    Mimi und die Fruchtfliegen, die er sich als Haustiere hielt.
    »Weißt du«, fuhr Klaus fort, »Frau Denner kommt heute Abend zu Besuch, und es wäre wohl besser, wenn die beiden sich nicht begegnen.«
    »Wie bitte?« Seifferheld musste sich setzen.
    »Frau Denner, du weißt doch, die dir diesen Zettel gegeben hat.«
    Meine Güte, der Zettel! Den hatte Seifferheld über Hundepsychiater und Chirurgenbedrohung völlig vergessen. Wo hatte er ihn hingesteckt? Welche Jacke hatte er an dem Morgen getragen?
    »Sie will mir beibringen, wie man eine Terrine macht. Für unser großes Wettkochen. Sie ist nämlich Terrinenexpertin. Ist doch echt nett von ihr, findest du nicht?«
    »Wie? Ja. Echt.« Seifferheld war wieder aufgesprungen und humpelte in sein Zimmer. Hatte er nicht die Cordsamtjacke mit den Ellbogenschützern getragen? Er wühlte in den Innen- und Außentaschen. Nichts.
    Klaus folgte Seifferheld in dessen Zimmer. »Ich leg’ die Mimi dann mal auf dein Bett. Du darfst auf gar keinen Fall die Luft aus ihr herauslassen, hörst du, ich krieg sie sonst nicht wieder richtig aufgeblasen.«
    Nein, er hatte seine marineblaue Windjacke getragen. Genau.
    »Sie mag es gern trocken und dunkel. Sonne bekommt ihrem Teint nicht. Und nachts decke ich sie immer zu. Allzu große Temperaturschwankungen greifen nämlich ihren Gummiteint an, und sie bekommt Risse.«
    Verdammt, wo war denn jetzt die Windjacke? Ach klar, draußen in der Garderobe.
    »Tschüss Mimi, sei artig. Tschüss Siggi, bis morgen.«
    Da war er. Der Zettel!
    Während Klaus sich selbst aus dem Haus ließ, faltete Seifferheld den Zettel auf.
    Die Kopie einer Seite aus dem Bericht des Gerichtsmediziners: Lambert von Bellingen war mit einer ungewöhnlich scharfen Stichwaffe ermordet worden. Der Täter hatte gezielt mit einem Streich die Halsschlagader aufgetrennt. Seifferheld wusste, was das bedeutete: Ein Fachmann war am Werk gewesen. Jemand, der sich berufsbedingt mit der menschlichen Anatomie auskannte: ein Profikiller oder ein Mediziner.
    Handschriftlich hatte Frau Denner mit rotem Stabilo Point dazugeschrieben:
Terminkalender von A. Kolb: am Tag von Lambert von Bellingens Tod nur ein einziger Eintrag am frühen Morgen – die Initialen
KR
. Dachte, das interessiert Sie.
    KR .
    Wie in Kiki Runkel?
    Verdammt, wenn er das nur schon heute Morgen gewusst hätte! Er musste Kolb noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Wer war die Frau in Kolbs Bett? MaC würde das bestimmt wissen. MaC wusste so etwas immer.
    Und in diesem Moment kam ihm ein Gedanke. Was, wenn MaC urplötzlich auftauchte? Wie sah es dann aus, wenn eine Gummipuppe auf seinem Bett lag? Er musste Mimi anderweitig unterbringen. Und zwar sofort!
    Doch kaum war das geschafft, kam der Anruf.

15 : 12  Uhr
    Wer seine Nase nur in Schweinereien steckt,
verliert das Gleichgewicht.
Kurt Tucholsky
     
    Es war die gute, alte Zeit der Schweinegrippe. Für Milliardenbeträge waren Impfstoffe besorgt worden, die dann aber letztlich keiner haben wollte, weil die Schweinegrippe so verdammt harmlos verlief. Ja, ja, es hätte auch alles ganz anders kommen können, und womöglich mutierte das Virus auch noch und löschte die gesamte Menschheit aus, aber an jenem Nachmittag fühlte sich nur
ein
Mensch kurz vor der Auslöschung, und das war Marianne Cramlowski.
    »Komm nicht näher«, röchelte sie.
    Natürlich kam Seifferheld trotzdem näher, setzte sich auf den Bettrand, beugte sich über ihre fiebrige Stirn und drückte ihr einen Kuss zwischen die Augenbrauen. Angst kannte er nicht, denn er gehörte zu den schätzungsweise sieben Menschen, die sich im gesamten Landkreis Hall gegen die Schweinegrippe hatten impfen lassen. Die anderen sechs waren Lehrer.
    MaCs Schlafzimmer sah aus wie eine veritable Seuchenstation, inklusive Desinfektionssprays, Inhalationsgeräten, Einmalhandschuhen. Außerdem hingen Wickvaporub-Dämpfe in der Luft, und zerknüllte Zellstofftücher lagen auf jeder freien Fläche.
    »Ich habe mir große Sorgen gemacht, als du vorhin angerufen hast. Es klang, als würde es mit dir zu Ende gehen.« Seifferheld strich MaC eine verschwitzte Haarlocke aus der fiebrigen Stirn.
    »Es geht auch …«, hust, röchel, hust, »… mit mir zu Ende!«
    Frau Bodelow hatte ihn

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